Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
werden sie. Und eine Bitte habe ich vorab. Bitte streichen Sie Alexander Maar aus ihren Gedanken. Ich möchte nicht, dass wir ein paar gemeinsame Tage verbringen und er uns die ganze Zeit auf Schritt und Tritt begleitet. Lösen Sie sich von ihm. Das Leben hält in Kürze ganz andere Überraschungen für Sie parat. Da bin ich mir ganz sicher.“
Ihre Antwort war ein sprödes Lächeln. Sie war zu Vielem bereit, aber Alexander würde sie weder für ihre Karriere, geschweige denn für Heyders irre Pläne opfern.
Thomas Heyder hatte ein kleines, gehobenes Hotel in der Nähe herausgesucht. Die Fahrt dorthin und das anschließende Abendessen liefen harmonischer ab, als vermutet. Wahrscheinlich gab es dafür zwei Gründe. Zum einen hielt sie ihr aufgewühltes Gefühlsleben erstaunlich gut unter Kontrolle, zum anderen bemühte sie sich, Alexanders Ratschläge genauestens zu befolgen. So ließ sie beim Abendessen wohl dosiert die letzten Rechercheerkenntnisse einfließen, mit dem Ergebnis, dass Heyders Stimmung zu Höchstform auflief. Er präsentierte sich, wie schon bei ihrem Bewerbungsgespräch im Bergschlösschen, als ebenso galanter wie perfekter Gastgeber. Und auch an diesem Abend gab es Momente, in denen sie zweifelte, ob in Thomas Heyder tatsächlich nur der skrupellose Ausbeuter steckte oder ob es nicht auch einen guten Kern in ihm zu entdecken gab. Da war seine geradezu kindliche Freude, wenn er von Dingen schwärmte, die ihn begeisterten. Ein Zug an ihm, der gewinnend und ansteckend war und dem sich selbst Doro nicht entziehen konnte. Eine Zeit lang war es ihr tatsächlich gelungen, Alexander aus ihrem Kopf zu verdrängen. Doch nun rührte sich ihr schlechtes Gewissen wieder. Es hatte sich nicht zurückgezogen, sondern lediglich trügerisch still in einer entlegenen Ecke ihres Unterbewusstseins auf den passenden Zeitpunkt für eine Rückkehr gelauert. Mit diesem Treffen hatte sie ihr Versprechen gegenüber Alexander gebrochen, sich zukünftig zurückzuhalten. Auf der anderen Seite war sie nie zuvor Heyders Plänen nähergekommen als an diesem Abend und er schien ihr zu vertrauen. Vorgestern war die Zeit zu knapp gewesen und hätte Heyder sie beim Stöbern in seinem Büro erwischt, wäre alles aus gewesen. Die Einladung war ein Wink des Schicksals und rechtfertigte in ihren Augen somit auch die Wahl der Mittel. Denn ihre Hauptaufgabe bestand augenblicklich darin, Thomas Heyders Spiel zu durchschauen.
Doro blickte auf ihre Armbanduhr, die auf dem Nachttisch lag. Sie waren für 22.00 Uhr in Heyders Suite verabredet. Jetzt war es 21.43 Uhr. Den eleganten Hosenanzug hatte sie bereits gegen ein legeres Outfit in Form einer dunkelblauen Jeans, weißer Bluse und einem hellblauen Kaschmirpulli mit V-Ausschnitt getauscht. Im Bad warf sie einen finalen Blick in den Spiegel. Sie trug einen Hauch Puder auf und erneuerte ihren Lippenstift, dann war sie fertig. Der Fahrstuhl lag ihrem Zimmer schräg gegenüber. Sie drückte den Knopf. Kaum eine Minute später öffneten sich mit einem weichen Zischen die Türen. Ein Pärchen mittleren Alters stieg lachendaus, grüßte freundlich und war gleich darauf hinter der nächsten Ecke verschwunden. Doro betrat den Aufzug. Heyders Suite befand sich im obersten Geschoss. Sie drückte den Knopf mit der 4 . Der Aufzug schien sich im Zeitlupentempo zu bewegen. Sie überkam ein erster Anflug von Nervosität. Noch konnte sie die Sache abbrechen, zurück in ihr Hotelzimmer gehen und Heyder unter einem fadenscheinigen Grund absagen. Der Lift hatte den vierten Stock erreicht. Die Türen glitten auf und sie machte einen zögernden Schritt hinaus auf den Flur. Zu ihrer Aufregung gesellte sich erneut das unterschwellige Gefühl Alexander zu verraten. Das war nicht fair. Sie nahm all ihren Mut zusammen. Sie hatte sich auf diesen Trip eingelassen, nun musste sie ihren Plan durchziehen.
Kurz darauf stand sie vor einer schweren Rundbogentür aus Eiche. Im oberen Drittel befand sich ein schwarzes Guckloch, hinter dem sie bereits Heyders beobachtenden Blick zu spüren meinte.
„Bleib ruhig“, flüsterte sie sich selbst zu. Danach drückte sie den Klingelknopf, der sich am rechten, äußeren Rand eines Messingschildes mit der Aufschrift Falkenhorst befand. Wenige Sekunden später öffnete sich die Tür und Heyder stand vor ihr.
„Schön, dass Sie da sind, Dorothea. Kommen Sie rein“, sagte er.
„Danke für die Einladung“, erwiderte sie und folgte ihm mit etwas Abstand den langen Flur
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