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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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wurden meine Knie weich, und mir wurde schlecht.
    Weil ich fast darauf hereingefallen wäre, fühlte ich mich noch mieser.
    Was hatte mich aufgehalten?
    „Na schön. Aber beeil dich.“ Dann legte sie auf, und insgeheim stellte ich mir vor, wie sie ihr Handy gerade gegen einen Baum gedonnert hatte. Nach einem erfolgreichen Abschluss war Harp immer ein bisschen aufgekratzt. Während der Jagd war sie dagegen kalt und berechnend, aber danach ließ die ganze Anspannung nach wie ein Gummiband.
    Da kennen wir doch noch jemanden, nicht wahr, Jill? Noch jemanden, der kurz davor ist auszurasten. Jemand, der einer Höllenbrut um ein Haar auf den Leim gegangen wäre.
    Ich ignorierte die Stimme in meinem Kopf. Das Sonnenschwert lag kalt und schwer auf meinem Rücken, völlig ausgezehrt. Sogar für meine kräftige Rechte war es ein hartes Stück Arbeit gewesen, es aus dem eingedrückten Metall und dem Asphalt darunter zu ziehen.
    Montys Halbglatze glänzte im grellen Licht. „Ist es vorbei?“ Er stand mit hochgezogenen Schultern im hämmernden Regen.
    „Es ist vorbei.“ Ohne die Glassplitter in meinem Hals hätte man mir die Erleichterung auch angehört. „Keine weiteren Leichen, es sei denn, wir haben noch nicht alle gefunden. Alles erledigt.“
    „Ich will gar nichts weiter wissen.“ Er war blass. Blass wie der Bauch eines Fisches. Und das Wasser auf seiner Haut stammte nicht nur vom Regen. „Bist du in Ordnung, Jill?“
    Die Frage war so absurd, dass ich gerne gelacht hätte. Aber das hätte nur wieder so gottverdammt wehgetan. Meine Rippen waren grün und blau. Außerdem hatte es mich ganz schön geschlaucht, so herumgeschleudert zu werden. Der Regen wusch mir das Blut aus dem Gesicht.
    Meine Kehle brannte wie Feuer, ich wollte nicht mehr reden. Ich war einfach nur müde.
    „Alles bestens“, krächzte ich. „Kannst du mich vielleicht am Barazada Park absetzen? Ist ein Notfall.“
    Sein erschöpfter, trauriger Blick traf meinen. Es blitzte, noch ein gleißendes Tattoo. Die hellgelben Regenjacken der Rettungsmannschaft huschten umher wie Fische in einem Teich.
    „Mache ich“, antwortete er. Jemand rief seinen Namen, aber er winkte ärgerlich ab. „Brauchst du sonst noch was?“
    Noch so eine lächerliche Frage. Es gab so viel, das ich brauchte, so vieles, das ich niemals haben würde.
    Aber was hast du stattdessen, Jill? Einen riesigen Haufen Nichts. Ist das nicht großartig?
    Wenigstens hatte ich noch meine Seele. Und das wusste ich nun ohne jeden Zweifel. Ich war nicht auf Perrys Trick reingefallen. Ich war vielleicht kontaminiert, aber nicht verloren.
    Ich war nicht verdammt. Und wenn ich es jetzt nicht war, konnte ich es jemals gewesen sein?
    Das reichte. Fürs Erste.
    „Ich hab alles, Monty. Danke.“ Dann schloss ich den Mund und überließ Monty alles Übrige. Er arrangierte für mich einen Streifenwagen, der ein paar Verkehrsregeln brach und mich ins Barrio brachte.
    An einer Seite stößt der Barazada Park direkt an einen Friedhof, an dessen Ende die düstere Kirche der Heiligen Esperanza liegt. Werwesen können mit Katholizismus nicht viel anfangen – und sie haben gute Gründe, nachdem die Inquisition in der Neuen Welt mächtig gewütet hat. Aber sie begreifen heilige Symbole so gut wie jeder andere.
    Auf meiner Zunge sammelten sich Galle und schleimiger Kupfergeschmack. Meine Kehle schmerzte noch immer. Meine höllischen Selbstheilungskräfte waren anderweitig beschäftigt, zum Beispiel damit, die paar Liter Blut zu ersetzen, die ich heute verloren hatte. Ein rauer Hals musste da warten.
    Ich schickte den Streifenwagen samt dem nervösen Frischling, der ihn fuhr, wieder fort, klappte den Mantelkragen hoch und lief durch den Vorhang aus kaltem Niederschlag. Kurz darauf tauchte ich ein in das Kiefernwäldchen und machte mich auf den Weg zum hinteren Ende des Parks. Ich pflügte durchs Unterholz, ohne mich zu bemühen, leise zu sein – immerhin traf ich mich mit Werwesen. Sie würden mich so oder so hören.
    Schließlich stolperte ich auf eine kleine Anhöhe hinaus und erblickte in der Senke unter mir einen Haufen aus feucht glänzendem Holz. Darauf lag eine große, männliche Gestalt. Irgendwo weiter weg schlug ein Blitz ein, der das Gras in Helligkeit und silberne Schatten tauchte.
    Ich spürte, wie sie mich von den Bäumen her beobachteten. Funkelnde Augen und blitzende Zähne. Aber keiner kam heraus. Ahnten sie etwas, oder waren sie mir gegenüber nur höflich? Wo war Saul?
    Just in diesem Moment

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