Daemonenmal
auf einmal um ihn geschlungen hatte. Sein Mund war offen und gierig, gleichzeitig aber auch irgendwie zurückhaltend, als überließe er mir, wie weit ich gehen wollte.
Er schmeckte nach Mondschein. Das Aroma von Whiskey schwappte von meiner Zunge auf seine und kam neu beladen zurück – mit einem Geschmack, den wir gemeinsam kreierten, eine Mischung aus meinem Atem und dem eines anderen.
Ich legte den Kopf in den Nacken. Sein Mund wanderte an meinem Kinn entlang, über meinen Hals und verharrte über meiner Schlagader. Das tiefe Knurren, das aus seiner Kehle drang, ließ die Flasche auf dem Tresen tanzen und das Holz ächzen. Meine Narbe hatte sich unter dem Kupfer zusammengezogen und glühte. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich unter dem T-Shirt absolut nackt war. Seine Hände waren weitergewandert, und ich konnte das raue Material seiner Jeans auf der Innenseite meines Schenkels spüren.
Ich erstarrte zur Salzsäule. Mein Atem wurde flach, stoppte schließlich ganz, und ich wartete darauf, dass es brutal wurde. Wartete auf den Schmerz, den festen Schlag einer Hand in meinem Gesicht. Darauf, zu Boden gedrückt und getreten zu werden, auf die Geräusche wilder Raserei. Rote und gelbe Flecken tanzten hinter meinen Augenlidern wirr durcheinander. Ich presste sie so fest aufeinander, dass es wehtat.
Selbst bei Michail war ich manchmal wie zu Eis gefroren, trotz all seiner Sanftheit und Rücksichtnahme.
Saul stockte nun ebenfalls, in abwartender Stille, die warmen Hände noch immer auf meinem Rücken und sein Gesicht an meinem Hals. Ich spürte das harte Piken eines Zahns, der direkt über meiner Halsschlagader verharrte.
Natürlich. Für einen Wer dürfte das die empfindlichste und erogenste Stelle sein – ein gewaltiger Vertrauensbeweis, ihn mit seinen Zähnen so nah an meine Kehle zu lassen.
Meine Finger in seinem seidigen Pelz waren wie aus Holz.
Ich hielt so lange wie möglich den Atem an. Er rührte sich nicht – bis ich endlich, mit einem leisen gequälten Laut, die Luft aus meinen Lungen entließ. Erstellte mich behutsam wieder auf den Boden, die Arme noch immer um mich gelegt und meine Wange an seine Brust geschmiegt. Das Brummen wurde lauter, ratterte durch meine Venen, lockerte meine Muskeln und beruhigte meinen Kopf, in dem die Panik tobte. Ich fühlte mich geborgen, so an ihn gelehnt, eine Sicherheit, die ich, soweit ich mich erinnern konnte, noch nie zuvor gespürt hatte.
Eine Sicherheit, die mir für meinen Geschmack ein wenig zu gut gefiel.
Nein. Viel zu gut. Er war nur ein Werbaby vom Land, der sich für was Besonderes hielt und meinte, alles besser zu wissen. Jemand, der auf mich herabsah wegen eines Geschäfts, das ich gemacht hatte, um eine bessere Kämpferin zu werden. Wenn er auch kein Feind war, ein Freund war er doch nicht.
Also warum hielt er mich dann fest? Warum war er mir den ganzen Tag lang auf Schritt und Tritt gefolgt, hatte mich im Auge behalten?
Er hatte mir mit meinem eigenen Messer das Leben gerettet.
Klares Denkvermögen kehrte zurück. Was zum Teufel ist hier eben passiert? Mein Herz trommelte gegen die Rippen wie ein Motor mit zu viel Energie. Herr im Himmel, was ist verdammt noch mal los? Werwesen machen doch … niemals tun sie … Ich …
Ich brachte es nicht mal fertig, einen Satz in meinem Kopf zu Ende zu führen.
Er spannte kurz die Arme an, drückte die Luft aus mir heraus. „Du ziehst dir jetzt was an“, sagte er schließlich, als wäre es beschlossene Sache. „Ich mache das Essen fertig. Du brauchst was im Magen.“ Er atmete noch einmal lange ein und ließ mich dann los.
Schnupperte an mir. Füllte seine Lungen mit mir, prägte sich meinen Duft ein. Werwesen taten das, um eine Fährte aufzunehmen, so viel wusste ich. Es war ein seltsam intimer Moment, und ich fragte mich, was es zu bedeuten hatte.
Ich zerbrach mir den Kopf nach einem coolen Spruch. Schließlich entschied ich mich fürs Stammeln. „Was zum Teufel …“
„Jill.“ Er schüttelte sich das Haar über die Augen und sah mich durchdringend an. „Geh und zieh dich um. Ich kümmere mich ums Abendessen.“
Bisher war ich mit Sturheit und Trotz immer gut gefahren -manchmal sogar zu gut. Aber diesmal verließ mich der Mut. Ich floh aus der Küche und eilte ins Schlafzimmer, und als ich dort ankam, fing das Telefon auf dem Nachttisch an zu klingeln.
Ich nahm ab. Lass das nur nicht wieder Perry sein. „Ja?“
„Kismet?“ Eine unbekannte Männerstimme. „Hier ist Clarke aus New York.
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