DÄMONENHASS
Das wollte sie erst einmal sehen! Er hatte die Eingänge zu ihrem Körper, sogar ihre Kehle, für sein Vergnügen benutzt, und sie hatte die Säfte seiner Lust aufgesogen wie altes, trockenes Leder, das Öl in sich hineinsaugt. Und dies war ihre Belohnung. Oh ja, sie wusste, wem außer Karl sie die Schuld dafür zu geben hatte, sie wusste es ganz genau. Und er würde es erfahren, wenn sie nur einen Weg hier heraus fand ...
Sie ruhte sich kurz aus, und als sie reglos dalag, spürte sie erneut, wie ein Luftzug über ihren verschmutzten, zerschundenen Körper, ihre aufgerissenen Hände und die mit kaltem Schweiß bedeckten Rundungen ihrer Brüste und Hinterbacken strich. Doch sie empfand kaum Schmerzen, und ihre Angst legte sich rasch. Sie hatte kein Ei in sich, das nicht, aber sie war dennoch angesteckt. Die Zähigkeit der Untoten ergänzte ihre eigene Hartnäckigkeit und schärfte ihre Sinne. Außerdem heilten die Wunden an ihren Händen bereits. Das neue Fleisch wuchs zwar bleicher heran, war aber stärker als zuvor. In allen Gliedern spürte sie eine gewisse Sehnigkeit, als seien sie biegsamer geworden. Wenn sie ging, schien sie zu gleiten und bewegte sich mit einer teuflischen Anmut. Auch ihre Schönheit würde sich noch steigern – wenn sie hier nicht zur Mumie verdorrte!
Sie sprang von neuer Energie durchströmt auf, spähte zur Decke der Höhle hinauf, suchte nach der Luftzufuhr dieses Ortes. Tatsächlich, da war ein Loch, das wie ein Kamin senkrecht in die Höhe verlief. Dazu bedurfte es eines geübten Kletterers! Sie machte sich daran, die Höhlenwand zu erklimmen, und stellte auf Anhieb fest, dass sie klettern konnte! Noch in den kleinsten Spalten fanden ihre Finger und Zehen sicheren Halt. Ihre Armmuskeln waren so kraftvoll wie saftstrotzende Baumäste; sie schien fast nichts mehr zu wiegen! Wie eine Klette erklomm sie Zoll um Zoll die schrundige Felsenkammer bis zur Decke der Höhle.
Langsam, ganz langsam, aber stetig kam Wratha voran ...
Sie war im ersten Drittel von Sonnunter eingeschlossen worden und war beim folgenden Sonnunter wieder draußen ... hatte sich jedoch derart verausgabt, dass ihr Hunger wie eine Feuersbrunst in ihrem Innern wütete. Als sie auf die trockenen Staubebenen der Sternseite hinaustrat, beherrschte Wratha nur ein einziger Gedanke: sich Nahrung zu beschaffen.
Sie entdeckte eine Troghöhle, aus der die ersten lederhäutigen Bewohner gerade in die Dämmerung herauskamen, und riss sogleich einen. Es war zwar nur ein Trog, aber Blut war nun mal Blut. Von dem Moment an, als ihre jüngst gewachsenen, scharf gezackten Fangzähne in seinen Hals eindrangen und die sprudelnde Arterie fanden, erkannte Wratha die Bedeutung des uralten Sprichwortes der Wamphyri: ›Das Blut ist das Leben!‹
Die Trogs begehrten nicht auf, als sie einem von ihnen das Leben aussaugte. Sie war eine Vampirin, Sklavin und Dienerin der Wamphyri. Was konnten sie schon tun? Wenn sie sich einmischten, würden die übrigen Ungeheuer wie ein Erdrutsch mit aller Macht von ihren Höhen über sie hereinbrechen. Zudem hatten sie solche Verluste nur selten zu erdulden, denn die menschlichen Blutsauger von Turgosheim waren dem süßen Fleisch der Sonnseiter viel eher zugetan. Es stand zu hoffen, dass dieser Angriff lediglich eine Ausnahme von der Regel darstellte. Als Wratha weiterzog, zerrten sie den blutleeren Kadaver ihres Opfers in die Höhle und verbrannten ihn, denn selbst die Trogs wussten, was es mit Vampiren auf sich hatte ...
Frisch gestärkt machte Wratha sich auf den Weg nach Turgosheim. Sie schlug die Route über die Pässe zur Sonnseite ein. Es herrschte Sonnunter, und die Wamphyri regten sich in ihren Stätten und zogen auf ihren Fliegern aus. Aber sie wusste, dass die Kampfkreaturen in ihren Pferchen unter den Gipfeln und Höhen eingeschlossen waren, und das machte ihr Mut. Indem sie sich stets in den finstersten Schatten hielt, näherte Wratha sich schließlich einem Pass.
Hier stieg das Gelände steil an, vom Boden der tiefen Schlucht, in der Turgosheim lag, bis zum Eingang des Passes, und es gab kaum Deckung. Sie konnte es nicht riskieren, nicht, wenn die hohen Leuchtfeuer rot und gelb flackerten, wenn in allen Stätten Lichter brannten und Flieger kreisten, wenn Luftpatrouillen durch den Pass hin- und herflogen. Sie wollte sich ausruhen und in der Stunde vor Sonnauf weiterziehen. Was sie in der Deckung eines Felssimses abseits des durch den Pass führenden Pfades auch tat ...
... Das Fauchen und
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