Damals warst du still
infernalischen Gestank. So lag die Leiche bereits mehrere Tage in der Küche, bevor die zwei Polizisten gemeinsam mit dem Hausmeister die Wohnung betraten.
Die Wohnung bestand neben Küche und Bad aus drei Räumen, von denen zwei abgesperrt waren. Das einzige begehbare Zimmer befand sich in einem unbeschreiblichen Zustand. Das breite Ehebett war ungemacht, das schmuddelige Bettzeug lag teilweise auf dem Boden. Der Fernseher lief mit abgestelltem Ton. Vergammelte Pizzakartons lagen auf den beiden Nachttischchen rechts und links neben dem Bett und der Fensterbank gegenüber: Da war jemand wochenlang nicht einkaufen gewesen und hatte ständig den Pizzadienst bemüht. Überall lag verschmutzte Kleidung herum, Schuhe, Strümpfe, sogar einzelne Schmuckstücke. Der Kleiderschrank stand offen, war halb leer, und es sah aus, als hätte jemand im verbliebenen Rest der Kleidung herumgewühlt.
Die Polizisten und der Hausmeister begaben sich in die Küche, wo der Geruch sich ins Unerträgliche steigerte. Eine Frau, deren Gesicht so aufgequollen war, dass man seine Züge bereits nicht mehr erkennen konnte, lag rücklings wie gefällt auf dem grau-weiß geflammten Linoleum. Sie trug eine durch die Leichenflüssigkeit dunkel verfärbte Jogginghose und ein überweites T-Shirt, dessen ursprüngliche Farbe ebenfalls nicht mehr festzustellen war. Auch in der Küche stapelten sich alte Pizzakartons; in einer Pfanne befand sich etwas, das auf den ersten Blick aussah wie schwarze Spaghetti. Alles schien vor Schmutz zu starren.
»Scheiße«, sagte einer der beiden Polizisten.
»Fassen Sie bloß nichts an«, sagte der andere zu dem kreidebleichen Hausmeister. Der schüttelte stumm den Kopf. Um nichts in der Welt hätte er hier irgendetwas berührt.
Als sie die Wohnung zu seiner grenzenlosen Erleichterung wieder verließen, vorerst ohne die beiden verschlossenen Räume gewaltsam zu öffnen, fragte er den Größeren der beiden: »Habt ihr das öfter. Solche – äh – Vorfälle?«
»Klar.« Der Polizist war jung und blond und sah sehr gut aus, was in dieser Uniform eine echte Leistung war. Auch er war blass um die Nase, hielt sich aber bemerkenswert tapfer. Der andere war älter und dicker und schien sich von nichts mehr schockieren zu lassen.
Sie traten auf den Gang hinaus, und der Hausmeister lud sie hastig ein, zur Klärung der Einzelheiten (diesen Ausdruck hatte er sich sorgfältig zurechtgelegt) mit in seine Wohnung zu kommen – sie war zwar nicht aufgeräumt, und normalerweise wäre ihm das vor Fremden peinlich gewesen, aber nichts erwies sich im Moment so stark wie sein Wunsch, so schnell wie möglich diese Stätte des Grauens zu verlassen, ohne sich eine Blöße zu geben.
»Du bleibst hier«, sagte der Ältere zu dem Jüngeren. »Ich ruf Todesermittlung und Mordkommission an.«
»Okay«, sagte der andere mit wenig begeisterter Miene.
»Bis die kommen, rührst du dich hier nicht weg.«
»Nein. Weiß ich schon.«
Der Hausmeister stand bereits an der Treppe, als der Ältere endlich auf ihn zukam. Gemeinsam gingen sie die zwei Etagen hinunter ins Erdgeschoss. Es gab zwar einen Lift, aber der Hausmeister fürchtete, dass sein Magen selbst diese kurze Fahrt zur Rebellion nutzen würde.
»Möchten Sie einen Schnaps?«, fragte er den Polizisten, als sie glücklich in seinem Domizil angekommen waren.
»Nein. Danke. Aber Sie, trinken Sie ruhig einen. Sie haben’s bestimmt nötig.«
»Das können Sie laut sagen. Setzen Sie sich ruhig hin, ich bin gleich wieder da.« Er schlurfte in seine kleine Küche und holte sich eine Flasche Williamsbirne, sein Lieblingsgetränk, das er normalerweise nur an Feiertagen anrührte. Den heutigen Tag konnte man schwer als solchen bezeichnen, aber es war immerhin auch keiner wie jeder andere. So gesehen etwas Besonderes, das man auf irgendeine Weise zu würdigen hatte. Der Hausmeister hatte trotz seines Alters – er war neunundfünfzig – noch nie einen Toten gesehen, und seinetwegen hätte es so bleiben können, bis er selbst ins Gras beißen musste.
Er schenkte sich gleich in der Küche ein Glas ein, kippte es hinunter, atmete tief durch und nahm Flasche und Glas ins Wohnzimmer mit, wo der Polizist am Fenster stand und bereits eifrig in sein Telefon sprach. Das ging noch ein, zwei Minuten so, dann wandte er sich an den Hausmeister, der sich mittlerweile hingesetzt und sich das dritte Glas genehmigt hatte. Er war ein wenig betrunken, aber das war ihm ganz recht so, denn zumindest hatte sich
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