Daisy Goodwin
Versuchung gewesen, noch mehr zu
nehmen, da der schlimmste Schmerz bald nachließ, aber sie wusste, dass viele
von den Mädchen ein Fläschchen unter der Matratze versteckt hielten. Eines der
Dienstmädchen hatte so viel genommen, dass sie vor Weihnachten ganz glasige
Augen und verschwitzte Hände hatte und ein vollständiges Teeservice auf den
Boden der Spülküche hatte fallen lassen. Ein ganzer Jahreslohn des Mädchens
betrug nur einen Bruchteil dessen, was das Teeservice wert war, deshalb war
sie entlassen worden. Als ihr Zimmer ausgeräumt wurde, hatten sie zehn Flaschen
von Hallstons' Hustenmedizin unter ihrer Matratze gefunden. Seitdem wurden alle
Medikamente im Giftschrank aufbewahrt.
Cora ging, auf Sybil gestützt, auf
und ab, als Bertha zurückkam. Sie zog die Nase kraus, als sie die Medizin
trank, aber schon nach wenigen Augenblicken sah Bertha, wie der Blick ihrer
Herrin trüb wurde. Sybil führte Cora zur Chaiselongue, und als sie lag,
lockerte Bertha die Bänder ihres Nachmittagskleides und öffnete die Knöpfe ihrer
Ziegenlederstiefeletten.
Als die
Wirkung des Äthers nachließ, bemerkte Cora, was ihre Zofe tat. «Bertha! Ich
möchte für meinen Mann schön sein, wenn er kommt. Darauf achtest du, ja?»
Bertha
lächelte. «Machen Sie sich da mal keine Sorgen, Miss Cora.»
Cora
streckte die Hand aus, um noch mehr Medizin zu bekommen.
Die Ankunft von Sir Julius aus London
ungefähr vier Stunden später bestätigte die Gerüchte, die im Dorf umgingen,
dass die Herzogin in den Wehen lag. Die Tonpfeifen-Raucher auf dem Dorfplatz
waren der Meinung, dass ein gesunder Junge langfristig in jedem Fall eine gute
Nachricht wäre, da sicher Geld darauf verwandt werden würde, die Ländereien
und Häuser zu erhalten, damit es für den Erben auch etwas zu erben geben würde.
Sie hatten alle von dem sagenhaften Reichtum der neuen Herzogin gehört, aber
bisher hatte dieser sich nicht darin niedergeschlagen, dass ihre Häuser
repariert, Gräben trockengelegt oder neue Hecken gepflanzt worden wären. Aber
vor allem ging es um die kurzfristigen Auswirkungen; man sprach über die Kleider,
die man zu dem Dinner tragen würde, das traditionellerweise für die
Dorfbewohner gegeben wurde, um die Geburt eines Erben des Herzogtums zu
feiern. Es gab Mütter, die überlegten, ob ihre Töchter wohl für die
Säuglingspflege eingestellt werden würden, Männer, die hofften, dass ihre Frau
als Amme beschäftigt werden würde. Weld, der Stationsvorsteher, nahm an, dass
bei der Taufe auch jemand aus dem Königshaus zugegen sein
werde, und dachte über den Blumenschmuck nach, während der Kirchenvorsteher
überlegte, welchem der Glöckner er die Ehre zuteilwerden lassen sollte, das
Ereignis zu verkünden.
Im Haus selbst waren die
Bediensteten hin und her gerissen zwischen den Aktivitäten, die für die
bevorstehende Ankunft des Herzogs vonnöten waren, und dem Bedürfnis, im
Dienstbotenzimmer über die Bedeutung jedes Wunsches nach heißem Wasser oder
sauberen Tüchern, der aus dem Schlafzimmer der Herzogin drang, zu spekulieren.
Die Diskussion blieb größtenteils theoretisch, da weder die Köchin noch Mrs.
Softley jemals ein Kind geboren hatten – der Titel Mrs. war ihnen ehrenhalber
verliehen worden – und die Dienstmädchen natürlich unverheiratet waren. Mr.
Bugler war mehr als einmal hereingekommen, um die Bediensteten daran zu
erinnern, dass ihr Herr jeden Moment erwartet wurde und im Musikzimmer immer
noch kein Feuer brannte.
Oben in den Räumen der Herzogin
wechselten sich ruhige Momente mit Schreien ab, die immer unbeherrschter
wurden, je näher der Abend kam. Die Schreie wären noch lauter gewesen, wenn Sir
Julius als eifriger Verfechter von Betäubungsmitteln unter der Geburt nicht
beträchtliche Mengen von Chloroform in seiner Arzttasche gehabt hätte. Er
glaubte nicht daran, dass körperliches Leiden ein notwendiger Bestandteil der
Geburt war – eine Strafe, die den Frauen auferlegt war, seit Eva die verbotene
Frucht probiert hatte –, und ebenso wenig taten es, seiner Erfahrung nach,
seine adeligen Patientinnen. Er war noch nie bei einer Geburt gewesen, bei der
eine Frau die segensvolle Erleichterung, die das Chloroform brachte, abgelehnt
hätte.
Die Wehen der Herzogin machten nur
langsam Fortschritte, aber bei der ersten Niederkunft war das nicht anders zu
erwarten. Etwas unwohl war ihm dabei, dass der Herzog nicht anwesend war.
Sollte es Schwierigkeiten geben, war es unabdingbar, dass der Ehemann
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