Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
von Himmelsstürmers Rücken. Er bedauerte es, den Hengst zurücklassen zu müssen, aber er durfte keinesfalls ein so kostbares Tier in Medalon irgendwelchen Gefährdungen aussetzen. Zwar hielt er es für unwahrscheinlich, dass in Medalon irgendwer die Art der Abkunft erkannte, doch würde das unzweifelhaft edle Blut des Tiers Aufmerksamkeit wecken, und Brakandaran gedachte lieber unauffällig zu bleiben.
»Sollte ich noch etwas für Euch tun können«, äußerte Wulfskling, als er Himmelsstürmers Zügel ergriff, »so sprecht es ohne Bedenken aus.«
»Ihr könntet versuchen, einen Bürgerkrieg zu verhindern, während ich fort bin«, antwortete Brakandaran.
»Damit wendet Euch an die Götter«, empfahl Damin Wulfskling. »Über derlei Angelegenheiten haben sie mehr Macht als ich.«
Brakandaran drückte ihm die Hand. Er mochte den jungen Kriegsherren aufrichtig gern, aber erwartete nicht, dass er auf ihn hörte.
»Vertraut Eurem eigenen Urteil, Damin«, riet er ihm. »Überlasst etwas so Hochwichtiges nicht den Göttern. Sie folgen ihren eigenen Plänen.«
Kriegsherr Wulfsklings Miene wurde ernst. »So wie die Harshini.«
Brakandaran wies den Vorwurf nicht zurück. Einige Augenblicke lang herrschte zwischen ihm und Wulfskling gespanntes Schweigen.
»Ihr sucht das Dämonenkind, ist es so?«, fragte Wulfskling schließlich leise, obwohl niemand sich in Hörweite aufhielt. Die Reiter, die sie zur Grenze begleitet hatten, waren hinter der letzten Baumreihe vor dem Grenzfluss verblieben.
»Wer behauptet das?«
»Lasst mich antworten, dass ich mir auf so manches einen Reim zu machen verstehe«, sagte der Kriegsherr. »Gerüchte vom Dämonenspross gehen um, seit ich denken kann. Es ist der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, weshalb die Harshini nach so langer Zeit ihr Schweigen gebrochen haben. Ist es Eure Absicht, es zu töten?«
Diese unumwundene Frage brachte Brakandaran ein wenig aus der Fassung. »Ich weiß es nicht.«
»Ehe Ihr des Wegs zieht, gewährt mir Auskunft auf eine Frage«, bat Damin Wulfskling.
»Wenn ich dazu im Stande bin.«
»Falls das Kind wirklich Lorandraneks Sprössling ist, muss es von Eurem Schlag sein, nicht wahr? Harshini, aber nicht unfähig zur Gewalt? Falls es sich so verhält, könnte es einen Gott töten, stimmt's? Hat Lorandranek deshalb die Harshini samt und sonders ins Sanktuarium gerufen? Damit sie dort ausharren können, bis ein Kind geboren wird, das dazu in der Lage ist, Xaphista zu vernichten?«
Es wunderte Brakandaran, dass es dem Kriegsherrn möglich gewesen war, aus wenigen Anhaltspunkten so weitgehende Rückschlüsse zu gewinnen. Aber nicht umsonst war seine Schwester die Großmeisterin der Magier-Gilde. Die Magier wussten vieles, was der Allgemeinheit verborgen blieb. Wulfsklings Fragen ergaben in geradezu erschreckendem Ausmaß einen Sinn. Seine Annahmen erklärten, weshalb die Götter derartig großen Wert darauf legten, dass das Dämonenkind überlebte. War Xaphista so mächtig geworden, dass die Haupt-Gottheiten das Leben des Dämonensprösslings schützten? Brakandaran schauderte. Er schenkte seine Aufmerksamkeit wieder Damin Wulfskling.
»Eine Frage, habt Ihr gesagt«, hielt er ihm vor. »Das waren fünf Fragen.«
»Ich sehe darin nur eine einzige, zusammenhängende Frage.«
»Und ich kann sie nicht beantworten«, gestand Brakandaran.
»Ihr wollt darauf keine Antwort geben«, warf der Kriegsherr ihm vor.
»Ich kann es nicht«, widersprach Brakandaran, indem er den Kopf schüttelte. »Ich weiß darüber nämlich einfach selbst nicht Bescheid.«
In Markburg hatte sich, seit Brakandaran das letzte Mal dort gewesen war, vielerlei verändert. Erstens war das Städtchen beträchtlich gewachsen. Am Westrand der Ortschaft standen zahlreiche neuere, aus roten Ziegeln errichtete Häuser, und man betrieb mehr Schänken und Gasthöfe, als er in Erinnerung hatte. Zweitens waren mehr Kriegsleute zugegen. Er sah, soweit er sich entsann, wesentlich mehr rote Waffenröcke als früher. Seit den recht bescheidenden Anfängen hatte das Hüter-Heer sich stark fortentwickelt; anscheinend füllten nicht mehr allein eifrige Jünglinge mit mehr Begeisterung als Geschick seine Reihen. Die heutigen Hüter waren offenkundig harte, gut ausgebildete Männer, die ihren Ruf als am nachhaltigsten auf Zucht und Ordnung bedachte Krieger der Welt verdienten. Allerdings verursachte ihre Anwesenheit in der Stadt eine verschwommen wahrnehmbare Geducktheit. Die Bürger schauten sich
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