Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Flächen voller Heidekraut und Weideland. Sein Bild vom englischen Wald entsprang einzig und allein den Filmen über Robin Hood und König Artus – und einige davon waren nur Zeichentrick. Immerhin erinnerte sich Kate an einige Reiterhöfe, Hotels und Restaurants, auf die Sam sie unterwegs aufmerksam gemacht hatte. Die konnten sich doch ganz bestimmt nicht ohne Internetbuchungssysteme über Wasser halten, oder?
Sie brauchte zehn Minuten, bis sie eine Kreuzung erreichte, wo der Waldweg auf eine wesentlich breitere Straße stieß. Kate wusste noch, dass sie hier rechts abgebogen waren. Sie hielt sich dicht an den Bäumen, lief den Weg zurück, den sie gekommen waren, und wickelte den Laptop aus ihrer Jacke.
Noch immer kein Netz.
Leise fluchend eilte sie weiter.
Im Camp hinter ihr erschallte eine Fanfare, auf die schallender Applaus folgte. Kate überlegte, was das wohl zu bedeuten hatte – der Aufruf zu einer gemeinsamen Lesung oder eine Runde Pasteten aufs Haus? Sie hoffte, dass Sam genug Verstand hatte, sich während irgendwelcher Vorträge im Auto zu verschanzen. Vor ihrer Ankunft hier hatte sie ihm das wiederholt eingeschärft. Auch nur einen einzigen Satz aus diesem teuflischen Buch zu hören war riskant.
Plötzlich hielt sie inne und sah sich mit einem Ruck um. Sie vernahm das hastige Hufgetrappel von Pferden, von Menschen und das Johlen.
»Großer Gott«, hauchte sie. »Die haben wirklich völlig den Verstand verloren.«
Jetzt begriff sie, warum man in das Horn geblasen hatte. Es hatte den Beginn einer Jagd verkündet – man jagte sie.
Kate drückte den Laptop an sich und sprintete los. Sie war gut in Form – als Journalistin hatte man sonst keine Chance, ins Fernsehen zu kommen. Also ging sie dreimal die Woche ins Fitnessstudio und machte reichlich Kardiotraining: Rudermaschine, Fahrrad, Stepper und zum Schluss absolvierte sie eine halbe Stunde auf dem Laufband. Und wenn sie das mal nicht schaffte, ging sie joggen.
Sie musste von dieser Straße runter. Noch hatten die Reiter die Kreuzung nicht erreicht und Kate wollte außer Sicht sein, bevor sie auftauchten. Auf der anderen Straßenseite wuchsen die Bäume nur licht, dahinter befand sich offenes Heideland.
Kate flitzte hinüber und hechtete in das karge Wäldchen. In einiger Entfernung erspähte sie ein Auto, das in ihre Richtung zu fahren schien. Hoffentlich hatte der Fahrer sie nicht bemerkt oder würde zumindest angesichts einer Frau, die wie ein aufgescheuchtes Kaninchen über die Straße rannte, keinen Verdacht schöpfen. Eine wirklich lächerliche Hoffnung.
Ohne sich umzublicken, verschwand Kate zwischen den Bäumen und lief über die karge, gestrüppreiche Heide.
Das Pferd des Kreuzbuben trabte als Erstes auf die Hauptstraße. Er zügelte es und sah sich nach der flüchtigen Reporterin um. Schon waren auch die anderen Reiter bei ihm angelangt.
»Wo steckt sie?«, fragte die Pikdame. »Habt Ihr bemerkt, welchen Weg sie eingeschlagen hat?«
Jack schüttelte den Kopf. »Es ist angebracht, uns aufzuteilen«, wies er an. »Ihr kommt mit mir, wir schlagen den linken Pfad ein. Die anderen reiten dort hinüber!«
»Warum kann ich nicht mit Euch reiten?«, wollte die Herzdame wissen. »Mir gefällt der linke Pfad wesentlich besser.«
»Seid Ihr Euch sicher, dass es der Pfad ist, der Euch besser gefällt?«, fragte die Pikdame spitz.
Die Mädchen wechselten giftige Blicke.
Mittlerweile hatte das Auto sie erreicht. Es wurde langsamer und hielt schließlich an. Die Fahrerin, eine Frau Mitte fünfzig, die eine Kreuz-Fünf an der Jacke trug, stieg aus und fiel auf die Knie.
»Mylords, Myladys!«, rief sie, außer sich vor Freude. »Welch unermessliche Ehre, Euch hier anzutreffen – ausgerechnet hier, in diesem meinem grauen Traum! Ihr seid es wahrhaftig! Unsere geliebten Buben und Damen, direkt vor meinen Augen, hier an diesem richtigen Ort! Welch Segen!«
Die Pikdame grinste sie verächtlich an, während der Karobube sich zur Herzdame beugte und ihr etwas zuraunte. Beide brachen in Gelächter aus.
»Gute Frau«, sprach der Kreuzbube die Fahrerin mit einem charmanten Lächeln an. »Wir jagen eine Widersacherin des Heiligen Magus. Habt Ihr sie gesehen?«
Die Frau nickte eifrig. »Erst vor wenigen Augenblicken«, rief sie, glückselig, helfen zu können, und zeigte aufgeregt auf die Straße hinter sich. »Sie ist dort hinübergerannt und zwischen den Bäumen verschwunden!«
Nachdem der Kreuzbube ihr gedankt hatte, trieben die vier Dancing
Weitere Kostenlose Bücher