Dämonisches Tattoo
sich länger als ein oder zwei Tage vor der Polizei zu verstecken, schon gar nicht, wenn er vorhatte nach D. C. zurückzukehren. Sie hatte ihm ihre Unterstützung versprochen und sie
wollte
ihm auch helfen – obwohl sie im Augenblick nicht sicher war, was sie tun konnte.
13
Frank Cassell saß in seinem Wagen und starrte aus dem Fenster, ohne viel von seiner Umgebung wahrzunehmen. Heute Morgen hatte er ein Urlaubsgesuch eingereicht und war nach Tombesdale Point, ins Reservat der Nidwaya-Indianer gefahren, eine feuchte, waldige Gegend, in der die Moskitos bereits zu dieser Jahreszeit eine Plage waren.
Joseph Quinns Tod war nie Teil seines Plans gewesen, trotzdem war er unvermeidlich, wenn er verhindern wollte, dass die Aussage des Indianers ihn hinter Gitter brachte, bevor er Chase in die Finger bekam. Unglücklicherweise schien der Indianer das ebenfalls zu ahnen, denn er war nicht in seinem Haus anzutreffen und ging auch nicht ans Telefon. Frank hatte den ganzen Tag am Rand der Zufahrtsstraße gewartet, den Wagen im Schatten einiger Ahornbäume geparkt, doch Quinn war nicht aufgetaucht.
Nach einer Stunde war er sicher gewesen, dass der Indianer sich nicht blicken lassen würde, allerdings hatte er darauf gebaut, dass Chase früher oder später auf der Suche nach dem einzigen Zeugen hier aufkreuzen würde. Doch auch diese Hoffnung war bisher vergebens geblieben.
Es war mittlerweile später Nachmittag, vom angrenzenden Fluss kroch die Feuchtigkeit herauf und breitete sich in dunstigen Schwaden zwischen den Bäumen aus. Der Wald verbreitete einen erdig-modrigen Geruch, der durch die Lüftungsschlitze ins Innere des Wagens drang und Frank an das Grab denken ließ, in dem Diana seit nunmehr drei Monaten lag, während ihr Mörder noch immer auf freiem Fuß war.
Obwohl er nicht glaubte, dass er hier heute noch etwas erreichte, fuhr er nicht nach Hause. Alles in ihm sträubte sich dagegen, an den Ort zurückzukehren, der ihn an sein Versagen erinnerte.
Chase war ihm entkommen, dabei hatte der Mann unter Drogen gestanden und war verletzt gewesen. Wer hätte auch damit gerechnet, dass diese verdammte Reporterin ausgerechnet an diesem Abend vor seinem Haus aufkreuzte? Hätte Chase nicht ihren Wagen gestohlen, läge er jetzt im Leichenschauhaus.
Zusammen mit dem Mörder meiner Frau.
Ihm war durchaus bewusst, dass er womöglich niemals erfahren würde, wer Diana umgebracht hatte. Das Wissen jedoch, dass derjenige starb, wenn Chase ins Gras biss, genügte ihm. Das Ritual hatte Chase’ Leben mit dem des Killers verbunden, es würde funktionieren, daran glaubte er mit jeder Faser seines Körpers.
Anfangs hatte er tatsächlich Mitleid mit Chase gehabt, immerhin waren sie Freunde gewesen, doch das war lange her und an manchen Tage erschien es Frank wie die Erinnerung an ein anderes Leben. Chase musste sterben, daran führte kein Weg vorbei. Er hatte versucht ein anderes Opfer zu finden, jemanden, der ihm nicht so nah stand. Doch niemand war bereit gewesen, den weiten Weg nach Richmond zu fahren. Stattdessen hatten sie ihm vorgeschlagen, das Bier in einer der Kneipen in Quantico zu trinken.
Mit Chase war alles so viel einfacher gewesen. Die bloße Andeutung, reden zu wollen, hatte genügt, um ihn nach Richmond zu locken. Den Indianer hatte er nicht lange überzeugen müssen. Ein wenig mehr Mühe hatte es gekostet, den Mann zum Bleiben zu bewegen, nachdem er erkannt hatte, dass Chase nicht aus freien Stücken an dem Ritual teilnehmen würde.
Es war alles bis ins letzte Detail vorbereitet gewesen. Die DNA-Proben aus der Asservatenkammer, Chase’ Fingerabdrücke darauf, der Anruf bei Munarez.
Glücklicherweise hatte er schnell gehandelt, denn nur wenig später hatte auch Chase bei Munarez angerufen. Ohne ihm seine Geschichte abzunehmen, hatte die Polizistin sogar versucht Chase hinzuhalten, bis die Streifenwagen vor Ort eintrafen. Beinahe hätte es gereicht.
Diese verdammte Reporterschlampe!
Seit Chase die Cops abgehängt hatte, war er untergetaucht und die Frau blieb verschwunden – lediglich ihr Wagen war vor einem Superstore in Woodbridge gefunden worden.
Was mit der Frau geschah, interessierte ihn nicht, er wollte nur Chase – und solange die Cops nach ihm fahndeten, würde er ihm früher oder später ins Netz gehen. Ein sauberer Schuss, das war alles, was er brauchte.
Sein Handy klingelte und riss ihn aus seinen Gedanken.
»Special Agent Cassell.«
»
Mierda!
Cassell, wo stecken Sie?«
»Auf dem Weg nach
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