Dämonen zum Frühstück
Auf leisen Sohlen schlich ich in unser Gästezimmer und schloss die Tür hinter mir.
Es war an der Zeit, einen Anruf zu machen.
Selbst nach fünfzehn Jahren konnte ich die Nummer noch auswendig. Ich wählte und wartete gespannt ab. Das leise Piepen und Zirpen in der Leitung ließ mich daran denken, dass mich die europäischen Telefone stets eher an Spielzeuge als an Telekommunikationsapparate erinnert hatten. Nach viermal Klingeln wurde von der Vermittlungsstelle im Vatikan abgenommen.
»Sono Kate Andrews. Posso parlare con Padre Corletti, per favore?«, sagte ich, wobei ich meinen Mädchennamen benutzte. Natürlich kannte mich der Padre auch unter dem Nachnamen meines ersten Mannes – Crowe –, aber der Priester war stets wie ein Vater zu mir gewesen. Für ihn war ich schon immer Katherine Andrews und blieb das auch.
Der Mann von der Vermittlung stellte mich durch, und nach wenigen Sekunden hob Padre Corletti ab. »Katherine?« Seine Stimme, die früher so klar und entschlossen geklungen hatte, kam mir nun irgendwie schwach und unsicher vor. »Katherine? Sei tu?«
»Si.« Ich schloss die Augen. Wenn mir nun nicht einmal Corletti helfen konnte? Aber er musste! Wenn ich mich nicht mehr an die Forza Scura wenden konnte, dann war ich wirklich verloren.
»Ich freue mich so, dich zu hören«, sagte er mit seinem starken Akzent. »Als ich dich vorhin nicht erreichen konnte, habe ich schon das Schlimmste befürchtet.«
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. »Erzählen Sie mir bitte, was passiert ist.«
»Du bist es doch, die in San Diablo ist. Vielleicht solltest du mir erst einmal sagen, was los ist.«
Das tat ich auch. Ich begann von Anfang an und wiederholte die Ereignisse des vergangenen Tages in wesentlich genaueren Einzelheiten, als ich das zuvor auf dem Anrufbeantworter getan hatte. Ich schloss mit Larsons letztem Kommentar und Allies Offenbarung, dass ein stinkender junger Mann ein Auge auf sie geworfen hatte. »Die können doch nicht hinter meinem kleinen Mädchen her sein«, flüsterte ich. »Bitte, Padre, das stimmt doch nicht, oder?«
»Sie suchen irgendetwas«, sagte der Geistliche. »Und zwar in San Diablo.«
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, bohrte ich nach. »Ich habe keine Antwort darauf, mein Kind.«
Ich schloss die Augen und kämpfte gegen die Tränen an. Ich würde es nicht erlauben, dass man mir Allie nahm. Weder jetzt noch sonst irgendwann. »Was wollen diese Kreaturen? Was?«
»Das wissen wir nicht.«
»Dann finden Sie es heraus«, rief ich. »Oder lösen Sie am besten gleich das Problem. Es wird doch sicher bereits einige Jäger in der Gegend geben.«
»Nein, Jäger sind keine da.«
»Dann schicken Sie welche«, gab ich zurück. Verzweifelt bemühte ich mich darum, nicht die Beherrschung zu verlieren und ihn anzubrüllen. Meine Nerven lagen blank, und ich hatte meine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle. Allein der Gedanke, dass meine Familie schlief, hielt mich davon ab, laut zu werden.
»Ach, Katherine«, sagte Corletti.»Ich war vielleicht nicht deutlich genug. No? Ich glaube, du hast mich nicht verstanden. Es gibt keine Möglichkeit für uns, jemanden zu schicken.« Er holte tief Atem. »Diesen Kampf musst du allein führen.«
VIER
»Wie bitte?« Ich hielt entsetzt den Hörer von mir und starrte ihn so hasserfüllt an, als ob er für die schlechten Nachrichten, die ich eben erhalten hatte, verantwortlich war. »Damit kann ich nicht allein fertig werden. Ich habe Kinder. Und Fahrverpflichtungen. Ich trage Verantwortung.«
»Du hast schon immer Verantwortung gehabt«, entgegnete der Padre.
»Oh, nein. So nicht. Nicht mit mir.« Ich bemühte mich, leise zu sprechen, um meine schlafende Familie nicht zu wecken. Ob er wohl verstand, wie wenig mir das Ganze gefiel? Zeter und Mordio zu schreien wäre vermutlich wesentlich wirkungsvoller gewesen. »Ich bin schon lange draußen – haben Sie das vergessen? Mein Leben wird nicht mehr von der Forza bestimmt. Ich bin jetzt dämonenlos, und das gefällt mir so.«
»Ganz offensichtlich stimmt das aber leider nicht, mein Kind.«
Ich dachte an den Dämon in meiner Speisekammer und musste zugeben, dass der Padre nicht ganz unrecht hatte. Trotzdem schwieg ich lieber und wartete darauf, dass er noch etwas hinzufügen, etwas erklären würde. Als ich von seiner Seite nichts hörte, blieb ich erst recht still, weil ich törichterweise annahm, ihn zur Abwechslung einmal in unserem Schweigespielchen schlagen zu können.
Nichts.
»Verdammt«,
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