Daemonenmal
innerlich zusammen, als ich mich der Suche nach Beweisen anschloss. Einige der Kriminaltechniker waren grün um die Nase.
Die Leichen lagen auf einem unordentlichen Haufen unter ein paar abgerissenen Ästen, die in der Hitze längst vertrocknet waren. Ich sah langes, sandverkrustetes braunes Haar, das einer Frau gehören mochte. Aber die Körper waren so übel zugerichtet, dass man das nicht mit Sicherheit sagen konnte. Ein paar der größeren Knochen – Oberschenkel- und Oberarmknochen – waren angenagt worden, spitze Splitter ragten heraus. Die Gesichter waren von tiefen Klauenabdrücken gezeichnet.
Ich sah mir noch einmal das Gestrüpp an, das als Abdeckung hatte dienen sollen. Die Leute von der Spurensicherung machten Fotos, drehten jeden Zweig um und tüteten ihn ein. Die Enden der Äste waren abgebrochen – man hatte sie nicht zufällig abgeknickt, sondern mit Absicht von ihren Bäumen oder Büschen gerissen. Die dickeren – Wacholder, Salbei, Kiefer, wohl aus dem Park-waren noch immer biegsam und voll Saft.
Sie waren frisch.
So wie die Leichen. Wirklich frisch, auch wenn sie aufgrund der Hitze schon stanken.
War der Entartete einfach in die Stadt gerauscht, hatte ein paar Cops umgebracht und dann eine Mordorgie angefangen? Das war eine völlig neue Vorgehensweise. Und sie stimmte so gar nicht mit dem normalen Verhalten eines bösartigen Werwesens überein, das nur alle paar Tage an immer den gleichen Plätzen tötete – hauptsächlich, um sich zu ernähren. Gegen welche Regeln würde dieser Fall sonst noch verstoßen?
Ein kaltes Kribbeln machte sich in meinem Nacken breit -trotz der stechenden Sonne. War ich noch immer nervös wegen Perry, oder wollte mir meine Intuition etwas sagen? So überempfindlich, wie meine Sinne gerade waren, konnte ich es nicht unterscheiden.
Das ist schlecht. Du musst langsam mal wieder runterkommen, sonst bist du zu gar nichts nutze. Ich blickte nach oben und schirmte meine Augen mit der Hand ab, als jemand von der Spurensicherung – eine schmale asiatische Frau mit kurzem Haar – auf mich zutrat.
„Können wir die Leichen wegbringen?“ Sie sah mir nicht in die Augen, rieb ihre Finger in den Latex-Handschuhen aneinander. Latex war bei diesem Wetter durch den Schweiß und den Puder ein einziger Fluch. „Oder zumindest bald damit anfangen? Die zwei vom FBI meinten, wir sollten erst noch auf Sie warten.“
Ich hätte mir die Toten ansehen sollen, mir jede Einzelheit einprägen und schwören sollen, sie zu rächen. Ich hätte mir überlegen sollen, was sie so übel zugerichtet und ihnen die Gesichter abgerissen hatte.
Ein Amok laufender Werfreak, der seinen Opfern ihre Menschlichkeit nimmt? Das war tatsächlich ihre typische Vorgehensweise, aber diese Klauenabdrücke sahen irgendwie falsch aus. Tief hinten in meinem Kopf machte es auf einmal wieder klick.
Warum sollte ein entarteter Wer Cops töten? Aber einige gehen zweifellos auf sein Konto, ich habe die Kratzspuren wiedererkannt. Und auch auf den Leichen hier: Das sind Werklauen. Also warum sehen die Abdrücke auf den Gesichtern so anders aus? Verflucht. Das ergibt keinen Sinn, irgendwo hat hier eine Höllenbrut die Finger im Spiel.
Das Kribbeln im Rücken wurde zu einer ausgewachsenen Gänsehaut. Das Mal auf meinem Handgelenk war ein einziger Klumpen haarfeiner Nadeln, die auf das angespannte Wirbeln meiner Aura reagierten, während meine Sinne sich weit öffneten, um jedes Detail wahrzunehmen.
Irgendwas passiert, Jill. Sieh dich um. Sei auf der Hut.
Ich sah auf. Harp hatte sich erhoben, stand unbeweglich da, selbst die Federn in ihren Zöpfen waren trotz der leichten Brise völlig starr. Ihr hübsches Gesicht war wie versteinert, jegliche Farbe war daraus gewichen, sodass sie totenbleich wirkte. Dominic, der in die Knie gesunken war, stand ganz langsam auf-wie eine Katze, die sich leise aus der Hocke erhebt, wenn sie Beute erblickt.
„Hey.“ Die Frau von der Spurensicherung versuchte noch immer, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. „Können wir die Leich …“
Aber ich hatte mich schon in Bewegung gesetzt, sprang über die toten Körper und stürmte auf das Ende des Kanals zu. Kiesel kullerten den Hang hinunter, und eine schlanke Gestalt mit flatterndem hellem Haar zeichnete sich kurz gegen den Himmel ab, bevor sie hastig verschwand. Hinter mir hörte ich Schritte und einen Schrei. Egal. Meine Haut erwachte zum Leben, strotzte vor Hitze, der lederne Mantel wehte hinter mir her, als ich eine Hand in den
Weitere Kostenlose Bücher