Damian
bewegen. Zudem hat sich eine unerträgliche Hitze seines Körpers bemächtigt. Er hat bereits kalt geduscht, was zur Folge hatte, dass er glaubt, noch mehr Hitze zu versprühen. Es ist ein Fieber, das ihn nicht zur Ruhe kommen lässt, das an ihm zerrt und ihn schüttelt. Er muss raus hier, er muss in die Nacht, der Jäger in ihm verlangt es. Aber er ist nicht hungrig. Also, was geht da in ihm vor? Wieder, hin zum Fenster, zurück zur Tür. Und wieder…immer wieder den gleichen Weg. Seine Haut glänzt von dem fiebrigen Schweiß, der sich gebildet hat. Sein Körper fühlt sich roh an, so als wäre ihm die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen worden. Er stöhnt leise auf, als erneut eine Welle unerträglicher Hitze ihn überrollt. Dann bleibt er abrupt stehen, lauscht erneut Rachels tiefen, gleichmäßigen Atemzügen. Plötzlich packt er sein Handy und seine Geldbörse und geht zurück ins Wohnzimmer. Noch einmal vergewissert er sich, dass es Rachel gut geht und sie friedlich schläft. Dann schließt er fest die Augen und konzentriert sich…
Ein dunkler Nebel umschließt ihn und scheint seinen Körper aufzulösen. Schließlich verschwimmt seine Gestalt und von einer Sekunde auf die andere verschwindet er aus dem Wohnbereich seiner Suite und materialisiert sich am anderen Ende der Stadt, dort wo die Armenviertel von Kairo sich inzwischen ausgedehnt haben. Er atmet tief die stickige Luft ein, die nach Abfall, Verwesung und körperlichen Ausscheidungen aller Art riecht. Er schaut nach oben, in den sternenklaren Himmel und versucht wieder zu Kräften zu kommen. Seine Gliedmaßen hängen schlaff an ihm herab, er hat Mühe aufrecht stehen zu bleiben. Früher konnte er von einem Ort zum nächten gelangen, ohne auch nur den Ansatz von Schwäche zu verspüren. Heute ist alles anders, wieder ein Zeichen, dass es mit ihm zu Ende geht. Seine Fähigkeiten und Kräfte schwinden, er hat immer größere Mühe sich nach einer so großen Anstrengung wie dem Teleportieren wieder zu erholen und zu alter Stärke zurückzufinden. In diesem Zustand befindet er sich in tödlicher Gefahr, also vermeidet er es, wann immer es geht. Aber er will Rachel nicht lange allein lassen. Er hat zunehmend das Gefühl, dass sie sich ohne ihn in Gefahr befinden könnte. Sein Körper fühlt sich immer noch glühend an und seine Bewegungen sind steif und ungelenk. Verdammt, Damian, reiß dich zusammen, fordert er sich selbst ungeduldig auf. Schließlich gelingt es ihm, einen Fuß vor den anderen zu setzen und nach wenigen Metern, in denen er sich zwischen den Lehm- und Holzhütten bewegt, findet sein Körper zu alter Geschmeidigkeit zurück. Er bleibt jedoch im Verborgenen, nutzt jeden dunklen Winkel, jeden Schatten und jede nicht einsehbare Stelle zwischen den Häusern, die sich ihm bietet. Und schließlich findet er sein Ziel, dass, wonach er gesucht hat. Lautlos schleicht er sich an, die Augen fokussiert auf den Körper der dort, hinter der Mauer in einer Nische steht. Keine Minute später steht er auch schon hinter dem Betroffenen. Langsam und absolut lautlos beugt er sich herab, um mit zischender Stimme zu sagen:
„Kein Glück heute Nacht?“ Die Person vor ihm wirbelt erschrocken herum und sticht mit einem Messer auf ihn ein, mitten in seinen Oberschenkel. Schmerzhaft verzieht Damian das Gesicht, um dann jedoch zu grollen:
„Früher war Deine Begrüßung weniger schmerzhaft.“ Ein Junge, vielleicht gerade zehn Jahre alt, wirft sich ihm entgegen.
„Großer Bruder!“, ruft er freudig, aber mit gesenkter Stimme aus.
„Hallo, Malik.“ Damian drückt den Jungen fest an sich und erwidert so die Umarmung. Den Schmerz in seinem Bein hat er inzwischen vergessen, denn die Wunde heilt bereits ab. Langsam entlässt Damian den zierlichen Jungen aus seinen Armen. Malik kommt auf seinen Füßen zum Stehen und schaut zu Damian empor. Die beiden lächeln sich an, wie zwei Freunde, die sich lange nicht gesehen haben.
„Wie geht es Dir, kleiner Bruder?“ Malik zuckt mit den Schultern.
„Ich komme zurecht.“ Damian betrachtet seinen jungen Freund aufmerksam.
„Du isst zu wenig“, stellt er besorgt fest. „Du bist blass, kalt und zu dünn“, tadelt er den Jungen mit den großen, traurigen Augen und den dunklen Locken.
„Und du glühst wie ein Präriefeuer“, gibt dieser trotzig zurück.
„Es ist nicht einfach für mich die richtigen Opfer zu finden. Ich kann sie nicht so verführen wie Du“, erklärt Malik mit kindlicher Stimme. Damian nickt
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