Daisy Goodwin
übermitteln Sie Ihrer Gnaden meine besten Grüße und sagen Sie ihr, dass
wir uns geehrt fühlen würden, wenn sie
das Postamt einmal besuchte. Es wäre mir eine Ehre, ihr den Telegraphen zu zeigen.
Es ist das neueste Modell, auch in der Stadt dürften sie nichts Besseres
haben.»
Bertha sagte: «Das mache ich, und
jetzt entschuldigen Sie mich bitte.» Und sie schlug mit der Gerte auf den breiten
Rücken des Esels. Wie kam dieser Mann nur darauf, dass Miss Cora sich für sein
Postamt interessierte? Vielleicht dachte er, es würde Geld dabei
herausspringen.
Sie fuhr die Straße entlang, die vom
Postamt zu den Toren des Schlosses führte. Sie hörte die
Glocken läuten – sie war seit eineinhalb Stunden fort. Sie hoffte, Miss Cora
kam zurecht. Sie gab dem Esel noch einmal
die Gerte. Ein paar hundert Yards vor sich sah sie einen Mann am Straßenrand
gehen. Er ging entschlossenen Schrittes mit hocherhobenem Kopf, ganz anders
als die alten Männer, die vor dem Pub herumschlurften. Er war gut gekleidet,
trug einen dunklen Rock und einen Bowler-Hut. Ihr kam ein wunderbarer Verdacht,
und sie zog an den Zügeln, damit der Esel schneller lief. Als die Entfernung
sich verringerte, spürte sie ein Glücksgefühl im Bauch, und das Blut schoss ihr
in die Wangen.
«Jim», rief sie, und ihre Stimme
überschlug sich vor Aufregung. Der Mann blieb stehen und drehte sich um. Einen
Moment lang
dachte sie, sie hätte sich getäuscht, er war so braun und sein Gesicht so viel schmaler, als sie es in
Erinnerung hatte. Aber dann nahm er seinen Hut ab und lief ihr entgegen. «Ich
habe gerade an dich gedacht», sagte er und lächelte. Er hatte neue Falten um
die Augen und den Mund, aber den Blick, den er ihr jetzt zuwarf, den
kannte sie. Sie lächelte und streckte die Hände aus.
Nach ein
paar Minuten sagte er: «Was für ein Glücksfall, dich hier auf der Straße zu
treffen. Ich habe auf dem ganzen Nachhauseweg überlegt, wie ich dich für mich
haben könnte.» Er war auf den Karren geklettert und setzte sich neben Bertha,
Bein an Bein, ihre Hände berührten sich, als sie die Zügel wieder aufnahm.
Er flüsterte ihr ins Ohr: «Warum
halten wir nicht im Wald, ehe wir zum Schloss weiterfahren? 0 Bertha, es ist so
schön, dich wiederzusehen.» Er legte seine Hand auf ihre, und sie spürte, wie
seine Berührung sie durchflutete. Sie lehnte sich an ihn und erlaubte ihm, die
Zügel zu nehmen. Er steuerte den Wagen in den Wald neben dem Park. Sie
beobachtete, wie er leichtfüßig hinabsprang und die Zügel um einen Baum
schlang. Seine Haut war viel dunkler geworden und sein Haar heller, aber sein
Gesichtsausdruck war noch derselbe, die blauen Augen leuchteten voller
Erwartung. Er reichte ihr die Hand, und sie zögerte eine Sekunde, sie dachte an
Coras blasses Gesicht, aber jetzt zog er sie hinunter, und in ihrem Kopf war
kein Platz für irgendetwas anderes als ihn.
Schließlich löste sie sich von ihm.
«Wir können nicht ... nicht jetzt.» Sie versuchte, ihn von sich wegzuschieben,
aber er beugte sich vor und küsste sie auf den Hals.
«Ich habe so lange darauf gewartet
...», sprach er ganz nah an ihrem Haar.
«Ich weiß, aber Miss Coras Baby
kommt, und es ist niemand bei ihr. Ich muss zurück.»
Aber Jim lockerte seinen Griff
nicht. «Bleib bei mir, Bertha. Sie hat einen Mann und ein Haus voller
Dienstboten. Ich habe nur dich. Du weißt nicht, wie sehr ich mich danach
gesehnt habe.» Sie spürte, wie seine Finger die Knöpfe ihres Kleides öffneten.
Sie entwand sich ihm und sah ihm
direkt in die Augen. «Aber der Herzog ist nicht da, und
sie möchte nicht, dass es jemand erfährt, bevor der Doktor kommt.»
Jim ließ von dem Versuch ab, die
winzigen Perlmuttknöpfe durch die kleinen Schlaufen zu bekommen.
«Der Herzog
ist nicht in Lulworth?», fragte er zögernd.
«Er hat ein Telegramm geschickt,
dass er heute Abend kommt. Soll das heißen, du dachtest, er wäre hier?» Bertha
wurde unruhig. Hatte Jim sich mit dem Herzog gestritten, vielleicht sogar seine
Stellung verloren?
«Ich dachte, er wäre hier. Als er
heute Morgen nicht kam, dachte ich, er hätte sich schon auf den Weg gemacht und
vergessen, nach mir zu schicken.» Er runzelte die Stirn. «Seine Gnaden wird
nicht erfreut sein, wenn er in den Club zurückkommt und feststellt, dass ich
alles gepackt und herbringen lassen habe. Aber jetzt kann ich es nicht mehr ändern.»
Er lächelte Bertha an. «Ich sage ihm einfach, dass ich es keinen Augenblick
länger ohne dich
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