Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
steht’s um den Hafen?«, fragte Tejay. »Cyrus und Conin verfügen über ausreichend Schiffe, um ihn abzuriegeln.«
»Ich habe am Morgen, ehe ich den Palast verließ, der Fischerflotte eine Warnung gesandt. Alle Boote, die in Sicherheit fahren wollen, dürften inzwischen ausgelaufen sein. Was die übrige Stadt betrifft, so ist, wenn wir dem Dämonenkind Glauben schenken, schon Entsatz unterwegs. Wir brauchen der Belagerung nicht länger als zwei Wochen standzuhalten.«
»Entsatz?«, fragte Fuchsschweif argwöhnisch. »Welcher Entsatz?«
»Die Fardohnjer.«
»Die Fardohnjer?! Denen kann man doch unmöglich über den Weg trauen.«
»Ihnen traue ich in der Tat nicht«, pflichtete Damin ihm bei. »Aber ich vertraue dem Dämonenkind.«
»Ich hoffe, Euer Vertrauen erweist sich als gerechtfertigt, Wulfskling«, knurrte Rogan. »Wir bauen in sehr starkem Maß auf diesen Besenstiel.«
Diese Beschreibung R’shiels rang Damin ein Schmunzeln ab. »Dieser ›Besenstiel‹, Rogan, gebietet über genug Machtfülle, um einen Gott zu stürzen.«
»Und gleichzeitig hat sie die Macht«, rief Kalan ihm in unheilsschwangerem Ton in Erinnerung, »um über uns Verderben zu bringen.«
32
Anfangs verursachte die Belagerung bei Groenhavns Bewohnern keine sonderliche Unruhe. Zunächst verstanden sie die Lage als eine Art von Neuheit, als Abwechslung vom Einerlei des Alltagslebens. Täglich sammelten sich Menschentrauben an den Stadtmauern, hofften auf eine Gelegenheit, um die Wehrgänge betreten und einen Blick auf die vereinigten Heerhaufen Groenhavns und des Dregischen Gaus zu werfen. Ein paar geschäftstüchtige Seelen erhoben, nachdem sie mit den Schildwachen auf den Zinnen Absprachen getroffen hatten, ein Zutrittsentgelt und erzielten damit erkleckliche Einkünfte, bis Damin davon erfuhr und das geldgierige Gesindel in den Kerker stecken ließ.
Doch als sich in der zweiten Woche Knappheit bemerkbar machte, zerstob rasch der Reiz des Neuen. Trinkwasser gab es reichlich, aber Groenhavn war eine große Stadt, sodass nie genügend Nahrungsmittel gelagert werden konnten, um die gesamte Einwohnerschaft für längere Zeit zu versorgen.
Die Stadt hatte fast fünfzigtausend Bürger und stützte sich bezüglich der Nahrung im Allgemeinen auf die Überfülle des Meeres sowie die außerhalb der Stadt gelegenen bäuerlichen Gehöfte. Aber weil die Belagerer den Hafen sperrten, blieb der sonst täglich gewährleistete Fischfang aus, und da man die Tore wegen der Heerscharen der Kriegsherren Aarspeer und Habichtskrall geschlossen halten musste, gelangten auch keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse herein. Berichten zufolge, die man Damin vortrug, war inzwischen ein Laib Brot hundertmal so teuer wie vor der Belagerung.
Den Palastbewohnern ging es inzwischen nicht besser als den übrigen Bürgern. Am siebten Tag der Belagerung hatte Damin nämlich die Essensvorräte des Palastes in aller Öffentlichkeit an die Bevölkerung verteilen lassen, weil er sich erhoffte, auf diese Weise zu verhüten, dass sie aus dem Irrglauben, der Großfürst und seine Sippe horteten Nahrungsmittel, zum Sturm auf den Palast ansetzten. Cyrus und Conin, so war ihm völlig klar, verfuhren nach dem einfachsten Vorgehen, für das sich Belagerer entscheiden konnten. Sie verzichteten darauf, gegen die Stadt anzurennen. Dazu bestand gar kein Erfordernis. Nach ihren Erwartungen sollte nicht die Gefahr vor den Wällen Groenhavn zu Fall bringen, sondern ein innerer Zwist. Damin stellte sicher, dass die Wehrgänge der Stadt ständig bemannt blieben; ein beachtlicher Teil seiner Kriegleute musste sich allerdings mit der Aufgabe befassen, Ruhe und Frieden zu gewährleisten.
Während sich die Belagerung in die Länge zog, nahm seine Duldsamkeit gegenüber Wucherern und Aufwieglern zusehends ab. Zuerst ließ er sie lediglich einsperren. Am heutigen Morgen aber hatte er die Enthauptung dreier Männer angeordnet, weil sie Getreide gehortet und zu weit überhöhten Preisen verkauft hatten. Er bedauerte ihren Tod nicht. Drei Mäuler weniger zu füttern , dachte er lediglich, als ihr Kopf vom Hackklotz der Scharfrichter in den Korb plumpste.
Da jeder Kriegsherr dreihundert Mann nach Groenhavn mitbringen durfte, unterstanden Damin eintausendfünfhundert tüchtige Krieger. Dagegen umfasste die Schutzschar der Magier-Gilde zwar durchaus fähige Männer, jedoch blickten sie auf keine nennenswerte Kampferfahrung zurück. Darum überließ er es ihnen – während er selbst die Krieger
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