Dämonenherz
habe«, fuhr er fort. »Aber ich verstehe, dass das, was zwischen zwei Bettlaken geschieht und gesagt wird, eben manchmal der Wirklichkeit nicht standhält.«
Anna spürte einen Knoten in ihrem Hals. Weller baute ihr eine Brücke. Er bot ihr an, das Liebesgeständnis zu vergessen.
»Das ist mir nicht einfach so herausgerutscht«, sagte sie. »Meine Gefühle halten durchaus bis zum nächsten Morgen. Das heißt aber nicht, dass ich meine Meinung über dich geändert habe.«
Und plötzlich merkte sie, dass sie die Wahrheit sagte. Sie empfand eine ganze Menge für ihn. Wut, Ärger, Zorn, Sehnsucht … vielleicht sogar ein bisschen Verliebtsein. Natürlich! Es war das Selbstverständlichste von der Welt, dass man Herzklopfen hatte, wenn man mit Weller eine Affäre begann. Mehr war es nicht, aber auch nicht weniger. Sie war so erleichtert, dass sie ihn fröhlich angrinste.
»Man kann ja auch fettige Pommes lieben. Sie sind schrecklich. Aber ab und zu unentbehrlich.«
Weller zog ein Gesicht, als hätte sie ihm gerade eine Portion angeboten.
»Fettige Pommes?«
»OderEinliterbecher Vanilleeiscreme. Oder eine Pizza Salami.«
»Du vergleichst mich mit einer Salamipizza?«
Er kam näher. Seine Augen funkelten. Er war umwerfend, aber in höchstem Maße gefährlich.
»Und ich?«, fragte sie. »Was bin ich für dich? Eine Jacht? Eine Armbanduhr? Ein neuer Wagen?«
»Das Leben. Einfach nur das Leben.«
Er zog sie an sich und vergrub seinen Mund in ihrem Haar. Er war ihr so nah, dass sie seinen Herzschlag spüren konnte. Ruhig und regelmäßig, kraftvoll und stark. Seine Arme legten sich um sie und hielten sie fest.
»Das war natürlich gelogen«, sagte er und löste sich von ihr. »Aber wenn du es genau wissen willst: Ich empfinde ziemlich wüste Gefühle für dich. Im Moment zum Beispiel würde ich dir gerne den Hintern versohlen.«
Schon wieder verunsicherte er sie. Weller merkte es und grinste sie an. »Aber es gibt auch Situationen, in denen würde ich das nicht aus Wut tun.«
Sie versuchte, so viel Hochmut und Verachtung in ihre Stimme zu legen, wie es nur möglich war.
»Weder für das eine noch für das andere habe ich dir jemals einen Grund gegeben.«
Weller beugte sich herab. »Doch. Jetzt.«
Er küsste sie. Anna wollte sich wehren. Sie fühlte sich wie ein Spielball zwischen den unterschiedlichsten Empfindungen hin- und hergeworfen. Er verletzte sie, und im gleichen Atemzug sagte er ihr genau das, was ihr noch nie ein Mann gesagt und was sie sich immer ersehnt hatte. Mit einem Aufstöhnen gab sie sich ihm hin. Nach einer halben Ewigkeit entwand sie sich aus seinen Armen. Sie war immer noch zutiefst verwirrt.
»Aber ich möchte diesen Job trotzdem aufgeben. Das ist nichts für mich.«
»Lass uns ein anderes Mal darüber reden. Ich verspreche dir, ich höre dich an und werde alle deine Fragen beantworten. Aber dieseAufgabe musst du noch übernehmen. Ich habe sonst niemanden.«
»Unter einer Bedingung.«
Weller wollte sie wieder küssen, aber Anna schüttelte den Kopf.
»Nein. Das meine ich nicht.«
»Was denn dann?«
Sie ging zurück in ihr Zimmer und kam wenig später mit der Visitenkarte der Baronesse von Hohengarden zurück. Sie reichte sie Weller, der sie las und ihr dann zurückgab.
»Was ist damit?«
Anna verdrehte die Augen. »Ich kann diese Sprache nicht lesen. Was ist das eigentlich für eine merkwürdige Schrift?«
»Das sind akkadische Abugidas. Das ist eine uralte mesopotamische Schrift. Die Baronesse liebt solche kleinen Spielchen. Schau.«
Er drehte die Karte um. Auf der anderen Seite stand die Adresse in lateinischen Buchstaben. Anna hätte schwören können, dass sie zuvor nicht da gewesen waren.
»Sie ist das, was man in früheren Zeiten eine Universalgelehrte nannte. Es macht Spaß, sich mit ihr zu unterhalten. Wenn sie dir ihre Karte gegeben hat, ist das eine große Ehre für dich.«
»Oh.«
Anna steckte sie in die Tasche ihres Bademantels. »Sie hat mich … ich glaube, sie fand mich sympathisch.«
»Nicht nur sie. Du hast das Feuerwerk um Mitternacht verpasst. Schade, dass du so früh gegangen bist. Wir sehen uns in zwei Stunden am Flughafen.«
Schon wieder hatte er sie angelogen. Sie war nicht früh gegangen. Sie konnte sich an jedes Detail dieses Abends besser erinnern, als ihr lieb war. Doch noch bevor Anna etwas darauf erwidern konnte, hatte er schon die Tür geöffnet und war fort.
Sie schlenderte zurück in ihr Zimmer. Gedankenverloren nahm sie einen Apfel aus
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