Dämonenherz
Glases hinweg. »Ich kenne diese Koffer. Sie gehören zur Erstausstattung. Wenn du ein braves Mädchen bist, kommt bald die ganze Kollektion dazu.«
Sie hielt das Glas in den Händen. Es war beschlagen, ein kleiner Tropfen Kondenswasser sammelte sich und fiel schließlich herab auf Sandrines Rock. Gespielt gedankenverloren verrieb sie ihn auf dem Stoff.
»Wie hat er dich dazu gebracht? Etwa mit seinem unwider stehlichenCharme, den jede halbwegs intelligente Frau sofort durchschaut?«
Anna spürte, dass eine glühende Hitze ihren Hals hinauf bis auf ihre Wangen kroch. Sie fühlte sich Sandrine ausgeliefert. Es war, als ob eine negative Kraft von dieser beängstigend attraktiven Frau ausging, die allen Widerspruchsgeist und jedes Selbstwertgefühl pulverisierte.
»Oder mit seiner berühmten kleinen Wette?«
Sandrine stellte das Glas wieder auf den Tisch und nahm eine Serviette, um sich langsam die Hände abzutrocknen.
»Lass mich raten. Was könnte es in deinem Fall gewesen sein? Du bist ein Mensch, der an das Gute in der Welt und in den Menschen glaubt. Hast du gedacht, du könntest ihn ändern?«
Ich wette, dass es dir nicht gelingt, der Welt da draußen einen anderen Weller als den zu präsentieren, den du hier vor dir siehst.
Das waren seine Worte gewesen. Anna hatte ihnen keine Bedeutung beigemessen, weil er sie beinahe nebensächlich in die Unterhaltung eingestreut und dabei auch noch neben ihr gelegen hatte. Doch durch Sandrine erhielten sie plötzlich eine ganz neue Bedeutung.
»Du hast sie verloren. Und so bist du nur eines der vielen, naiven Mädchen, das meine Nachfolge angetreten hat.«
Anna wollte sich nicht provozieren lassen. Das war bei Sandrine aber leichter gesagt als getan.
»Deine Nachfolge?«
»Ganz recht. Oder denkst du, ich hätte es allein durchs Verkaufen von Bildern so weit gebracht? Nein. Ganz sicher nicht. Es war Weller, der mich gefördert und protegiert hat.«
Sie lehnte sich vor und senkte die Stimme zu einem Flüstern.
»Und er hat dafür Dinge bekommen, die ich dir definitiv nicht zutraue.«
Anna spürte, wie die Bestürzung es ihr unmöglich machte, einen klaren Gedanken zu fassen. Weller und Sandrine … waren ein Paar.
»Wardas …« Sie räusperte sich, weil sie Angst hatte, ihre Stimme könnte versagen. »War das der Grund, weshalb du im Hotel warst?«
Für die Dauer eines Wimpernschlags veränderte sich Sandrines Gesichtsausdruck. Beinahe hätte sie ausgesehen wie auf frischer Tat ertappt. Aber sie hatte sich sofort wieder in der Gewalt.
»Ja. Ich hatte ihn etwas aus den Augen verloren. Aber als mein Mitarbeiter mir erzählt hat, wo er zu finden ist, habe ich einen kurzen Überraschungsbesuch gemacht.«
»Guyot! Er arbeitet für dich? Was ist mit ihm passiert?«
Sandrines Blick schien sie durchbohren zu wollen.
»Das Gleiche wie mit allen, die mehr wollen, als ihnen zusteht. Die einen glauben, sie sind Aschenputtel, das vom Prinz geküsst wird. Die anderen, sie könnten mich mit Fotos erpressen. Du hast nicht zufälligerweise eine Kamera gefunden?«
»N … nein.«
Der Vergleich mit Aschenputtel verletzte sie. Anna konnte sich noch so oft sagen, dass ihr Gegenüber keine Gedanken lesen konnte. Sie hatte trotzdem das Gefühl, als läge ihr Innerstes vor Sandrine wie ein offenes Buch, in dem ihre Klassenkameradin von einst nun genüsslich blätterte.
»Dann wünsche ich dir viel Glück. Du wirst es gebrauchen können.«
»Hast du den Fotografen getötet?«
Sandrine riss die Augen auf. Anna konnte nicht erkennen, ob es gespielte oder tatsächliche Überraschung war.
»Guyot? Den kriegt man nicht so leicht unter die Erde.«
Sandrine stand auf. Aber nicht, um sich zu verabschieden. Sie nahm ihren Sessel und schob ihn direkt neben Anna. Der Koffer stand nun genau zwischen ihnen. Anna zögerte, ihn auf die andere Seite zu stellen. Das hätte zu offensichtlich nach Misstrauen ausgesehen. Aber sie achtete auf jede von Sandrines Bewegungen.
Diese stützte ganz entspannt den Arm auf die Lehne und beugtesich so nah zu Anna, dass diese ihr teures Parfüm riechen konnte.
»Du wirst noch ganz andere Dinge sehen, wenn du dich auf Weller einlässt. Bist du darauf vorbereitet? Bist du stark genug, dass ein Mann nur nach dir ruft, wenn er dich braucht? Und dich danach fallen lässt, als hätte er dich nie gekannt? Kannst du das ertragen, kleine Anna?«
Sie versuchte, Anna in die Augen zu sehen, doch diese drehte schnell den Kopf weg.
»Weller und ich, wir sind aus dem
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