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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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Fabian misstrauisch wurde, schloss er ihn möglicherweise aus der Therapie aus, und dann war sein Auftrag für die MK 1 zu Ende. Er musste sich etwas ausdenken, und das musste hiebund stichfest sein.
    »Deine Eltern haben dich auf die Welt gebracht, sie haben ihr Möglichstes getan, dich zu erziehen. Sie haben einen Anspruch auf deinen Dank, du weißt das. Diese Maxime gilt in absolut jedem Fall. Bedanke dich bei ihnen. Verbeuge dich vor ihren Leistungen, sonst wirst du niemals frei sein.«
    Und sie standen immer noch auf ihren Positionen: Raschida als Großmutter, David als Vater, Sabine als Mutter, Hilmar als Helmut. Der echte Helmut, mutmaßte David, musste sich erst bei seinen Erzeugern bedanken, dann würde es Mittagessen geben.
    Verstohlen sah er auf die Uhr, die er hier eigentlich gar nicht haben dürfte. Alle anderen hatten ihre Uhren an der Garderobe abgelegt. Aber er war nicht bereit gewesen, so viel Kontrolle abzugeben.
    Sein Magen begann zu knurren. Immerhin konnte er diese Zeit, in der Fabian ausschließlich mit Helmut beschäftigt war, nutzen, um sich eine Familiengeschichte auszudenken.
    Aber KHK Seiler hatte Recht, er konnte sich keine komplette Story zusammenfantasieren, das schaffte nicht einmal er. Er musste sich an der Wahrheit entlanghangeln, aber dabei nicht zu viel erzählen. Und vor allem nichts über sein Verhältnis zu Danae. Danae war seine kleine Schwester, sonst nichts, sie war kein Thema, sie durfte keins sein. Es ging ihr gut, sie verstanden sich prima, aus.
    Sie nahm Heroin, es ging ihr schlecht und vielleicht war David daran schuld.
    Er durfte nicht daran denken, vor allem nicht heute Nachmittag. Danae war seine Leiche im Keller, aber er würde sie hübsch dort liegen lassen. Es würde ihm nicht schwer fallen. Er hatte es zu KHK Seiler gesagt: Er war gut darin, so zu tun als ob. Helmut bewegte sich auf ihn zu. Das auch noch!
    »Danke. Danke Papa, dass du alles getan hast, damit ich groß werde.«
    Helmuts verheultes Gesicht plötzlich direkt vor der Nase zu haben, das war wirklich schwer erträglich. David versuchte, ein Lächeln aufzusetzen. Helmut stank aus dem Mund, und Davids Nase war empfindlich. Hoffentlich war die Szene schnell vorbei.
    »Verbeuge dich vor deinem Vater », sagte Fabian, der hinter Helmut stand. Helmut verbeugte sich vor David, obwohl es ihn entsetzliche Überwindung zu kosten schien.
    »Schön«, sagte Fabian. »Wie ist das für dich?«
    »Gut«, sagte Helmut, was völlig unglaubwürdig klang, aber Fabian schien sich damit zufrieden zu geben. David wurde fast schlecht. Helmut stank nach Alkohol, halbverdautem Frühstück, kaltem Rauch.
    »Nun geh zu deiner Mutter. Sag ihr danke für alles, was sie für dich getan hat.«
    David atmete auf.
    Fünf Minuten später tapste die Gruppe im Gänsemarsch durch das angenehm kühle Haus auf die Terrasse, wo ihnen Roswitha Plessen vermutlich das Mittagessen servieren würde. David fühlte sich erschöpft wie nach einer langen Nacht, aber seine Nervosität ließ trotzdem nicht nach. Langsam schälte sich die Erkenntnis heraus, dass hier etwas nicht in Ordnung war, das nichts mit ihm und seinen Problemen zu tun hatte. Er sah sich vorsichtig um. Am liebsten hätte er sich von der Gruppe absentiert, um sich im Haus umzusehen, aber das war ausgeschlossen. Vielleicht würde es nach dem Mittagessen möglich sein, wenn er es sehr vorsichtig anstellte. Gestern hatte es nach dem Essen eine Pause von einer Stunde gegeben, die zur freien Verfügung stand. Man konnte im Garten spazieren gehen, nachdenken. Man durfte ins Haus zurück, aber nicht in den privaten Bereich, nur in den Gruppenraum und die Toilette daneben, und Davids Eindruck war, dass Fabian ein Auge darauf hatte, dass sich auch wirklich niemand in die Tabuzone wagte.
    Wie am Tag zuvor war der Tisch auf der angenehm schattigen Terrasse bereits gedeckt. Eine leichte Brise wehte durch den Garten. Etwas wird hier passieren, dachte David plötzlich. Er hob den Kopf wie ein Hund, der witterte. Seine Hände begannen ganz leicht zu zittern, wie immer, wenn etwas in der Luft lag. Er sah sich vorsichtig um, aber da war nichts Ungewöhnliches. Er konnte sich normalerweise auf seine Instinkte verlassen, aber diesmal, dachte er, konnte einfach nichts passieren, das Haus wurde schließlich überwacht; er hatte die zwei Streifenwagen heute früh vor dem Tor des Anwesens parken sehen.
    Zwei Streifenwagen waren andererseits nicht viel, wenn man die Größe des Areals bedachte.
    »Setzt

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