Daemonenmal
formten das Wort ohne einen Hauch oder Laut. Es war falsch. Warum, konnte ich nicht genau sagen, aber ich wusste einfach, dass es falsch war.
Wenn ich sie tötete, wäre ich keine Jägerin mehr.
Ich wäre genauso mies wie Perry. Sogar noch schlimmer.
Hatte er das etwa von Anfang an geplant?
Ohne Zweifel, flüsterte etwas tief in meinem Inneren. Er hat die ganze Zeit darauf gelauert, dir eine Falle stellen zu können. Und Arkady hat ihm die perfekte Gelegenheit geliefert. Für ihn ist das nur ein Spielchen – dich auf einen Pfad zu locken, der nicht für dich vorgesehen ist. Dich wie einen Trader zu verdammen und seine Belohnung einzusacken. Dann wird nicht länger er auf der Streckbank liegen und schreien, Sondern du. Und er wird dich nicht mehr gehen lassen.
Cenci nickte. Eine kaum wahrnehmbare Bewegung, ihr Kinn wich eine Winzigkeit nach unten. Sie wandte sich um, plötzlicher peitschender Regen wehte noch einmal ihre Fetzen auf, dann war sie fort. Untergetaucht in einer gähnenden schwarzen Gasse. So geschickt getarnt, wie es eine Höllenbrut nur sein konnte.
Perry zuckte.
Ich warf mich nach hinten und zur Seite, um seiner klauenbewehrten Hand zu entgehen. Meine Pistolen meldeten sich zu Wort, als ich gleichzeitig beide Abzüge drückte. Jeder Schuss traf ihn in die Brust. Einmal, zweimal, dreimal. Viermal. Schwarzes Dämonenblut brach hervor und besudelte seine diamantenbesetzte Krawattennadel.
Er fauchte, ein Blitz zeichnete scharfkantige Schatten in sein Gesicht. Dies waren die Züge einer uralten, unmenschlichen Gier, und einen Moment lang sah ich hinter die Fassade aus blonder, durchschnittlicher Menschlichkeit und erheischte die Wahrheit, als wäre ich wieder im Dazwischen.
Ich sah ihn, und mir blieb das Herz stehen, als mein Verstand mit der plötzlichen Offenbarung des Bösen rang. Dann erbarmte sich mein Gehirn und verdrängte es, unfähig, die Ausmaße des Entsetzens zu begreifen. Mir stockte der Atem, während mein Herz darum kämpfte, wieder seine Arbeit aufzunehmen.
Ein widerlicher Geruch nach ranzigem Honig und gegorener Süße hüllte mich ein, bevor der Regen über die Stelle wusch, an der er eben noch gestanden hatte. Und ich hörte Schritte, die sich eilig entfernten. Perry rannte zum Monde Nuit, und ich lag auf der kalten Straße. Dicke Wassernadeln durchnässten Leder, Stoff und mein angesengtes Haar.
Langsam konnte ich wieder Luft holen, die in müde Lungen drang. Mein Herz schlug weiter – der dickköpfige Muskel wusste einfach nicht, wann es genug war.
Gott sei Dank. Danke, Gott.
Wo ich schon mit dem Gesicht nach oben im Regen lag, konnte ich auch dem Schluchzen, das mich beutelte, freien Lauf lassen. Viel Zeit zum Weinen blieb mir allerdings nicht, denn die Sirenen kamen immer näher, und ich musste dringend telefonieren.
30
Es dauerte eine Stunde, bis ich den Tatort endlich verlassen konnte, hauptsächlich, weil ich auf Montaigne warten musste, um ihm mitzuteilen, dass er den nötigen Papierkram für einen „schwerwiegenden paranormalen Zwischenfall“ fertigmachen sollte. Die verbeulten Überbleibsel der Limousine, in der sich inzwischen das Regenwasser gesammelt hatte, wurden abgeschleppt. Ich stand in einem Hauseingang und rief über Montys Handy Harp an, den Blick auf das gelbe Absperrband und die blitzenden Blaulichter gerichtet. Monty schluckte eine Handvoll Pillen gegen sein Sodbrennen, während es klingelte.
„Was?“, fauchte sie, und ich räusperte mich. Ich fühlte mich, als hätte ich Reißzwecke statt Montys Säureblocker geschluckt.
„Harp. Ich bin’s.“ Ich hustete, mein Hals war heiser und wund. Ich war nass bis auf die Knochen und hätte gezittert, wenn mir nicht die Kraft dazu gefehlt hätte.
„Verfluchte Scheiße! Wo zur Hölle hast du gesteckt?“ Sie verlor die Kontrolle.
Das hieß, sie hatten ihren Auftrag erfüllt. Billy Ironwater war tot, die Jagd hatte Erfolg gehabt. „Arkady ist tot“, schnarrte ich. „Wo ist der Scheiterhaufen?“
„Im Barrio. Barazada Park. Jill …“
„Ich bin schon unterwegs. Fangt nicht ohne mich an.“
„Jill, es regnet. Wo zum Teufel warst du?“
„Erzähl ich dir später.“ Das Sprechen tat weh. Ich schmeckte Blut. „Fangt nicht ohne mich an, Harp. Es ist wichtig.“
Knarzende Stille. Erneutes Donnergrollen war zu hören, erinnerte uns kleine Sterbliche hier unten an Bowling spielende Engel.
Ich war Perry nur haarscharf entkommen. Bei dem Gedanken daran, dass er das alles eingefädelt hatte,
Weitere Kostenlose Bücher