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DÄMONENHASS

DÄMONENHASS

Titel: DÄMONENHASS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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sengende Hitze der Sonne und blieb zitternd stehen, bis sie ihn bis auf die Knochen durchwärmt hatte. Danach kehrte er wieder in den Schatten zurück, wickelte sich in seine Totendecke und legte sich nieder. Mit einem Stein als Kopfkissen schlief er ein.
    Mit ein bisschen Glück würde er nicht mehr erwachen, aber sollte er doch noch wach werden ... geschah es hoffentlich in einem schmerzlosen, todbringenden Delirium.
    Nathan träumte vom Mahlstrom der Zahlen. Er trieb in einem schwarzen, leeren Raum dahin, und aus dem Nichts raste der Mahlstrom heran, um ihn an andere Orte zu bringen. Aber er war entschlossen, hierzubleiben und zu sterben. Er hörte, wie die Stimmen seiner Wölfe ihn aus dem wirbelnden Kern des Zahlensturms riefen, aber sie waren zu weit entfernt, und der Lärm widersprüchlicher Gleichungen und mutierender Formeln war zu laut; er konnte nicht verstehen, was sie sagten. Etwas über Misha? Über seine Mutter? Den Tod?
    Nathan vermutete, dass sie ihm ihr Beileid aussprachen, aber das brauchte er nicht. »Ich weiß«, rief er in den Mahlstrom und hoffte, dass sie ihn hörten und in Ruhe sterben ließen. »Ich weiß, dass sie tot sind. Es ist schon gut. Ich ... ich gehe auch dorthin.«
    Die Wolfsstimmen wurden ungeduldig, erregt, zornig; schließlich knurrten sie ihn schnappend an. Aber warum? Hielten sie ihn für einen Verräter? Oder waren sie zornig, weil er sich weigerte, sie zu verstehen? So oder so hatte der Mahlstrom aus Zahlen aufgehört, an Nathan zu zerren und ihn in sich zu saugen. Der Strudel zerbarst in tausend Stücke und Bruchteile, die er in seinen Kern zurücksaugte. Er löste sich auf und ließ Nathan in seinem Traum schwebend allein zurück.
    Vielleicht auch nicht ganz allein.
    Habe ich richtig gehört? Du unterhältst dich ... mit Wölfen? Die Frage schreckte Nathan auf – so sehr, dass er sich hellwach in seiner Decke aufsetzte!
    »Was?« Er ließ seine Blicke durch den Schatten schweifen, den die Klippe warf. Er war nur wenig kürzer geworden. Das verriet Nathan, dass er nur etwa eine Stunde geschlafen hatte. Die Stimme hatte sich so nahe, so wirklich angehört, dass er das sichere Gefühl hatte, jemand hielt sich hinter einem Felsen in der Nähe versteckt. Vielleicht war dies auch schon das Delirium kurz vor dem Ende, auf das er gehofft hatte. Aus einer Kehle, die so trocken war wie die Wüste selbst, würgte er erneut ein krächzendes »Was?« hervor. Aber natürlich sprach er zu sich selbst, denn außer ihm war hier niemand.
    Oh, aber hier ist jemand! Abermals erklang die ›Stimme‹ in
Nathans Geist, und zwar so nah wie zuvor. Hier gibt es sogar ziemlich viele Jemande.
    Ziemlich viele Jemande ...? Nathan sträubten sich die kurzen, blonden Nackenhaare, und ein Schauer durchfuhr ihn. Denn jetzt ›wusste‹ er, wer das war und wo er sein musste. Und natürlich gab es ›viele Jemande‹ in der Jenseitswelt des Todes, mehr als es auf der Sonnseite Lebende gab. Wahrlich eine Große Mehrheit!
    Du bist also tot?, fragte die Stimme verdutzt. Sonderbar! Du fühlst dich nicht tot an. Andererseits verstehe ich nicht, wie du am Leben sein kannst. Ich habe noch nie zuvor mit einem lebenden Wesen gesprochen. Nun ja, jedenfalls nicht, seit ich tot bin.
    Nathan war unterdessen langsam und unter Schmerzen aufgestanden. Er fühlte sich, als sei er bereits vollkommen ausgetrocknet. Er spürte die Schmerzen, die Leere des Hungers, wirklichen Hungers, und einen grenzenlosen Durst. Daran würde er sterben – an seinem Durst. Aber noch war er nicht tot, er befand sich nur im Delirium. Ganz sicher war das so. Denn er wusste, dass die Toten ihn mieden. Und doch war einer hier, der ohne die geringste Spur von Angst oder Zurückhaltung mit ihm sprach. Reines Wunschdenken, mehr nicht.
    Vielleicht für uns beide, pflichtete die Stimme ihm bei.
    Nathans Kehle war wund. Seine Lippen waren aufgeplatzt und verschorft. Er versuchte zu sprechen, zu sagen: »Was denn, wolltest du auch mit den Toten sprechen?« Aber nur die ersten drei Worte kamen über seine Lippen. Das machte jedoch keinen großen Unterschied; der Gedanke an sich genügte bereits.
    Ob ich mit den Toten sprechen wollte ? Nein, denn das kann ich bereits. Da ich einer von ihnen bin, spreche ich natürlich mit ihnen. Aber mit einem Lebenden sprechen zu können ... Ach, das wäre wahrlich eine kostbare Gabe!
    Nathan setzte sich auf einen Stein und dachte: Ich habe den
Verstand verloren!
    Ich aber nicht, sagte die Stimme. Und ich glaube auch

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