Damiano
Du hast die Wahlmöglichkeiten geschaffen, nicht ich.
Und diese hier – ist nicht gut. Wenn Partestrada das kommende halbe Jahrhundert in sattem Behagen dahindämmern soll, ehe es verfällt, mußt du von der Bildfläche verschwinden.«
Damiano beobachtete, wie der Rauch in schlangengleichen Fäden über den Waldboden kroch.
»Ich kann also nicht nach Hause zurückkehren?«
Der Teufel saß unbeweglich.
»Damit nicht genug. So wie es nicht genug war, Dante aus Florenz zu verbannen. Du mußt sterben«, erklärte der Satan ruhig.
Damianos Blick flog zu dem roten Gesicht, das ohne Ausdruck war.
»Sterben?«
»Ja, sterben. Und zwar bald. Du siehst also, Damiano, für dich springt bei diesem Handel nicht viel heraus, was meinst du?«
Damiano blieb vor Entsetzen der Mund offen.
»Wie bald?« flüsterte er und wiederholte schon wieder Worte, die Macchiata einst gesprochen hatte. »Wie bald ist bald?«
Ein gedehntes Lächeln spielte um die vollendet gemeißelten Lippen des Teufels, während er den zitternden Sterblichen betrachtete.
»Bald. Genau kann ich es nicht sagen. In einem Jahr vielleicht oder in zweien. Vielleicht auch schon heute nacht. Es steht jedenfalls fest, daß du es nicht zum weisen alten Mann bringen wirst, wenn du auf diesen törichten Handel eingehst.«
Und er beobachtete mit Genugtuung Damiano in seinem Dilemma.
Doch seine Freude währte nur kurz. Damiano hob nämlich den Kopf, sah dem Teufel in die Augen und nickte.
»Abgemacht.«
Die Miene des Teufels verfinsterte sich schlagartig, als seine ungeheure Wut die Maske freundlicher Gelassenheit zerriß.
»Was bildest du dir ein, Bursche? Mit theatralischen Gesten ist hier für dich nichts zu gewinnen! Der Anfang hat dich schon fallengelassen, und die Menschheit wird nie etwas von der Sache erfahren.«
Damiano legte beide Hände um seinen Kopf und rieb sein Gesicht an seinen Knien.
»Wie? Ja, aber ich werde alles wissen, Herr, und das ist immerhin etwas.«
Der Teufel sprang auf und schleuderte den Stuhl ins Nichts. Er spie vor Damiano auf den Waldboden, und ein Häufchen rauchender Asche blieb zurück.
»Du wirst alles wissen, Bursche? Wenn du in meiner Hand bist, wirst du nur das erfahren, was ich dir zu erfahren gestatte, mehr nicht. Du wirst einzig die Torheit deines Handelns auf ewig in Erinnerung haben.«
Damiano stand langsam auf.
»Aber ich weiß jetzt, wie die Sache steht, und das muß eben genug sein. Komm, Herr. Es war von Beginn an dein Pakt; halte dich jetzt daran. Soll ich mit Blut unterzeichnen?«
Die roten Nasenflügel zuckten, und der Teufel stierte Damiano mit kaum verhüllter Wut an.
»Nicht nötig, Damiano. Ich bekomme am Ende Blut genug. So sei es denn, du Narr. Ich gewähre dir deinen Pakt.« Der Teufel seufzte, und seine blassen Augen wurden schmal. »Geh den Weg zurück, den du gekommen bist. Das, was du auf der Straße siehst, wird dir deinen Weg zeigen.
Was nun die Frage angeht, was du tun sollst, so tu das, was dir am besten scheint. Setze jene Werkzeuge ein, die dir gegeben sind.«
Mit diesen Worten umhüllte sich der Satan wieder mit Gelassenheit als sei sie ein Mantel und verschwand.
Damiano zog seine Hände unter seinen Umhang und lehnte sich an einen Baum.
»Mir ist kalt«, sagte er ohne Ausdruck in der Stimme. »Und ich bin sehr müde.«
Doch der Vollmond und die neuen, ihm unvertrauten Kräfte ließen ihn nicht rasten. Der Stab, in dem sie gefangen waren, lag warm in seiner Hand. Er rannte stolpernd den steilen Hang zum See hinunter.
Ein Mondstrahl hielt Damiano auf. Er sah auf den Knauf seines Stabes. Da war etwas anders als zuvor.
In der Tat. Das Silber war schwarz geworden – schwarz wie Ruß. Und die Edelsteine, die den Knauf krönten, waren sechs kleine Gagatsplitter. Auch seine Kleidung hatte sich schwarz gefärbt; der Hermelin schimmerte wie die Finsternis.
»Er hat mir also seinen Stempel aufgedrückt, damit alle es sehen können«, flüsterte Damiano. Er sprach es laut aus, weil er es nicht gewöhnt war, allein zu sein. Angst und Entsetzen ließen das Blut in seinen Fingern erstarren. Er zog die Schultern bis zu den Ohren herauf. »Mutter Gottes, bewahre mich davor, noch anderen weh zu tun.«
Im grau-violetten Licht der Morgendämmerung erreichte er Ludica. Die Straßen waren verlassen, und Damiano eilte direkt zum Stall. Festelligambe wieherte leise, als er ihn witterte.
Von einem Stapel Stroh und Decken kam röchelndes Schnarchen. Damiano tippte den Stalljungen mit seinem
Weitere Kostenlose Bücher