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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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dich morgen Mittag in meinem Hauptsitz in Frankfurt. Dort wirst du weitere Instruktionen erhalten. Und jetzt lösch das Licht.«
    »Bitte?«
    »Tu, was ich dir sage.«
    Er konnte es einfach nicht lassen, sie herumzukommandieren. Sie öffnete den Mund, um ihn darauf hinzuweisen, dass er sich hier im Hause ihres Vaters befand und nicht in der Chefetage seines Firmensitzes, doch etwas in seinem Blick befahl ihr zu schweigen. Sie trat an den Sessel und schaltete die Stehlampe aus. Ein schmales Lichtdreieck fiel durch die halbgeöffnete Flurtür.
    »Das auch?«
    Weller nickte. Sein Ton und das, was sie gerade im Keller er lebthatte, machten sie nervös. Ihr Vater hatte nie von Einbrechern erzählt. Im Gegenteil: Die Bewohner der kleinen Siedlung waren immer stolz darauf gewesen, nie ihre Türen abzuschließen. Doch jetzt waren alle fort. Vielleicht übertrieb Weller nur ein wenig mit seinen Vorsichtsmaßnahmen. Sie ging in den Flur und knipste die Deckenlampe aus. Dann lauschte sie in die Dunkelheit. Sie hörte ein leises Rauschen. Das mussten die Baumwipfel sein, durch die der Wind säuselte. Eine Diele knarrte unter ihren Füßen, und Anna fuhr vor Schreck zusammen. Als sie sich wieder beruhigt hatte, überprüfte sie, ob die Haustür abgeschlossen war. Vorsichtshalber legte sie noch die Sicherheitskette vor, die ihres Wissens noch nie benutzt worden war. Dann lehnte sie sich mit dem Rücken an die Wand und atmete tief ein, um ihre Nervosität in den Griff zu bekommen.
    Das Gästezimmer lag unter dem Dach. Weller würde die Nacht Tür an Tür mit ihr verbringen. Sein Bett würde keine drei Meter von ihrem entfernt stehen. Nur eine dünne Wand würde sie trennen. Sie wusste nicht, wie er ihren Vater dazu gebracht hatte, diese Einladung auszusprechen. Bisher hatte Friedrich Sternberg die wenigen Männer in Annas Leben stets mit einem tiefen Misstrauen betrachtet. Leider hatte er damit meistens richtig gelegen. Auch zu Michael war ihr Vater vom ersten Moment an auf Distanz gegangen.
    Weller allerdings schien ihn auf Anhieb für sich gewonnen zu haben. Ausgerechnet dem unsympathischsten, geld- und machtgierigsten Mann, dem Anna jemals begegnet war, öffnete ihr Vater Tür, Tor und Gästezimmer.
    Sie warf einen Blick auf die phosphoreszierenden Zeiger ihrer Armbanduhr. Zwanzig vor zehn. Offenbar ging Jean-Baptiste früh ins Bett. Sie entschied, sich nicht von Weller zu verabschieden, sondern gleich nach oben in ihr Zimmer zu gehen.
    Auf halber Treppe blieb sie stehen. Es war totenstill. Sogar das Rauschen hatte aufgehört. Erst als sie einen leisen Schnarchlaut hörte, war sie beruhigt. Dennoch verriegelte sie ihre Zimmertür, kaum dass sie den Raum betreten hatte, und zog die Vorhänge zu.Der schwache Lichtschein der nahen Stadt schimmerte über der dunklen Siedlung, die wie ausgestorben wirkte. In weiter Ferne erkannte sie Baufahrzeuge und eine gewaltige Freifläche, die vermutlich dem Fundament des Supermarktes dienen sollte.
    Plötzlich stiegen ihr Tränen in die Augen. Hier hatte sie ihre Kindheit verbracht. Auch wenn das Haus alt und klein war, dieses Schicksal hatte es nicht verdient. Und ihr Vater auch nicht. Niemand sollte mit ansehen müssen, wie glückliche Erinnerungen von Planierraupen plattgewalzt wurden.
    Sie schlüpfte aus dem Arbeitsoverall und trat an das Handwaschbecken an der Wand. Sie drehte den Hahn auf, doch es kam kein Wasser heraus. Ärgerlich stützte sie sich mit beiden Händen auf dem Beckenrand ab und nahm sie sofort wieder hoch, als hätte sie sich verbrannt.
    Sand.
    Ihr erster Impuls war, nach Weller zu rufen. Doch dann rief sie sich zur Vernunft. Er war schließlich kein Klempner. Aber was war er dann? Der Sandmann? Sie rieb sich die Handflächen über dem Waschbecken sauber. Waschen konnte sie sich auch morgen früh unten im Badezimmer oder gleich bei sich zu Hause, wenn sie sich für den Termin in Frankfurt fertigmachen würde. Sie tappte durch die Dunkelheit an ihr Bett, stieß sich das Schienbein an der Kante und setzte sich fluchend auf die Matratze, die unter ihrem Gewicht nachgab. Als der Schmerz verebbte, kramte sie in ihrer Tasche nach einem sauberen T-Shirt und spürte plötzlich etwas Hartes, Kantiges an ihren Fingerspitzen.
    Die Kamera.
    Obwohl sie hundertprozentig sicher war, alleine im Zimmer zu sein, schaute sie sich blitzschnell um und versuchte, das Gerät so leise wie möglich aus der Tasche zu ziehen. Das war genau der richtige Moment, um einen Blick auf die Bilder zu

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