Daemonenmal
Wirf dich nicht gegen die Wände eines Refugiums. Der eingearbeitete Schutz reagiert automatisch, und die Reaktion ist … energisch, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Andere Schritte, leichtere, näherten sich mir in anscheinend lahmem Tempo verglichen mit dem trappelnden Galopp kleiner Dämonenfüße. Meine benommenen Ohren nahmen allmählich wieder Geräusche wahr. Regen prasselte auf meine Haut.
„… Oh Gott Jill bist du …“
Ich hab langsam echt die Schnauze voll davon, ständig durch die Gegend geschleudert zu werden. Ich schüttelte den Kopf. Warmes Blut sickerte mir aus den Ohren und rann meinen Hals hinunter, tropfte mir von der Nase. Ich blinzelte noch mehr Nässe aus den Augen. Dann setzte der Schmerz ein, überrollte mich wie eine Sturmflut, während mein Körper sich reparierte.
Diesmal schöpfe ich mein Kontingent bei Perry aber bis zum absolut Letzten aus. Dann kam mir ein anderer, leiser Gedanke: Ich wünschte, Saul wäre jetzt hier. Ich würde ihn gerne sehen.
Seit wann bitte war es so toll, einen selbstherrlichen Werbubi vom Land zu sehen? Seit er mich geküsst hatte? Oder seit dem Moment, als er geblieben war, um mir das Händchen zu halten, nachdem ich mich mit einem Entarteten gebalgt hatte?
Du hast ganz andere Sorgen, Jill. Steh auf und kämpfe. Davon verstehst du was, also fang endlich damit an.
Ich blinzelte und sah hoch. Galina hatte ihre heißen, sterblichen Finger auf meine Stirn gepresst. Es blitzte und donnerte. Um sie herum sprühte funkelnde Energie – sie zerteilte allen Ernstes ihren Refugiumszauber, um mich zu beschützen, während sich über uns die Nachwehen der Energie mit lautem Getöse entluden. In den niederfahrenden Blitzen öffneten sich Energie-Portale. Rauch stieg auf, und jetzt fing der Regen erst so richtig an niederzuprasseln.
Ich schaffte es aufzustehen. Auf Galina gestützt, die mich Schwergewicht – höllenbrutverstärktes Muskelpaket, bepackt mit Leder, Metall und Munition – halb zerrte, torkelte ich auf die andere Straßenseite hinüber. Es goss wie aus Eimern, und schon bald klebte uns das Haar am Kopf. Galina stieß die Tür zu ihrem Laden auf. Die Glöckchen über dem Eingang klingelten freudig, als sie mich in die Sicherheit ihres Zuhauses schleifte. Kurz vor ihrer Kasse brach ich neben einem Bücherschrank und einem Kerzenregal zusammen. Ich rollte mich ein wie zu einem Wollknäuel und beschloss auf der Stelle, die nächsten fünf Stunden mit Zittern und einigen Schlucken von ihrem Gewürzrum zu verbringen.
Leider wurde nichts daraus. Denn sobald ich mit geschlossenen Augen auf den Boden gesunken war und mir nichts sehnlicher wünschte, als die Welt eine Weile auszusperren, klimperten die Glöckchen ein weiteres Mal, und jemand betrat geräuschlos den Raum. Die Schutzschilde schlugen ein ansteigendes Sirren an: Energie, die nur darauf wartete loszubrechen.
Galina sprach mit einer Stimme, die so gewaltig war wie die Kirchenglocken einer uralten, rauchverhangenen Stadt, die den Morgen ankündigten. „Noch ein Schritt, Perikles, und du wirst heulend wieder zur Hölle fahren.“ Sie hielt inne, die schwere, statische Energie schien den Atem anzuhalten, ließ aber keinen Deut nach. „Und wo wir schon dabei sind, mach gefälligst die Tür zu.“
Perry schlang seine langen, blassen Finger um die dampfende Tasse. Pfefferminztee. Der aufsteigende Dampf nahm die Form von hageren, schreienden Gestalten an, bevor er sich auflöste. Galina tupfte mir das Blut von der Wange, während der Regen auf das Oberlicht donnerte. Ihr gewelltes Haar war zerzaust. Sie bewegte sich schnell und präzise wie ein Vogel. Ihre Halskette glitzerte hin und wieder, wenn die Schutzschilde ihre Intensität verlagerten.
Ich nahm noch einen Schluck Rum. Die Narbe an meinem Gelenk pochte. Perry ließ meine Kehle nicht aus den blauen Augen, und auf einmal war ich ungemein dankbar dafür, dass Galina ihn ans andere Ende des langen Kieferntisches in ihrer Küche gesetzt hatte.
„Die Werwesen haben seine Spur verloren.“ In seinen Worten lag ein grummelndes Donnern, und immer wieder lief ein Zittern über seine Haut, nur ganz kurz, wenn unter dieser kühlen, beinahe attraktiven menschlichen Hülle seine wahre Gestalt, welche auch immer, auf die gereizte Energie im Raum reagierte. Und trotzdem wagte es nicht einmal Perry, sich in einem Refugium danebenzubenehmen. Er saß brav und reglos genau da, wo Galina ihn hingesetzt hatte. „Er ist dem Rudel entkommen. Wie man hört,
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