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Daemonenmal

Daemonenmal

Titel: Daemonenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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    Michail sagte, dass er für mich einen Job und eine Bleibe finden würde, eine Therapie, irgendwas. Aber egal, wo ich hinging, immer wartete dieses Zimmer auf mich. Ich kannte nichts anderes, und früher oder später würde ich wieder auf der Straße landen.
    Wahrscheinlich eher früher. Ich war so oder so eine verlorene Seele. Wen interessierte schon, was ich tat?
    Keinen. Keinen außer dem Mann in dem langen Mantel, der mich aus dem Schnee gefischt hatte, als ich blutend dalag, die 22.erin der verschrammten, blutunterlaufenen Faust.
    Michail wollte mich nicht ausbilden, er konnte auf die Mühe verzichten. Aber ich wollte das Gleiche machen wie er.
    Ich wollte, dass er stolz auf mich war.
    Er seufzte. „Steh auf, kleine Schlange. Kriech nicht herum.“ Träge schlüpften die Worte zwischen meinen trommelnden Ohren hindurch. Erklang traurig.
    Also versuchte ich es noch einmal. Schaffte es bis auf die Knie. Rote Punkte tanzten vor meinen Augen, wurden schwarz. Meine Füße traten auf die Matte, ich stand aufrecht, ohne recht zu wissen, wie ich das angestellt hatte. Mein linker Arm baumelte nutzlos an der Seite, die Hand umklammerte kraftlos das Messer, und er kam wieder auf mich zu.
    „Deckung.“
    Gerade noch rechtzeitig hob ich den Arm und schluckte einen rauen Schmerzensschrei hinunter, als der Stock meinen Ellbogen traf. Das Messer schlitterte über die Matten davon, und mein Blick traf Michails Gesicht, während meine Rechte wie von selbst in die Höhe fuhr, ganz wie er es mir beigebracht hatte. Erschöpfung dröhnte in meinen Ohren und trübte meinen Blick. Er verlagerte das Gewicht, und ich reagierte sofort, ging in die Knie, kauerte mich nieder, griff mir das Messer und hielt es über meinen rechten Vorderarm. Vor Anstrengung fletschte ich die Zähne.
    Ich war zu langsam und wartete darauf, dass der Stock erneut niederfahren würde, machte mich auf den Schmerz gefasst. Ich blinzelte, japste und holte tief Luft, als meine Lungen mich wissen ließen, dass sie diese Scheiße nicht länger mitmachen würden. Meine Arme und Beine teilten diese Meinung, und mein Herz hämmerte zustimmend.
    Das war’s. Mein gesamter Körper trat in den Streik.
    „Sehr gut gemacht.“
    Einen Augenblick lang kämpfte mein Hirn mit den Worten. Sie kamen so unerwartet, dass ich zunächst meinte, er hätte etwas auf Russisch gesagt. Die Sonne schien ins Zimmer. Es dämmerte, aber noch erhellten die letzten goldenen Strahlen das Oberlicht, und in jedem einzelnen tanzte der Staub. Brennender Schweiß rann mir in die Augen. Ich starrte auf seine spitze Nase, die Grübchen links und rechts des schmalen Munds, Michails fahles Haar, das allmählich die Farbe von Eis annahm.
    „Sehr gut gemacht, Milaya. Komm.“
    Er beugte sich zu mir, um mir das Messer abzunehmen, aber ich war so weggetreten, dass ich zögerte loszulassen. Ich verlagerte mein Gewicht nach hinten, spannte ungewollt Bizeps und Trizeps an, bereitete mich darauf vor zuzustechen.
    Mein Lehrer erstarrte. In seine blauen Augen trat ein Ausdruck von Vorsicht, und dann hörte die Welt auf, sich zu drehen, „Ich …“ Es tut mir leid, wollte ich sagen. Die Zauberworte. Manchmal entging ich damit den Prügeln, wenn ich sie schnell genug herausbrachte. Wenn ich zerknirscht genug, unterwürfig genug klang.
    „Sehr gut.“ Ein breites Lächeln erschien auf seinem Mund und ließ ihn beinahe attraktiv wirken, auch wenn er zu alt war. „Ich denke, in der kleinen Schlange steckt mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Jetzt gib mir das Messer, Milaya, und dann verarzten wir deine Blutergüsse mit Arnika. Ich denke, heute Abend führe ich dich zum Essen aus.“
    Ich starrte ihn entgeistert an. Meinte er das ernst, oder würde er mich bestrafen?
    Schnell schossen seine abgestumpften, schwieligen Finger nach vorne. Außerhalb des Kampftrainings schlug er mich niemals, und jedes Mal versorgte er behutsam meine Schnitte und Prellungen. Nie hatte er mich angefasst, es sei denn, um mir zu zeigen, wie man eine Waffe richtig hielt, oder um meine Haltung zu korrigieren.
    Und natürlich, um mir im Kampf den Arsch aufzureißen. Aber er war zu weit mehr fähig. Er konnte jemandem wirkliche Schmerzen zufügen, das verrieten seine Bewegungen.
    Bisher hatte er Rücksicht auf mich genommen. Noch, flüsterte die harte, kalte Überlebenskünstlerin in meinem Hinterkopf Ich gab mir Mühe, sie zu ignorieren. Sie war ein böses Mädchen.
    Ich drehte das Messer um. Die Bewegung fühlte

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