Dämonisches Tattoo
nicht zu ihrer Familie gehörte, und jetzt sollte sie mit einem zusammenwohnen, den sie nicht einmal kannte.
Sie zuckte die Schultern. »Es ist eine Zweckgemeinschaft, nichts weiter.«
Seit sie ihren Waffenstillstand geschlossen hatten, war Chase tatsächlich freundlicher zu ihr gewesen.
Das sollte er auch, immerhin helfe ich ihm seinen Arsch zu retten.
Nachdem er erst einmal seine Arroganz beiseitegeschoben hatte, schien er gar kein so übler Kerl zu sein. Ihr gefiel der Sarkasmus, den er von Zeit zu Zeit durchschimmern ließ.
Versprechen Sie mir, dass es das letzte Mal ist, dass ich etwas mit Ihnen zu tun habe
, hatte er verlangt. Dass er in ihr nur die lästige Reporterin sah, die er so schnell wie möglich wieder loswerden wollte, hatte sie in ihrem Stolz gekränkt. Allerdings war ihr bewusst, dass sie sich das Bild, das er von ihr hatte, selbst zuschreiben musste.
Sie kehrte in die Küche zurück, um die restlichen Einkäufe wegzuräumen. Im Wal-Mart war sie jedes Mal fast gestorben vor Schreck, sobald jemand auch nur den Gang betreten hatte, in dem sie gerade war. Ständig hatte sie darauf gewartet, dass jemand mit dem Finger auf sie zeigen und »Das ist sie! Die entführte Frau!«, rufen würde. Sie hatte sich die Baseballkappe immer tiefer in die Stirn gezogen, das Gesicht den Regalen zugewandt und wäre am liebsten unsichtbar geworden. Der Einkauf war die Hölle gewesen, trotzdem hatte sie daran gedacht, nicht nur Lebensmittel und Badartikel zu kaufen, sondern auch zwei Einweg-Handys, die nirgendwo registriert werden mussten und deren Gesprächsguthaben zumindest für Notfälle ausreichen würde. Zu guter Letzt hatte sie die Dinge, um die Chase sie gebeten hatte, in den Einkaufswagen gepackt – unter anderem Magazine für die Glock.
Gott segne Amerika, das vermutlich einzige Land auf der Welt, in dem man einfach in einen WalMart marschieren und Munition kaufen kann.
Nicht dass der Kauf von Waffen wesentlich komplizierter gewesen wäre.
Fehlten nur noch Klamotten zum Wechseln. Sie setzte die Baseballkappe wieder auf, ging in die Garage, stieg in den Wagen und fuhr los. Da es in der Nähe nur kleinere Shops gab und sie sich nicht ins Stadtzentrum wagte, fuhr sie zur Pentagon City Mall nach Arlington. Es war ein sonniger, aber nicht sonderlich warmer Maitag. Aus der Klimaanlage blies ein eisiger Wind, der Kate veranlasste, die Jacke anzuziehen, die sie über dem Arm trug. Obwohl es erst früher Nachmittag war, herrschte bereits reger Betrieb, in erster Linie Teenies, die von Geschäft zu Geschäft schlenderten, Kaffee und Milkshakes tranken und sich von den Sonderangeboten in den Auslagen anlocken ließen. Die Musik, die aus den Läden drang, vermischte sich mit dem Gelächter und Gerede der Menschen. Der abgestandene Geruch der Klimaanlage, der sich in der Mall breitgemacht hatte, wurde von den verschiedenen Aromen überlagert, die aus den einzelnen Shops wehten. Süße Seifengerüche aus dem Body Shop wurden nach wenigen Schritten von fruchtigen Düften der Candle Factory und kurz darauf vom Geruch von Auntie Anns heißen Laugenbrezeln abgelöst. Aus den versteckten Lautsprechern schallte gedämpfte Musik, und auf einer der Veranstaltungsflächen im Zentrum des Shoppingkomplexes saßen die Stars einer Seifenoper, die Kate nicht einmal kannte, und gaben kreischenden Fans Autogramme und Küsschen. Zwei Fernsehteams und mehrere Reporter verfolgten das Geschehen und interviewten die Leute, die sich um den Tisch drängten, an dem die Schauspieler – abgeschirmt von ihren Bodyguards – saßen. Als Kate sah, dass einige ihrer Kollegen auch Leute ansprachen, die an dem Durcheinander vorbeigingen, machte sie kehrt und fuhr mit einer Rolltreppe in den ersten Stock. Von dort aus sah sie unter sich in der Menge einen dunklen Haarschopf, dessen blonde Strähnen so auffällig aus der Masse herausstachen, dass sie ihn überall erkannt hätte: Marc.
Mit einem unterdrückten Fluch wandte sie sich ab und ging weiter. Am liebsten wäre sie losgerannt, doch das hätte zu viel Aufmerksamkeit erweckt – im schlimmsten Fall die des Sicherheitsdienstes, der sie darauf hinweisen würde, dass Rennen und Rollschuhlaufen verboten war.
Wenn die mich erkennen …
Es war zu riskant. Kate zwang sich zu einem schnellen Tempo, von dem sie hoffte, sie würde damit als gestresste vierfache Mutter durchgehen, die schnell ihre Einkäufe erledigen musste, ehe die Kinder nach Hause kamen. Zweimal noch warf sie einen Blick nach unten,
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