Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
mir nicht sicher, wie er die Neuigkeit aufnimmt, dass Lorandraneks lang ersehntes Kind durch die Erste Schwester zur Schwester des Schwertes erzogen wurde.«
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FLUSSAUFWÄRTS NACH Testra zu fahren dauerte beinahe drei Wochen, obwohl zuvor die gleiche Strecke flussab lediglich ein Zehntel dieser Zeitspanne beansprucht hatte. Teils war der Wind die Ursache, der über dem Fluss allzu launisch wehte, teils lag es daran, dass Drendik darauf beharrte, zur Übernachtung am Ufer festzumachen; anderenteils beruhte die langwierige Verzögerung auf so manchen kleineren Missgeschicken, die allerdings zu zahlreich auftraten, um noch durch reinen Zufall erklärt werden zu können.
Am dritten Tag nach der Abfahrt klemmte das Steuerruder, und die Fardohnjer brauchten nahezu zwei Tage, um den Schaden zu beheben. Von da an reihte sich ein Missgeschick an das nächste. Aus unbegreiflichen Gründen zerratschte ein Segel. Im Bereich des vorderen Schiffsraums entstand im Rumpf ein Riss, sodass Wasser eindrang. Nachdem die Mannschaft diesen Schaden beseitigt hatte, beobachtete sie ein Leck im heckwärtigen Rumpf. Und zum Schluss, als an Bord wieder alles seine gewohnte Ordnung hatte, blieb der Wind aus, und Drendiks Barke schwamm mitten auf einem Fluss, der sie, wie es schien, nachgerade vorsätzlich mit der Strömung zurück in den Süden treiben wollte.
Die Fardohnjer warfen Anker und tuschelten, die Götter seien ihnen nicht mehr günstig gesonnen. Drendik erwog sogar, ihnen ein Opfer darzubringen, um ihre offenkundige Ungnade zu beschwichtigen. Doch allem Anschein nach zeitigte nichts, was sie taten, irgendeine Wirkung. Der Aufschub machte Tarja fuchsig, wogegen er R'shiel gerade recht kam. Auf dem Fluss war es friedlich, die Fardohnjer kümmerten sich auf rührende Weise um ihr Wohlergehen, und es drohte ihr gegenwärtig keine Gefahr.
Ghari und Tarja brachten die ersten paar Tage unter Deck gleichsam in Klausur zu und schmiedeten Pläne für einen Angriff auf die Hüter. Tarja betrachtete es als vordringlichstes Anliegen, mit Jenga zu reden, bevor Frohinia in Testra an Land ging, denn er vertrat die feste Auffassung, dass es ihm gelingen würde, den Obersten Reichshüter zum Zuhören zu bewegen. Gleichzeitig war er der Überzeugung, dass sie keine bewaffnete Auseinandersetzung mit größeren Einheiten des Hüter-Heers bestehen konnten. Die Rebellen stützten sich auf ein hohes Maß an Mut und Begeisterung, aber weder kannten sie sich in der Kriegskunst aus, noch verfügten sie über ausreichende Mengen an Waffen. Sie waren Aufständler, keine geschulten Krieger. In einer offenen Feldschlacht würden die Hüter, selbst wenn sie sich in der Unterzahl befanden, sie zu Hackfleisch zerhauen. Doch sobald die Pläne schließlich ersonnen, neu durchdacht, gutgeheißen und abermals geprüft worden waren, blieb den beiden Rebellen nichts anderes übrig, als abzuwarten, über ihren Sorgen zu grübeln und sich erneut ins Warten zu fügen.
R'shiel hatte unterdessen mehr Muße als je zuvor im Leben. Drendik wusste offenbar keinen Grund, um anzuzweifeln, dass sie das Dämonenkind war, und ließ es sich nicht nehmen, sie mit dementsprechender Hochachtung zu behandeln. Nichts durfte R'shiel noch eigenhändig verrichten. Beharrlich nannten die Fardohnjer sie »Eure Hoheit«, »Prinzessin« oder gar »Göttliche«, lauter Anreden, die ihr nur Unbehagen bereiteten.
Shananara té Ortyn war eine wahre Harshini-Prinzessin, schön, erhaben, dazu fähig, ihre Magie-Kräfte mit dem feinen Gespür einer Meisterin zu handhaben. Doch gleich wie sehr es sie verlockte, einen eigenen Namen und eine eigene Sippe zu haben, jener Anteil von R'shiels Gemüt, der im Gefüge der Schwesternschaft herangewachsen war, bäumte sich dagegen auf, sich in ihre Bestimmung zu schicken.
Tarja jedoch, als er den mit Ghari gehaltenen Kriegsrat zu guter Letzt beendet hatte, bewog ihre seelische Zwickmühle nur zum Schmunzeln. Er riet ihr, die Zuwendung der Fardohnjer zu genießen, solange sie dazu Gelegenheit hatte. R'shiel antwortete ihm, dass er sich ja wohl auch keineswegs zu klagen brauchte; niemand buckelte und dienerte vor ihm, sobald er sich bloß schnauzte. Tarja lachte über ihre Worte und entgegnete, wenn sie sich dann wohler fühlte, wäre er gern bereit, sie zu drangsalieren, als wäre sie noch ein Sträfling in Grimmfelden. R'shiel rauschte an Deck und sprach mit ihm während des restlichen Tages kein Wort mehr.
Aber immerhin besiegelte die gemächliche
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