Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
seit das Buch rausgekommen ist und ich es einfach nicht kapiert habe. Glauben Sie mir, ganz bestimmt will keiner dringender nach Mooncaster als ich. Meine Ma hat mir ja schon so viel erzählt. Klingt echt spitze! Ich werde richtig schuften und alles geben, damit ich auch dahin komme. Ich tu alles, wirklich! Schauen Sie, was ich hab machen lassen, als ich erfahren hab, dass ich herkomme …« Sie öffnete den Reißverschluss ihrer Lederjacke und schob das knappe T-Shirt hoch, um das herzförmige rosa Strasspiercing in ihrem Nabel zu zeigen.
»Haben Sie das drauf?«, fragte sie Sam und drehte die Hüfte ins Sonnenlicht, damit das Piercing funkelte. »Passt super zu meinen Dolce Gabbanas, sehen Sie? Klar weiß ich noch nicht, wer ich bin, wenn ich erst mal im Schloss aufwache, aber ich hoffe doch stark, dass ich eine von den Herzen werde, weil ich die sooooo gerne mag. Das sind einfach die Schönsten! Aber ehrlich, eigentlich ist es mir egal – wirklich. Ich kann das hier ganz easy austauschen. Karos wären auch voll okay.« Sam hielt weiter auf sie drauf. Das Verhalten dieses Teenies war das bisher abgedrehteste. Sie plapperte ohne Punkt und Komma wild drauflos, ohne auch nur einen Atemzug lang das banale Geschnatter einzustellen. Sie feuerte eine Frage nach der anderen ab, die sie dann selbst beantwortete – und wenn doch mal eine Atempause entstand, meldete sich sofort ihre Mutter zu Wort. Je länger das so weiterging, desto besser, dachte sich Sam, denn Kate hatte die Gelegenheit genutzt, sich heimlich fortzustehlen.
Kate Kryzewski schaffte es ohne Probleme zu ihrem Mietwagen. Direkt davor war eine Reihe von mittelalterlich anmutenden Marktständen mit allerlei Leckereien aufgebaut. Diese Spectaculum-Szenerie war die perfekte Deckung, sodass das Auto von neugierigen Blicken vollständig abgeschirmt war.
Nachdem sie erst einmal drin saß, tippte Kate rasend schnell die explosive E-Mail, die Amerika und die UN zur Tat schreiten lassen würde.
»Dann bringen wir die Bombe also zum Platzen«, sagte sie und drückte auf Senden.
Doch da war kein Wi-Fi-Signal.
»Verbindung nicht möglich? Verflucht, Sam, dass du wieder recht haben musstest!«
Die Reporterin legte die Stirn in Falten und dachte ruhig nach. Vielleicht gab es an diesem Ort mitten im Nirgendwo ohnehin kein Netz. Sie kletterte auf den Fahrersitz hinüber und ließ den Wagen an. Sie würde ins nächste Dorf oder in die nächste Stadt fahren, so lange, bis ihr Laptop wenigstens einen Empfangsbalken anzeigte.
Kate warf einen Blick in den Rückspiegel, bevor sie ausparkte, und trat ruckartig auf die Bremse.
Während sie ihre Mail verfasst hatte, war direkt hinter ihr ein großer Leiterwagen voll Heuballen aufgetaucht, der sie vollkommen eingeparkt hatte.
»Unfassbar!«, grollte sie ungeduldig.
Ihr blieb nichts anderes übrig, als auszusteigen und dafür zu sorgen, dass der Leiterwagen weggerollt wurde. Doch weit und breit war kein Fahrer zu sehen – und keiner, den sie fragte, hatte beobachtet, wer ihn dort abgestellt hatte.
»Wahrscheinlich genehmigt sich der Fuhrmann gerade ein Bier«, meinte ein Pastetenverkäufer. »Fragt doch dort drüben am Bierstand einmal nach, holde Dame. Da tummelt sich schon eine ordentliche Schar.«
Kate schaute hinüber, aber der Stand war ihr zu nah am Ismus und dem Möchtegern-Prinzesschen, das ihn belagerte.
Sie ging zu dem Wagen zurück und stemmte sich dagegen, doch er bewegte sich keinen Zentimeter. Wie war er überhaupt hierhergekommen? Ohne ein Pferd, das ihn zog, war das gar nicht möglich. Kate rannte noch einmal zu dem Pastetenverkäufer – ein großer, stämmiger Mann mit massigen Unterarmen, der stark wie ein Ochse aussah.
»Hallo, ich noch mal«, sagte sie und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. »Ich habe mich gefragt – könnten Sie mir vielleicht einen Gefallen tun? Ich möchte den Fuhrmann nur ungern stören, wenn er gerade ein Bier trinkt. Aber wenn wir zu zweit anpacken, dann können wir diesen Leiterwagen ganz bestimmt so weit wegschieben, dass ich ausparken kann.«
Der Mann starrte sie verständnislos an. »Ich kann doch meine Pasteten nicht ohne Aufsicht lassen. Nicht, solange der Karobube sich in der Nähe herumtreibt. Der reißt sich alles klammheimlich unter den Nagel, sobald ich ihm auch nur den Rücken zukehre! Ich bitte vielmals um Verzeihung, Mylady, aber Ihr findet auf dem ganzen Markt keinen Krämer, der seine Waren verlässt, solange Langfinger Jack sein Unwesen
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