Dämonisches Tattoo
Killer durfte nicht länger die Spielregeln bestimmen! Wenn er jedoch etwas daran ändern wollte, musste er lernen, die Kontrolle über die Verbindung zu übernehmen und ebenso bewusst in die Gedanken des Killers zu gelangen, wie dieser in seine eigenen gelangte. Er musste lernen, den Mann zu lenken und ihn dazu zu bringen, ihm durch seine Augen einen Überblick über die Umgebung zu verschaffen. Bisher war er nicht einmal imstande, die Verbindung aus eigener Kraft herzustellen. Dass es ihm beim allerersten Mal gelungen war, rechnete er eher dem Zufall zu, denn bei allen anderen Gelegenheiten war es der Killer gewesen, der entweder in seinen Kopf gedrungen war oder ihn in die Verbindung gezwungen hatte. Es war höchste Zeit, dass er lernte die Kontrolle zu übernehmen, statt sich weiterhin fremdbestimmen zu lassen.
Womöglich konnten ihm die Entspannungsübungen helfen, die Kate ihm gezeigt hatte. Er musste einen Weg finden, zu fokussieren und die Verbindung bewusst zu steuern.
Kate saß am Esstisch vor ihrem Laptop und machte sich einmal mehr Notizen für ihren Artikel. Davor hatten sie gemeinsam noch einmal nach dem Ritual gegoogelt, dabei jedoch nichts Neues gefunden. Als sie seinen Blick bemerkte, sah sie auf.
»Was gibt es?«
Er schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich dachte mir, ich könnte es noch einmal mit den Entspannungsübungen versuchen.«
»Gute Idee – falls es nicht klappt, bist du zumindest locker. Brauchst du Hilfe?«
»Ich denke, ich weiß noch ungefähr, was du mir gestern gesagt hast. Wenn ich nicht zurechtkomme oder mir die Füße einschlafen, erfährst du es als Erste.«
Kate nickte geistesabwesend, den Blick schon wieder auf den Bildschirm gerichtet. »Ich sichte so lange die Nachrichten, vielleicht ist ja was Interessantes dabei.«
Er rückte den Sessel zur Seite und ließ sich im Schneidersitz auf dem Teppich nieder. Die Handgelenke auf die Knie gelegt schloss er die Augen und konzentrierte sich auf seine Atmung. Das Klappern der Tastatur und das leise Klicken der Maustasten rückten immer weiter in den Hintergrund, bis er nichts anderes mehr vernahm als das Rauschen seines Blutes und das Wummern seines eigenen Herzschlags. Es würde funktionieren! Nicht mehr lange, dann hatte er seine innere Mitte gefunden und konnte damit beginnen, sich auf die Verbindung zu konzentrieren!
»Chase?«, riss Kate ihn aus seinen Gedanken.
Frustriert sah er auf. »Was?«
»Ich würde das Tattoo gerne dokumentieren.«
»Du meinst, mit Fotos?«
Sie nickte. »Wenn es dir nichts ausmacht.« Nicht dass er Gelegenheit gehabt hätte, zu widersprechen, denn noch bevor er überhaupt antworten konnte, hatte sie bereits ihre Digitalkamera in der Hand und stand vor ihm. Sie beugte sich zu ihm herab und zupfte an seinem T-Shirt. »Kannst du …?«
»Sicher.« Chase stand auf, zog das T-Shirt aus und drehte ihr den Rücken zu.
Kate holte hörbar Luft. »O mein Gott«, flüsterte sie.
Ihre Worte brachten sein Herz fast zum Stillstand. »Ist es schlimmer geworden?« Das war doch nicht möglich, seit gestern Nacht hatte es keine Verbindung mehr gegeben. Abgesehen davon war er davon überzeugt, dass er eine Veränderung gespürt hätte.
»Nein, es sieht noch aus wie gestern.« Eine Weile gab sie keinen Laut von sich. Sie war so still, dass lediglich ihr Atem, der über seinen Rücken strich, verriet, dass sie noch da war.
»Um ehrlich zu sein, es hat was«, sagte sie schließlich. »Ich weiß nicht genau, was es ist, aber es ist irgendwie … hübsch.« Sie kam noch näher und plötzlich spürte er ihre Hand auf seinem Rücken. Ihre Fingerspitzen fuhren über seine Haut und zeichneten die verschlungenen Ranken nach, die sich über die obere Hälfte seines Rückens zogen. »Es sieht so ursprünglich und natürlich aus, als wäre es ein Teil von dir.«
Nur dass es dummerweise ein Teil von ihm war, der ihn langsam auffraß. Zumindest äußerlich. Welche Veränderungen das Tattoo in ihm bewirkte, wollte er sich lieber nicht ausmalen. Die sanfte Berührung von Kates Fingerspitzen lenkte ihn jedoch von seinen finsteren Gedanken ab und jagte ihm einen angenehmen Schauder über den Rücken. Unwillkürlich fragte er sich, wie es sich erst anfühlen würde, ihre Hände überall auf sich zu spüren. Wie würde sie reagieren, wenn er sich jetzt herumdrehte und sie küsste?
Als hätte sie die Richtung erraten, die seine Gedanken einschlugen, zog sie die Hand zurück und fluchte.
Chase dreht sich zu ihr herum. »Was ist
Weitere Kostenlose Bücher