Dancing Jax - 01 - Auftakt
diesen Ort nicht einmal erahnen. Auch Shiela hätte nie damit gerechnet. Als sie einen Schritt vorwärts machte, wäre sie um ein Haar gestürzt.
In dem Flachdach steckte etwas. Als sie nach unten schaute, erkannte sie die gewundenen Enden von vier Stahlbolzen, die in den Beton eingelassen waren.
Neugierig beobachtete der Ismus sie. »Für den leeren Thron«, erklärte er. »Hier soll er befestigt werden, auf diesem erhöhten Podium – um über den Hof unten zu thronen.«
»Und um auf den verbannten Prinzen zu warten, bis er zurückkommt, um sich draufzusetzen?«, fragte sie langsam.
Das schiefe Lächeln des Ismus wurde noch breiter.
»Und er wird derjenige sein, der die Dunkle Pforte von innen öffnet, richtig?«, fügte sie mit angsterfüllter Stimme hinzu.
»Meine liebe Labella.« Der Ismus lobte sie. »Wie klug du doch bist.«
»Ich heiße Shiela!«, fauchte sie ihn wütend an. »Ich bin nicht deine Labella. Verflucht noch mal! Schau dich an, schaut euch alle an! Ihr steckt doch vollständig in irgendeinem Massenwahn!«
Sie wirbelte herum. Jetzt reichte es. Das war endgültig zu viel für sie! Sie musste von hier verschwinden, zumindest musste sie versuchen, diesem Irrsinn zu entkommen. Doch als sie die Treppe hinunterwollte, versperrte Tommo ihr den Weg. Breitbeinig und mit verschränkten Armen stand er da und rührte sich nicht vom Fleck.
Shiela machte kehrt und wollte die andere Treppe nehmen, doch dort hatte sich Miller aufgebaut, um ihr den Fluchtweg abzuschneiden.
Die Gesichter der Harlekin-Priester waren ohne jede Regung. Während sie Shiela mit leeren Augen anstarrten, deuteten sie auf das rote Karo, das man ihnen auf die Wange tätowiert hatte, um ihr Missfallen auszudrücken. Shiela wich vor ihnen zurück – sie jagten ihr Angst ein.
»Lasst mich doch einfach gehen!«, bettelte sie. »Ich mache euch auch keinen Ärger. Ich erzähle keinem was.«
»Oh, aber das hast du doch bereits«, sagte der Ismus und trat ins Zentrum der vier Bolzen, wo schon bald der Thron angebracht werden würde. »Erst heute, während ich in Ipswich war, hast du dich fortgeschlichen, um mit jemandem zu reden. Mit wem nur, Mylady? Was hast du verraten?«
Shiela hörte, wie Queenies schadenfrohes Gelächter hinter Miller die Treppe heraufkam, und begriff, wer ihr gefolgt und sie verpfiffen hatte.
»Nur ein alter Lehrer von mir«, sagte sie hastig. »Ich habe ihm gar nichts erzählt, das schwöre ich!«
»Das glaube ich dir nicht.« Der Ismus schüttelte missbilligend den Kopf. »War das der Mann, mit dem du dich gestern auf dem Flohmarkt unterhalten hast?«
»Nein!«, log sie eindringlich.
»Also doch. Ich bin zutiefst gekränkt von deiner Auflehnung, Labella. Man hat mich auserwählt, um in Abwesenheit unseres großen Herrn zu regieren, und dennoch hörst du nicht auf, dich unablässig zu beschweren und dich gegen alles zu sträuben, was ich tue. Du weigerst dich sogar, die Heilige Schrift zu lesen! Das kann nicht länger toleriert werden. Du bist meine Gefährtin. Die geringeren Fürsten müssen zu dir aufblicken, wie sie auch zu mir aufblicken. Vor deinem fehlenden Glauben kann ich nicht länger die Augen verschließen.«
»Was hast du vor?« Shiela schwante Übles. »Nicht mal du bist verrückt genug, mir wehzutun!«
Der Ismus gab den Harlekinen ein Zeichen und beide traten vor, um Shiela zu ergreifen.
Die junge Frau schrie, aber ihr Widerstand war zwecklos – sie waren viel zu stark.
»Miller!«, flehte sie. »Ich bin’s doch, Shiela! Lass das! Tommo – hör damit auf! Bitte!«
»Sie können nicht sprechen«, erinnerte der Ismus sie. »Und diese Namen haben für sie ohnehin keine Bedeutung mehr.«
»Wenn du mich umbringst, wird dir die Polizei sofort auf die Spur kommen. Mit denen kannst du dieses bescheuerte Spielchen nicht spielen!«
Der Ismus sah sie gekränkt an. »Dich umbringen? Wie um alles in der Welt kommst du nur auf diese melodramatische Idee? Wenn ich irgendjemandes Tod wünsche, dann erledigt das der Meuchelmörder des Hofes für mich. Nein, meine liebste Labella, ich werde lediglich deine schönen Augen für die Welt der Dancing Jacks öffnen, damit du an meiner Seite regierst, und dann wird deine fehlgeleitete kleine Rebellion vergessen sein.«
Er schnippte mit den Fingern und Miller zog Shielas Kopf zurück. Die junge Frau schrie auf und versuchte erneut, sich loszureißen, aber es war hoffnungslos.
»Wo ist die Herzkönigin?«, fragte der Ismus.
Schnaufend kam Manda die Treppe
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