Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
verstrich, dann endlich hatte sie es gefunden. Hastig riss sie das Arcanum zwischen den anderen Büchern heraus und stellte die Kopie an dessen Platz.
Ein Knacken auf der Treppe ließ sie aufhorchen. Die beiden Männer kamen näher. Sie musste aus dem Arbeitszimmer verschwinden. Falls ihr Vater sie in diesem Raum entdeckte, würde ihr Schwindel sofort auffliegen, denn Eric war Heyder hörig und würde sich nicht so einfach täuschen lassen. Sie konnten ohnehin von Glück sagen, wenn er die Fälschung nicht auf Anhieb bemerkte.
Neben dem Arbeitszimmer befand sich das Gästebad; dort konnte sie sich verstecken. Sie nahm die schmiedeeiserne Klinke in die Hand. Die Kälte, die von dem Metall ausging, machte ihre Finger klamm. Sie drückte den Griff hinunter und hoffte insgeheim, dass sich die alte Tür möglichst geräuschlos öffnete. Ein kaum hörbares Knarren war alles, dann schlüpfte sie durch den schmalen Spalt ins Badezimmer. Mit stockendem Atem presste sie ihren Rücken gegen das Türblatt. Ihr Herz schlug mit ungeahnter Heftigkeit in ihrer Brust, bei der jeder einzelne Pulsschlag mit der Lautstärke eines Trommelwirbels in ihren Ohren nachhallte. Alexander und Eric näherten sich dem Arbeitszimmer, während das Arcanum in ihren Händen zu eigenem Leben erwachte. Sie presste das Buch fest an ihren Körper, um am Ende nicht doch dem Drang zu unterliegen, es zu öffnen. Im Moment konnte sie nur inständig beten, dass Alexander ohne Zögern die Kopie an Eric aushändigte und nichts tat, was ihr Täuschungsmanöver auffliegen ließ. Das samtartige Leder des Einbands umschmeichelte nun ihre Hände, als würde es sie streicheln. Fassungslos starrte sie auf das Buch. Seine Größe hatte sich verdoppelt und mit jeder weiteren Sekunde wurde es schwerer. Wahrscheinlich würde es solange wachsen, bis es ihr zur Last wurde und sie es aufschlug. Trotzig schüttelte sie den Kopf. Sie hatte in den letzten Jahren oft Schwäche gezeigt und sich von ihrer Wankelmütigkeit leiten lassen. Ganz gleich, was das Arcanum veranstalten würde, heute blieb sie stark. Sie nahm ihren Rucksack von der Schulter, zog die Lederriemen auseinander und verstaute das Buch zwischen ihren anderen Sachen.
Ein Türblatt kratze über eine Unebenheit in den Fußbodendielen und verriet, dass Alexander und Eric das Zimmer betraten. Die Ungewissheit über die Geschehnisse im Raum nebenan, ließ ihre lähmende Angst in den Hintergrund treten. Vorsichtig schob Doro die Badezimmertür einige Zentimeter auf und blickte in den einsamen Flur hinaus. Ein helles Dreieck auf dem Eichenboden zeigte an, dass die Türe zum Arbeitszimmer nicht vollständig geschlossen war. Die Neugier, trieb sie auf den Flur hinaus, die Vorsicht riet ihr, das sichere Versteck nicht zu verlassen. Sie entschied sich für die goldene Mitte. So blieb sie, wo sie war und öffnete lediglich die Tür einen Spalt weit, dass sie mithören konnte, was die beiden Männer miteinander sprachen.
„Also, wo ist es?“, hörte sie ihren Vater fragen.
„Hier“, antwortete Alexander.
Für ein paar Sekunden herrschte angespannte Stille, dann sagte Eric: „Ich will dem großen Hüter der Macht nicht zu nahe treten, aber ich habe das Arcanum Daemonum irgendwie anders in Erinnerung.“
Doros Herz begann erneut zu rasen. Bei der Anfertigung der Kopie war es immer nur darum gegangen, Heyder zu täuschen. Weder sie noch Alexander hatten in ihrem Tun an Eric gedacht.
Alexander gab einen kehligen Laut des Missfallens von sich. „Wann hast du das Buch das letzte Mal gesehen?“, fragte er.
„Das ist schon ein paar hundert Jahre her, aber…“
„Glaubst du wirklich, ich würde Doros Leben so leichtfertig aufs Spiel setzen und dir eine Fälschung unterjubeln.“
„Du bist ein Dämon in einer hübschen menschlichen Larve und die unserer Rasse sind Meister der Verführung und der Täuschung. Also, warum sollte ich dir trauen?“
„Vertrauen gegen Vertrauen. Außerdem halte ich Heyder für dumm genug, dass er Doro tatsächlich etwas antut, wenn er sein geliebtes Spielzeug nicht bekommt.“
„Du brauchst nur zu tun, was er von dir verlangt. Außerdem braucht er sie.“ Eric machte eine kurze Pause, dann sagte er: „In gewisser Weise ist auch dein Leben eine Art Pfand. Wie soll er sie sonst an sich binden?“
„Du bist hinterhältiger als ich dachte.“
„Hey, ihr zwei da oben, was treibt ihr da so lange“, brüllte eine unbekannte, raue Stimme das Treppenhaus hinauf. Doro vermutete, dass sie
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