Damian
Erde. Ein ägyptischer Prinz, dessen Königreich ein Fluch der Verdammnis ist.“ Die letzten Worte klingen so zynisch und bitter, dass Rachel unwillkürlich zusammenzuckt.
Es ist still in Damians Arbeitszimmer. In Rachels Kopf herrscht das totale Chaos. Sie sitzt hier in London, im einundzwanzigsten Jahrhundert in einem Haus zusammen mit einem Mann, der ein Vampir ist und seit dreitausend Jahren lebt. Sie schüttelt immer wieder den Kopf, denn all das ist so unreal, so weit weg von allem, was man wissenschaftlich erklären kann. Sie ist Realistin und soeben wurde ihr gesamtes Weltbild, alles an das sie geglaubt hat, alle elementaren Regeln über den Haufen geworfen. Die Gedanken über das, was Damian ihr eben offenbart hat, kreisen so wild und ungeordnet durch ihren Kopf, dass ihr wieder schwindelig wird.
„Ich weiß nicht, was ich denken soll“, flüstert sie leise und ihrer Stimme kann man deutlich die Unsicherheit anhören.
„Bitte Rachel, alles was ich mir wünsche ist, dass Du mir eine Chance gibst. Ich möchte Dich nicht verlieren. Du bedeutest mir mehr als mein Leben. Ich habe wieder Hoffnung. Du bist die Frau, nach der ich mich so lange sehnte.“ Offener kann man seine Gefühle nicht preisgeben, denkt Damian. Aber Rachels Reaktion ist nicht die, die er sich erwünscht hat. Vehement schüttelt sie den Kopf.
„Nein. Ich kann das nicht. Ich weiß nicht…ich will nicht…Du, du bist nicht…natürlich. Du bist etwas…das es gar nicht geben dürfte…du bist kein Mensch. Du bist…tot.“ Heftige Weinkrämpfe schütteln sie nun und sie ringt nach Luft.
„Ich kann das nicht, ich will weg hier, ich will…“ Sie blickt auf, denn ihr Herz verkrampft sich plötzlich derart, dass sie glaubt, es bleibt jeden Moment stehen. Damian sah noch nie so enttäuscht aus. Aus tieftraurigen Augen sieht er sie deprimiert an.
„Dann war also alles umsonst. Dann liebst Du mich also nicht“, stellt er leise fest. Rachel kann die Tränen, die ihr unaufhörlich über die Wangen rinnen nicht mehr verbergen. Mit zitternder Stimme bittet sie Damian:
„Ich möchte nach Hause. Ich möchte, dass Du mich gehen lässt. Bitte!“ Damian senkt den Kopf. In ihm herrscht eine Leere, die kaum beschreibbar ist. Er hat sie verloren. Für immer. Er nickt ihr zu, ohne aufzusehen. Dann hört Rachel, wie die Tür entriegelt wird. Sie springt auf und rennt zur Tür.
„Ich werde Dir für morgen früh den ersten Flug in die Staaten buchen“, versichert er ihr leise. Rachel dreht sich nicht mehr zu ihm um, sondern rennt, als wären die Hundertschaften des Teufels hinter ihr her, die Treppe hinauf. Sie knallt die Schlafzimmertür hinter sich zu und verriegelt diese mehrfach.
Minutenlang sitzt Damian starr in seinem Sessel, unfähig auch nur zu blinzeln. Dann steht er plötzlich auf und geht zu seinem Schreibtisch. Er greift nach dem Telefon und wählt eine neunstellige Nummer. Nach mehrmaligem Klingeln wird endlich geantwortet.
„Ich brauche dringend Deine Hilfe“, ist alles, was er tonlos in den Hörer sagt. Dann legt er auf, setzt sich zurück in den Sessel und wartet.
Kapitel VI
Damian öffnet die Tür.
„Wir sind so schnell es geht gekommen. Was ist passiert?“ Luca steht vor ihm und hinter seinem Freund steht eine junge Frau. Sie ist vielleicht Anfang Dreißig, hat helles Haar und blaue Augen, so vermutet Damian. Er sieht sie fragend an. Die Frau tritt vor und reicht ihm die Hand:
„Samantha. Samantha DeMauriere“, stellt sie sich vor und schenkt ihm ein entwaffnend offenes Lächeln. Er tritt zur Seite und lässt seine Gäste eintreten. Es ist still in seinem Haus. Seit Rachel auf ihr Zimmer gestürmt ist, hört er sie jedoch weinen. Es bricht ihm das Herz, aber er sieht keine Möglichkeit zu ihr zu gehen und sie zu trösten. Was gäbe er dafür, sie in seinen Armen zu halten und ihr zu versichern, dass alles wieder gut wird. Aber für Rachel und ihn gibt es kein Happy End. Er hat sie verloren und muss nun sehen, dass er es ihr ermöglicht ein Leben ohne einen Gedanken oder eine Erinnerung an ihn zu leben.
Damian schließt die Haustür und geleitet seine Gäste in sein Arbeitszimmer. Während Sam und Luca sich setzen, geht Damian an den Glastisch links an der Wand hinter seinem Schreibtisch. Dort schenkt er sich ein Glas Brandy ein.
„Möchten sie auch?“, fragt er mit belegter Stimme und weist mit einem Kopfnicken auf Samantha.
„Nein, nein danke.“ Damian sieht zu Luca und dieser nickt stumm.
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