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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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trat jemand neben mich, der mit Leichtigkeit jedem einzelnen Ast auswich. Hochgewachsen und breitschultrig, zwei Stück Silber im Haar, so blieb Saul Dustcircle wie angewachsen stehen und starrte mich an.
    Ich hörte weitere Zweige rascheln und fuhr mit hochgehaltenen Händen herum. „Lasst sie in Frieden!“ Mein heiseres Krächzen war wie das hässliche Tönen einer Krähe, die das süße Lied von Regen und Donnergrollen verschandelte. „Lasst sie in Frieden! Sie ist nicht wegen euch hier!“
    Gott sei Dank zogen sie sich zurück. Zwischen den Bäumen schimmerte etwas bleich. Das furchterregende Knurren von drohenden Werwesen mischte sich in die Symphonie des Sturms.
    Saul war unruhig. „Jill?“
    Das Knurren verstummte. Auch wenn es eine Weile dauerte.
    „Lasst sie“, presste ich durch meine angeschwollene Kehle und bemühte mich, laut genug zu sprechen. „Ich hab es ihr versprochen.“
    Er trat schnell und anmutig zur Seite. Nach den Werbräuchen stand es ihm zu, das Feuer zu legen, denn es war seine Schwester gewesen, die der Entartete getötet hatte.
    Eisiges Wasser rann mir über den Rücken. Ich starrte gebannt auf das bleiche Schimmern zwischen den Bäumen und wünschte, sie würde näher kommen. Endlich trat Cenci nach draußen.
    Sie sah anders aus, das Rot und der Wahn waren aus ihren Augen gewichen. Sie war sauber gewaschen, von dem schwarzen Blut und dem Ruß war nichts mehr übrig. In flatternden Lumpen ging sie an mir vorbei, den Kopf stolz erhoben. Dann blieb sie stehen und blickte auf den Scheiterhaufen.
    Ihre Miene verzog sich kurz. Das war alles. Sie warf mir einen Blick zu, und nichts darin verriet etwas von Höllenbrut. Ich sah, wie sie schluckte. Sie war einen guten Kopf größer als ich und so dünn, dass sich die Knochen unter der Haut abzeichneten.
    Schließlich sprach sie. „War es ein schneller Tod?“
    Ich nickte, aber es war Saul, der an meiner Stelle antwortete. „Schnell und schmerzlos.“ Seine Stimme klang beinahe so belegt wie meine. Er zuckte nervös. Ich nahm meinen Mut zusammen und trat einen Schritt vor. In die Reichweite ihrer Klauen. Es kostete mich einige Überwindung, nicht nach meinen Waffen zu greifen.
    Ich hoffe, ich begehe keine Dummheit.
    Sie blickte mich einigermaßen amüsiert an. Ihr Profil war ebenmäßig und vollendet – trotz der Nase ihres Vaters. Die Verdammten sind schön, jeder von ihnen. Abgesehen vielleicht von Perry – und selbst er war nicht hässlich.
    Bei diesem Gedanken stockte mir der Atem, und mein Magen wollte sich vor blankem Entsetzen umdrehen. Ich hatte auf Perry geschossen und war ihm mit Müh und Not entkommen. Hätte ich seinem Befehl gehorcht und auf Cenci geschossen, hätte ein Kopfschuss sie getötet. Aber was wäre dann passiert? Wirklich passiert?
    Ich wollte es eigentlich gar nicht wissen. Wollte es niemals herausfinden. Ich wollte nie wieder so nah am Rand des Abgrunds sein.
    Pech, Jill. So läuft dein Lehen nun mal.
    „Ich nehme an, du hättest gerne eine Erklärung.“ Sie blickte wie versteinert über mich hinweg. Runter zum Scheiterhaufen, als könnte sie es nicht mehr abwarten.
    „Ist schon okay.“ Meine Stimme klang schon wieder besser. Wie gerne hätte ich jetzt ein kühles Bier, ein heißes Bad, eine ordentliche Mahlzeit und eine Woche voll Schlaf gehabt. „Arkady hatte ein Spielzeug, und er hatte dich. Du hast etwas getan, was sich für Höllenbrut nicht gehört.“
    „Ich bin auch nur eins seiner Experimente. Er hat eine Menschenfrau geschwängert. Eine Traderin.“ In ihrer hitzelosen Stimme brannte der Hass. Das Donnern ließ nach, der Sturm zog vorüber und hatte Kraft eingebüßt. Bald würde es auch aufhören zu regnen, und der Herbst würde in der Wüste Einzug halten. Für Santa Luz bedeutete das kältere Nächte und hin und wieder einen Tag mit nur einundzwanzig Grad. Das war alles.
    Die Schattenwelt gönnt sich keinen Urlaub. Und ich auch nicht.
    „Es spielt keine Rolle.“ Ich erwähnte nicht, dass ich Bescheid wusste – dass ich es gesehen hatte, als ich im Dazwischen war. Innerhalb einer Sekunde hatte ich sie so viel besser verstanden. Nur ein weiteres Spielzeug, das Arkady sich für seine Launen hielt, und ein Wermännchen, das man in den Wahnsinn getrieben hatte, nachdem man es eingefangen und Gott weiß was mit ihm angestellt hatte.
    Diese beiden gebrochenen Kreaturen hatten das Unmögliche getan und sich verbündet. Vielleicht konnte man es nicht Liebe nennen. Ich wäre bereit, auf die Bibel zu

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