Daemonenmal
Abendvergnügen Nummer eins.“ Und ein bisschen hellsehen zu können, ist eine immens große Hilfe im Straßenverkehr, weißt du? Ich öffnete die Tür und trat hinaus ins Grau der Abenddämmerung. Die Luft knisterte. In Kürze würde es ein Herbstgewitter geben, es war drückend heiß und schwül.
„Autofahren finde ich gut. Worauf ich nicht stehe, ist Selbstmord.“ Er war tatsächlich grün um die Nase, was mich ungemein aufheiterte. Ich ging los, und er folgte mir.
Es war eine ruhige Straße in einem Wohngebiet, das dank des nahen Flusses von saftigen Grünflächen umgeben war. Instinktiv sah ich mich nach Verstecken und Deckungen um, während wir auf die Blaulichter zuschritten. Gelbes Absperrband flatterte im Wind. Der gesamte Vorgarten war abgesperrt. Die Spurensicherung war in vollem Gange, und mir fielen gleich drei der weißen Kleinbusse der Gerichtsmedizin auf.
Himmel! Das Geplänkel beruhigte meine Nerven auch nicht. „Du hast es überlebt, oder etwa nicht? Ich hoffe, du hast keine Kerben in mein Armaturenbrett gekrallt.“
Er war mir für meinen Geschmack schon wieder viel zu nahe, rannte um ein Haar in mich hinein, während wir in perfektem Gleichschritt zum Tatort liefen. „Nächstes Mal fahre ich.“
Das glaube ich nicht. „Träum weiter. Außer mir fährt keiner mein Baby.“
„Dein Baby?“ Da war er schon wieder, dieser ungläubige Anflug von Bewunderung.
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Zähne und wünschte mir, ich wäre nicht rot geworden. Was war nur mit mir los?
Was war mit ihm los?
„Ich habe den Wagen zusammengeflickt“, sagte ich knapp. „Also fahre ich ihn auch.“
„Du hast ihn zusammengeflickt?“
Ich erstarrte im Schritt und drehte mich zu ihm um. Eine schwungvolle Bewegung, die mein zweiter Reservemantel brav mitmachte. Saul blieb ebenfalls stehen, absolut akkurat und ohne mich anzurempeln oder auch nur zu stolpern. Das Lichtergewitter schmeichelte seinem Gesicht, und in einem seiner Zöpfe funkelte Silber. Ich sah genauer hin – es waren die verbogenen Überreste des Armbands von Galina, das er sich genauso ins Haar gebunden hatte wie ich meine Amulette.
Unbeschreibliche Wut kochte in mir hoch. Ich drosselte sie und bemühte mich um einen gefassten Tonfall. „Pass auf. Ich weiß zwar nicht, was für ein Spiel du spielst, aber es reicht. Ich hab einen Job zu erledigen, und je weniger ich davon abgelenkt werde, desto weniger Menschen sterben. Ich will, dass dieser verfluchte Psycho und die verdammte Höllenbrut dingfest gemacht werden, und wenn möglich endgültig. Also, was auch immer du vorhast, hör auf. Ich hab dafür nun wirklich keine Zeit.“
Er musterte mich einige Sekunden lang mit unmenschlich tiefem Blick. Ganz anders als eine Höllenbrut. „Ich spiele kein Spiel.“
Was zum Teufel ist dann passiert? Oder gehört das zu irgendeiner obskuren Wer-Benimmregel, die mir fremd Ist? Ich jage euch nicht, ich kenne mich nicht aus mit euren Vorschriften. „Egal, lass es einfach.“ Das sollte ja wohl reichen. „Ich habe schon genug Ärger am Hals.“
„Ich will dir helfen.“ Schmollte er etwa? Er drehte den Kopf zur Seite und schaute auf das schlichte zweistöckige Naturdachhaus, um das die besten Polizisten von Santa Luz wuselten. „Da ist Harp.“
Typisch Wer – wegschauen und das Thema wechseln. Scheiße. „Fein. Komm mir einfach nicht in die Quere.“
„Hm.“ Das war weder Zustimmung noch Widerspruch, einfach nur ein Geräusch.
Verfluchte Werwesen und ihre scheißnichtssagenden Laute.
Ich wünschte, die Röte würde aus meinen Wangen verschwinden, atmete tief durch, schaute hoch und erblickte Harp, die mit in die Hüfte gestemmten Armen auf der Veranda stand. Sie sah angespannt und genervt aus, die Federn in ihrem geflochtenen Haar flatterten.
Na klasse. Ich duckte mich unter dem gelben Band hindurch und nickte dem uniformierten Beamten zu, der dort postiert war – Willie, die Maus, der zusammenzuckte, als er meinem Blick begegnete. Er griff sich mit der linken Hand an die rechte Schulter. Einmal hatte ein Trader ein Stück aus ihm herausgerissen, bevor ich ankam und dem Ganzen in einem Durcheinander aus Blut und Gebrüll ein Ende setzte – es stank widerlich nach gegrilltem Fleisch. Das Mehrfamilienhaus um uns herum hatte nämlich lichterloh gebrannt.
So viele meiner Erinnerungen sind durchzogen von Rauch.
Und Blut.
Als Saul mir folgte, senkte ich den Blick. „Er gehört zu mir, Willie.“ Ich redete leise und beruhigend. „Was
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