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Dancing Jax - 01 - Auftakt

Dancing Jax - 01 - Auftakt

Titel: Dancing Jax - 01 - Auftakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Einmal mehr fragte er sich, was Barry wegen der verwelkenden Bouquets unternehmen würde. Dieses Problem würde er nicht der neuen Direktorin überlassen. Sicher wollte er das selbst regeln. Die Verantwortung für das Andenken all der Schüler, die bei der Katastrophe ums Leben gekommen waren, lag noch immer bei ihm.
    Martin schüttelte traurig den Kopf. Ohne Barry Milligan würde die Schule nicht mehr dieselbe sein. Innerhalb von nur sieben Tagen hatte sich alles so drastisch verändert.
    Er überlegte, was der Besuch von Carol und Paul beim Arzt wohl ergeben hatte. Für seinen Wahn musste es eine rationale und vernünftige Erklärung geben. Etwas anderes war schlicht nicht möglich.
    Bevor er das Gebäude betrat, ließ Martin den Blick über den Schulhof schweifen. Die Kinder, die darauf warteten, eingelassen zu werden, waren ungewöhnlich ruhig. Ihm fiel auf, dass inzwischen noch mehr Schüler ihre Jacken aufgeschnitten hatten. War überhaupt noch jemand übrig, der keine Spielkarte mit sich herumtrug? Zumindest konnte Martin niemanden ausmachen. Als er die Tür öffnete, wandten sich einige der Kids ihm zu. Ihre ausdruckslosen Mienen waren verstörend – fast gruselig.
    Martin war so in Gedanken wegen Pauls Zustand, dass er nicht bemerkte, wie still auch einige seiner Kollegen im Lehrerzimmer waren. Mrs Early tuschelte mit Miss Smyth, die sachte vor- und zurückschaukelte.
     
    Emma Taylor hatte beschlossen, heute nicht zur Schule zu gehen. Die anderen Kids waren ihr mittlerweile eindeutig zu unheimlich und übergeschnappt – außerdem hatte sie es satt, ständig aufzupassen, was sie tat, und sich auf die Zunge zu beißen, weil der Direktor sie unter Beobachtung hatte. Nebenbei stand an diesem Vormittag schon wieder eine Doppelstunde Mathe an. Wer auch immer sich diesen Stundenplan ausgedacht hatte, gehörte erschossen! Also beschloss sie, stattdessen ihrer Mutter mit der Mitleidstour zu kommen, und beklagte sich darüber, dass die Verbrennungen an ihren Beinen die reine Folter waren. Eingepackt in ihren Bademantel, verbrachte Emma einen gemütlichen Faulenzertag zu Hause, futterte so viel Toast, wie sie wollte, und lachte sich schlapp über Loose Women – eine Talkshow, in der sich weibliche »Prominente« über die »wirklich wichtigen« Ereignisse des Tages unterhielten. Es war eine herrliche, heile Welt, weit fort von dem bekloppten Irrsinn, der an ihrer Schule abging.
    Martins heutige erste Stunde war unheimlich. Die Neuntklässler saßen vollkommen aufrecht auf ihren Stühlen, ihre Augen waren beängstigend dunkel und starr. Ihre Lippen waren bekleckert und hatten eine merkwürdige Farbe. Jeder der Jugendlichen trug eine Spielkarte und benahm sich wie eine Schaufensterpuppe. Teilnahmslos lauschten sie Martins Worten und nahmen brav ihre Stifte zur Hand, als er es ihnen auftrug, und lösten schweigend Aufgaben. In all den Jahren, die er nun schon unterrichtete, hatte er so etwas noch nie erlebt. Nach zwanzig Minuten hielt er es nicht mehr aus.
    »Also, was haben diese Karten eigentlich zu bedeuten?«, fragte er ein blondes Mädchen mit der Kreuzzwei.
    Langsam blickte sie von ihrem Heft auf und berührte die Karte, die sie sich mit einer Sicherheitsnadel am Jackenaufschlag befestigt hatte. »Sie zeigen, zu welchem der Königlichen Häuser wir gehören«, erklärte sie.
    »Und sie erinnern uns daran«, ergänzte ein Junge, »wer wir wirklich sind, solange wir hier sein müssen, in dieser leeren Traumzeit.«
    »Und die Zahlen?«
    »Bezeichnen natürlich unseren Rang, unsere gesellschaftliche Stellung im Weißen Schloss«, antwortete das Mädchen voller Ungeduld, als wäre das eine selten dämliche Frage. »Ich bin nur eine niedere Küchenmagd im Südturm.«
    »Ihr geht ja voll und ganz in der Sache auf«, bemerkte Martin. »Aber warum suchst du dir nicht etwas Besseres aus als eine doofe Bedienstete? Das macht doch keinen Spaß.«
    »Das bin ich aber nun mal«, erwiderte das Mädchen.
    »Und dennoch hockst du jetzt hier in der Schule, ohne jedes Schloss weit und breit, und addierst.«
    »Wir haben keine Kontrolle über unsere Träume«, sagte das Mädchen bedauernd.
    »Und wir brauchen diese Pause, damit wir unser echtes Leben mit noch mehr Elan leben können – mit mehr Begeisterung!«, meldete sich ein zweiter Junge zu Wort.
    »Der Ismus sagt, dass man sich Sonnenschein nur mit Regen verdienen kann«, stimmte das Mädchen zu. »Und dieser Ort hier ist …«
    »Ein nasser Freitag in Felixstowe?«, schlug

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