Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
dem Projekt; Heyder hatte es einmal beiläufig erwähnt. Anstelle der Bürogebäude und der ehemaligen Druckerei sollte ein firmeneigenes Tagungszentrum mit angeschlossenem Hotel entstehen. Die Umbauarbeiten hatten schon vor einigen Wochen begonnen und sollten im Frühsommer abgeschlossen sein.
Ein weiterer rotumrandeter Bereich kennzeichnete das Rathaus sowie die rechts und links davon angrenzenden Gebäude und trug den handschriftlichen Vermerk Bürgerzentrum und Verwaltung . Was hatte das zu bedeuten? Doro legte die Blaupausen bei Seite. Unbestritten trat Heyder für den Erhalt Kirchbronns ein, aber auch sein Engagement kannte Grenzen. Und bestimmt war er nicht so uneigennützig, die komplette Altstadt zum blanken Wohle der Bevölkerung zu sanieren. Wenn Heyder Derartiges tat, verfolgte er damit ein bestimmtes Ziel. Ihre Neugier war geweckt und sie sah sich eingehender auf dem Schreibtisch um. Neben der schwarzen Mappe lag eine Liste. Doro blätterte sie flüchtig durch. Dem Umfang nach zu urteilen, konnte nahezu jeder in der Stadt darin aufgeführt sein. Die Zeilen standen so dicht untereinander, dass sie Mühe hatte, die extrem klein gedruckten Buchstaben zu entziffern. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an den winzigen Schriftgrad. Sie suchte einen Namen aus, den sie kannte: Kerstin Heidelinde Dörr . Treffer. Unter dem Namen stand eine Reihe persönlicher Daten, wie Anschrift, Geburtsdatum, Angaben zum Familienstand, Vorlieben und Abneigungen. Doro las weiter. Das war interessant, laut den Aufzeichnungen war Kerstin im Herbst letzten Jahres knapp vier Wochen lag in einer psychiatrischen Klinik gewesen. Diagnose: Wahnvorstellungen. Sie hatte behauptet, von einem Dämon heimgesucht worden zu sein. Außerdem hatte sie, sofern die Unterlagen stimmten, eine Affäre mit Gärtnermeister Nellinger. Die Liebe ging schon seltsame Wege. Doro konnte sich ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen. Nach allem, was hier stand, entsprach das Leben ihrer ehemaligen Kollegin doch nicht dem perfekten Glück, das sie immer geschildert hatte. Trotz der pikanten Informationen hielt sich Doros Schadensfreude in Grenzen, denn die Auflistung enthielt auch die Daten vieler Menschen, die ihr am Herzen lagen. Instinktiv blätterte sie weiter, bis sie zum Buchstaben M gelangte. Der Name ‚Maar’ musste eigentlich ziemlich zu Beginn kommen. Kein ‚Maar’. Jetzt war sie bei B : Benz, Berg, Berger, Bergheim, Beringer,… Ihr Name stand ebenfalls nicht drauf. Das war zwar seltsam, aber es änderte nichts daran, dass sich Doro weiterhin der tiefere Sinn dieser Liste verschloss. Sie schob den Packen Papier ordentlich zusammen und legte ihn zurück auf den Schreibtisch. Entgegen seiner Natur, schien Thomas Heyder heute wirklich zerstreut zu sein, denn sein Terminplaner lag ebenfalls noch auf dem Schreibtisch. Normalerweise begleitete ihn sein Buchkalender genauso wie sein Handy überall hin. Tatsächlich gehörte Heyder zu der altmodischen Sorte Mensch, die im Zeitalter von Smartphones noch einen separaten Kalender benutzten, in dem sie ihre Termine vermerkten. Doro nahm den leinengebundenen Einband in die Hand. Sie zögerte. Insgeheim widerstrebte es ihr, in den privaten Unterlagen ihres Chefs zu schnüffeln, aber der Zweck heiligte in diesem Fall die Mittel. Sie schlug das heutige Datum auf. Die Notiz überraschte sie zwar, doch sie verwunderte sie nicht. Heyder hatte sich um 11.30 Uhr mit ihrem Ziehvater Eric im Bergschlösschen verabredet. Akribisch ging sie nun Heyders Termine der vergangenen Wochen durch. Gut ein halbes dutzend Mal tauchte der Name ‚Eric Tanner’ auf.
Was passierte bloß in diesem Kaff? Und was hatte Eric mit Thomas Heyder zu schaffen? Fragen über Fragen und kein einziger Hinweis auf eine vernünftige Antwort. Doro betrachtete die eigenwilligen Schriftschnörkel. Zuerst war es ihr nicht aufgefallen, aber hinter Erics Namen war etwas notiert. Eigentlich war es mehr ein Gekritzel, als eine vernünftige Notiz, aber mit ein bisschen Fantasie ließen sich daraus die Buchstaben ‚ a.d.’ erkennen. „Finden Sie den Schlüssel, bevor es andere für Sie tun“, hatte Heyder zu ihr gesagt. Sie wollte die Vermutung, die sich ihr gerade aufdrängte kaum glauben. Auch wenn sie noch keine endgültigen Beweise besaß, so konnte sie bei objektiver Betrachtung nicht ausschließen, dass Eric auf Heyders Seite stand. Eine Welle der Hilflosigkeit überflutete Doro. Augenblicklich hatte sie nicht die leiseste Ahnung, wie sie mit
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