Daemonenmal
ich hatte das Mal und genug Erfahrung, um ihm das Leben schwer zu machen. Der Gedanke schoss mir durch den Kopf, machte kehrt, kam zurück und verschwand wieder.
Wenn man ein Jäger ist, kann man diesen Teil des Hirns nicht abstellen – den Teil, der alles und jeden abwägt und in verschiedene Schubladen steckt, streng danach sortiert, wie schwer oder leicht es sein würde, sie zu töten. Der Teil, der sich nicht wirklich ums Warum scherte, der nur überleben wollte, auf Biegen und Brechen. Dieser kalte, berechnende, unsagbar gewissenlose Teil, den man im Zaum halten und benutzen muss, dem man aber nie freie Hand lassen darf.
Urplötzlich wurde mir bewusst, dass ich nach Tod und dem Blut von Höllenbrut stank, außerdem nach Schweiß und Anstrengung. Dustcircle sah natürlich makellos aus und roch nach sauberem Wermännchen.
Wenn er da reingeht, wird er bald nicht mehr so hübsch aussehen. Offenbar war das heute meine große Nacht der Schadenfreude. Ich schämte mich kurz, aber tat das Gefühl dann als nutzlos ab.
„Na schön.“ Ich klappte den Kofferraumdeckel auf und fing an, verbrauchte Patronenhülsen gegen neue auszutauschen, bestückte meine Gürtel. „Quizfrage. Ein Trader kommt mit rot glühenden Augen auf dich zu. Was machst du?“
„Einen verfluchten Schritt zur Seite und lasse dich die Sache regeln. Die Augen von Händlern glühen nicht.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, und seine Lederjacke quietschte. Eine Augenbraue schob sich nach oben, und seine Lippen verzogen sich zur Andeutung eines Lächelns.
Also ist er doch kein kompletter Anfänger. „Was machst du, wenn mich eine Höllenbrut an der Gurgel packt und zu Boden drückt?“
„Ich halte mich raus und überlasse das dir. Wenn dir ein Höllenfreak so nahe kommt, ist er dumm und verdient es nicht zu leben.“ Eine Sekunde lang nahmen seine Augen einen matten blaugrünen Glanz an, als sich das Licht der Laterne in den unmenschlichen Pupillen spiegelte. Wie Katzenaugen, die direkt vom Licht getroffen werden. „Ich bin kein Volltrottel, Kismet.“
Also bin ich jetzt Kismet, nicht mehr „Jägerin“ oder „Höllenbrutschlampe“. Ich bin einen Rang aufgestiegen. „Gut zu wissen. Letzte Frage.“ Ich griff nach Michails langem, schmalem Schwert. Der Knauf war mit Leder überzogen, und die Klinge steckte in einer weichen Scheide. „Wir gehen durch die Tür, und sofort stürzt sich ein Trader auf dich. Was machst du?“
„Ich reiße ihm das Herz raus und breche ihm das Genick.“ Er blinzelte nicht mal. Ich zog den Gurt über und legte ihn mir quer über die Brust, sodass das Schwert hinten saß. Die Druckknöpfe der geschmeidigen Scheide klimperten. Ein kurzer Griff nach hinten und ein Ruck zur Seite würden genügen, um das Schwert aus seiner Hülle zu befreien – es war zu lang, um es an der Seite zu tragen und wie einen Degen zu ziehen.
„Das nenne ich eine Menge Metall, Kätzchen. Kannst du damit umgehen?“
Kätzchen? Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass du mich gerade ein kleines Kind genannt hast. Das Lächeln, das sich auf mein Gesicht stahl, hatte so gar nichts Freundliches an sich. Ich vergewisserte mich, dass alle meine Pistolen vollgeladen und einsatzbereit waren. „Das ist der Vorteil, wenn man das Mal einer Höllenbrut am Körper trägt, Fellknäuel. Ich kann mit so manchem Spielzeug spielen, das eigentlich zu groß für mich ist.“ Ich knallte den Kofferraum zu und wandte mich um. „Wenn du magst, darfst du mitspielen. Bleib im Hintergrund, halte dich von Höllenbrut fern und versuche, nicht vermöbelt zu werden. Harp würde mich umbringen, wenn dir was zustieße.“
„Ich werde mir Mühe geben.“ Das klang spöttisch. Als ich zu ihm rübersah, bemerkte ich ein kleines Lächeln und ein wildes Leuchten in seinen dunklen Augen. Er sah aus, als würde ihm gleich der Kragen platzen. Dafür sprach auch der wertypische Galgenhumor. „Wenn ich ein ganz braver kleiner Junge bin, hörst du dann endlich auf, mich zu bemuttern?“
Wie bitte? Ich wurde so wütend, dass ich um ein Haar vergaß, wie müde ich war und wie sehr ich genau das vermeiden wollte, was nun kam. „Ich bemuttere niemanden. Jetzt halt die Klappe – ich hab einen Job zu erledigen.“
„Klar.“
Wir traten auf die Straße, und ich warf ihm abermals einen Blick zu. Er starrte unverwandt geradeaus auf die Neonreklame des Random und die vielen Leute, die sich vor dem Eingang drängten. Im Äther um sie hemm wirbelten und
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