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Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Titel: Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schleich
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um das nicht immer spannungsfreie Miteinander von Altbayern und Franken zu drehen. Wir reden über Beutekunst in Form von Dürer-Bildern, über vor 200 Jahren nach München entführten Frankenwein, über fränkische Lederhosenphobien und rot-weiße Unabhängigkeitsbestrebungen, die von der Zentralregierung in München gnadenlos unterdrückt werden.
    Sind die Franken die Tibeter Bayerns?, fragen wir uns. Und wenn ja, wer ist dann ihr Dalai Lama? Und wo findet man ihn? Sitzt er, über einen Taschenrechner gebeugt, mechanisch ein staatsmännisches Lächeln übend, im Münchner Finanzministerium? Labt er sich als Barbara Lama (wer sagt denn, dass der Retter Frankens nicht weiblich sein kann?) im Schutz eines aufwendigen Kostüms unerkannt beim Veitshöchheimer Fasching an einem Schoppen Frankenwein?
    Wir vertiefen das Thema nicht weiter, denn uns ist längst ein ganz anderer Gedanke gekommen. Nix Tibeter. Die Franken sind … die bayerischen Chinesen! Natürlich: Ein bienenfleißiges und handwerklich geschicktes Volk, das alles perfekt nachbauen kann. So wie dieses fränkische Seenland hier. Oder die Fränkische Schweiz, eine landschaftliche Produktfälschung erster Kajüte. Und was kommt als Nächstes? Werden die Sonnenblumenfelder, die wir heute neben der Straße gesehen haben, demnächst zur fränkischen Türkei? Der Club zum fränkischen FC Bayern?
    Wie Schuppen fällt es uns von den Augen, während wir uns die zweite Halbe Oberpfälzer Importbier bestellen: Haben die Franken nicht vor ein paar Jahren sogar einen Ministerpräsidenten nachgebaut? Günther Beckstein – den fränkischen Landesvater für alle Bayern. Mit dem spitzbübischen Grinsen einer Fledermaus und einem pan-bajuwarischen Sprachmodul, das man extra für ihn entwickelt hatte. Fernab aller fränkischen Pe-, Be-, Te- und De-Verwechslungen sollte er klingen wie ein protestantischer Franz Josef Strauß: dieselben markigen Sprüche bei drastisch reduziertem Alkoholverbrauch. Aber »tas hat pei Künter Peckstein leiter nicht hinkehaun«. Offenbar hatten die fränkischen Präsidententüftler, wohl um ihrem Modell Beckstein ein härteres Image zu verleihen, auf sämtliche weichen Konsonanten verzichtet und mussten schon nach einem Jahr eine Rückrufaktion starten, obwohl man auf einen bayerischen Ministerpräsidenten normalerweise eine Garantie von zwei Legislaturperioden hat.
    Die Franken haben sich von diesem missglückten Prototyp freilich nicht entmutigen lassen und heimlich, still und leise ihr Ministerpräsidentenmodell Mark Two entwickelt. Das hätte der ganz große Wurf werden sollen: Herr Doktor zu Guttenberg, ein mit allen nur erdenklichen Extras ausgestatteter windschlüpfriger Politbolide aus Oberfranken, der aber leider trotz gegelter Stromlinienfrisur und speziell getuntem Charisma über das Stadium einer Design-Studie nie hinausgekommen ist.
    Jetzt bauen die Franken schon seit einigen Jahren am Ministerpräsidenten der dritten Generation, einem politischen SUV namens Markus Söder. Mit zuschaltbarem Karriere-Turbo, elektronischem Fettnäpfchenwarner und gesamtbayerischen Sympathiewerten, die auch die strengste Euro-Norm signifikant unterschreiten. Ob ausgerechnet er es bis zur Marktreife schafft, darf bezweifelt werden.

Ein Exkurs zum Sylvenstein
    von Thomas Merk
    Wo wir gerade bei der fränkischen Produktpiraterie sind: Natürlich hat auch das neue Fränkische Seenland einen oberbayerischen Vorgänger, den Sylvenstein-Stausee. Klar. Wir Oberbayern brauchen uns von unseren nördlichen Landsleuten in puncto Landschaftsverschandelung nichts vormachen lassen. So was können wir selber immer noch am besten. Und wir haben bei unserer künstlichen Landschaft nicht nur ein paar Meiler und Mühlen unter Wasser gesetzt wie die da droben am Brombachsee, wir haben gleich ein ganzes Dorf in den Fluten versinken lassen. Und das war nicht irgendein Dorf, sondern der Schauplatz von Ludwig Ganghofers Wilderermelodram Der Jäger von Fall , dem immer wieder verfilmten Urvater aller Heimatschmonzetten.
    Heute kann man die Grundmauern des berühmten Ortes nur noch bei Niedrigwasser erahnen, bei dem auch der Sylvenstein, ein einst von den Flößern gefürchteter Felsen, gelblich grün unterhalb der Faller Klammbrücke heraufschimmert. Die Brücke selbst ist der Beton gewordene Wunschtraum fortschrittsgläubiger Alpenstraßenseligkeit der 50er-Jahre. Unzählige Male fotografiert und auf Schwarz-Weiß-Postkarten verewigt, war sie für Generationen der leuchtende

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