Dan
Sofort!«
Der Steuermann zog den Steuerhebel zurück, und Maggie passte ihre Geschwindigkeit an. Als das Boot hielt, stoppte sie ebenfalls. In dem Moment rollte Quinn herum, und sie sahen, dass sein Mund mit Klebeband verschlossen war.
»Da rüber«, forderte Dan den Steuermann auf und wedelte mit der Waffe in Richtung des anderen Mannes. »Neben den da.«
Wenn sie beisammen standen, konnte er sie beide zugleich in Schach halten. Er kletterte über die Backbordreling und suchte sein Gleichgewicht, während die Jacht unter ihm nachgab. Erst dann schwang er sich auf das kleine Boot hinüber.
Die Waffe auf die beiden Männer gerichtet, half er mit der anderen Hand Quinn, der zu ihm aufblickte, Panik in den Augen – und voller Tränen. Rasende Wut stieg in Dan auf. Die Schweinehunde hatten sein Kind zum Weinen gebracht.
Hinter ihm war Maggie damit beschäftigt, die Jacht besser in Stellung zu bringen, damit sie Quinn herüberholen konnten. Mit seinen gefesselten Beinen konnte der Junge sich nicht richtig bewegen, und als Dan kurz hinter sich blickte, um zu prüfen, wie sie am besten an Bord der Jacht hinüberkämen, schrie Maggie auf und gleichzeitig warf sich jemand gegen ihn.
Ein Ächzen entfuhr ihm unter dem Aufprall, und er geriet aus dem Gleichgewicht, während Quinn über Bord ging und mit voller Wucht auf dem Wasser aufschlug.
»Er ist gefesselt!«, schrie Maggie. »Er wird ertrinken!«
Dan fuhr rechtzeitig herum, um seinen Ellbogen in das nächstbeste Gesicht zu rammen, doch der andere Mann warf sich bereits auf ihn und schlug ihm die Waffe aus der Hand, die quer über das Deck glitt. Dan versetzte ihm einen Tritt in den Bauch, doch der erste stand bereits wieder an der Pinne. Er legte den Gashebel um, sodass Dan rücklings umstürzte und über die Sitze rollte; die Waffe lag allerdings immer noch einen halben Meter zu weit weg.
Als er herumschnellte, sah er, dass Maggie gerade ansetze, ihrem Sohn ins Wasser hinterherzuspringen. Der Steuermann wendete das Boot, bis der Außenborder gefährlich nah über der Stelle lag, wo Quinn versunken war.
Mit einem Satz war Dan auf den Beinen und sprang in das schwarze, undurchdringliche Wasser, wo er sofort die Schulter des Jungen fand und packte. Gemeinsam sanken sie weiter nach unten.
Dan riss die Augen auf und erkannte gerade noch rechtzeitig die Gefahr, die von dem aufgewirbelten Wasser über ihnen ausging: die Propellerblätter des Außenborders hatten zu rotieren begonnen und drohten sie in Stücke zu reißen. Er griff durch Quinns gebundene Handgelenke und zog sie beide in die Tiefe. Unter größter Anstrengung brachte er den Jungen und sich unter den Rumpf und damit aus der Gefahrenzone heraus, während der kreisende Propeller über sie hinwegzog.
Binnen einer Sekunde war das Boot weg, und er schwamm mit Quinn nach oben, der spürbar panisch wurde. Sobald sie die Oberfläche durchbrachen, hörte er Maggie schreien und riss Quinn das Band vom Mund, damit er Luft holen konnte.
»Bleib bei mir, Quinn«, beschwor er den Jungen und zog ihn mit sich. »Bleib bei mir.«
Quinn nickte und ließ sich von Dan zum Heck der Jacht schleppen. Maggie öffnete die Absperrung zu einer kleinen Plattform und zog Quinn nach oben, während Dan ihn von unten mit Schwung in die Höhe beförderte.
Als das andere Boot in der Dunkelheit verschwunden war, sah Quinn Dan voller Dankbarkeit an. Sein Gesicht triefte vor Meerwasser und Tränen.
Dan ging in die Knie und schloss seinen Sohn zum ersten Mal fest in die Arme.
7
Maggie schaltete die Nachttischlampe aus, küsste Quinns zarte Wange und wünschte ihm flüsternd eine gute Nacht. Eine Stunde lang hatte sie an seiner Seite gesessen, ihn beruhigt und getröstet und so gut sie konnte seine Fragen beantwortet.
Sie hatte sich immer bemüht, ihn zur Ehrlichkeit zu erziehen, und kam sich jetzt wie eine Heuchlerin vor. Doch zu diesem Zeitpunkt, mitten in der Nacht, in seiner Verfassung, bei so vielen offenen Fragen konnte sie ohnehin nichts anderes tun, als ihm versichern, dass er in Sicherheit war und sie alles in ihrer Macht Stehende unternehmen würde, um diese Männer von ihm fernzuhalten.
Als sie in den Flur hinaustrat, entdeckte sie Dan in der Küche. Er stand im warmen Licht der Abzugshaube, am Leib nichts als eine Pyjamahose mit Tarnmuster, die so tief saß, dass man jeden seiner Muskeln bis hinunter zu den Hüften sehen konnte. Offenbar hatte er geduscht, denn sein Haar sah schon wieder feucht aus. Unbeweglich wie eine
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