Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
damit hinunter. Er wollte den schalen Geschmack, den Geschmack des Widerwillens vor sich selbst vertreiben. Weshalb hatte er dieser Versuchung nur nicht widerstehen können? Würde er da je wieder herauskommen, aus diesem Sog, der ihn immer tiefer hinab zog? Bilder vermischten sich in seinem Kopf. Die tote Mia Gallert, dass hämische Lachen von Sandra, als sie die grausamen Bilder von der jungen, blutüberströmten Frau gesehen hatte. Der tote Volker Larsen, der völlig verstört war, seine Worte: „Sperren Sie die Irre ein. Sie ist an dem Tod meines kleinen Schmetterlings Schuld.“ Daneben seine kleine Jana, wie sie ihn aus einem leblos wirkenden Gesicht ansah. Die Fotos von den ganzen nackten Männern in der Schublade von Sandra, die diese Männer mit eben diesen Bildern erpresst hatte.
Trotzdem musste er mit ihr reden, dass endlich auf die eine oder andere Art klären. So fuhr er los.
Die Straßen waren heute erstaunlich leer, aber wahrscheinlich war das Wetter daran schuld. Der Wind hatte kleinere Zweige auf die Straße geweht. Der Sturm peitschte den heftigen Regen direkt gegen die Autoscheibe und die Scheibenwischer hatten Mühe, einigermaßen für klare Sicht zu sorgen.
Er fand keinen Parkplatz vor ihrem Haus und fluchte, überlegte kurz, einfach zurückzufahren. Nein, es musste sein, sagte er sich.
Völlig durchnässt stand er vor ihrer Wohnungstür, strich sich die nassen, tropfenden Haare aus dem Gesicht. Nochmals atmete er tief durch, setzte ein Lächeln auf, bevor er klingelte. Sie öffnete, starrte ihn an.
„Sandra, es tut mir leid wegen neulich Abends. Ich hatte den ganzen Tag Stress. Entschuldige!“
„Hau ab, du mieser Lügner. Was ziehst du eigentlich für ein linkes Spielchen mit mir ab und das auf den Rücken von meinen Kindern? Du bist doch nicht normal. Geh zu einem Psychologen, da so etwas krankhaft ist. Daniel, zum letzten Mal, lass mich, meine Kinder in Ruhe. Ich will dich nicht mehr, will nicht dein Geld. Du willst mich für eine miese Sache benutzen. Was planst du mit der Behrend? Für was soll ich danach meinen Kopf hinhalten?“
„Du spinnst. Ich habe mich von ihr getrennt, deinetwegen. Sandra, ich möchte mit dir und unseren Kindern allmählich ein neues Leben aufbauen.“
Sandra schaute ihn an, lachte schallend. „Sicher und in Afrika ist heute Muttertag. Verkauf den Schmus einer Frau, die blöd ist, aber nicht mir.“
„Lass mich bitte rein und wir reden.“
„Nein, du kommst nicht mehr in meine Wohnung. Willst du mir da etwas unterschieben? Wen habt ihr dieses Mal ermordet oder wen bestohlen? Ihr wollt mich irgendwie beseitigen, deswegen deine blöden Sprüche. Ich weiß zu viel von deiner Nutte und das gefällt der nicht. Sie hat Angst, dass sie für immer sitzt. Bei mehreren Morden aus Habgier ist das nämlich der Fall. Du hast schon einmal deswegen meine Wohnung durchsucht, weil du wissen wolltest, ob du etwas findest. Nur das lagert gewiss nicht hier. So blöd bin ich nicht. Jetzt hau ab.“
„Sandra warte bitte. Was meinst du? Hat das Keitler?“
„Du bist ein Idiot und ich werde dich wegen Stalking anzeigen, wenn du mich weiter belästigst. Grüß Jana!“ Schon knallte sie die Tür zu.
Zornig fuhr er nach Hause, verfluchte Sandra. Dieses billige Flittchen wagte es, dermaßen über seine kleine, niedliche Latina zu reden? Nein, so nicht. Die Larsen würde sich wundern. So nicht! Diese Braut war genauso verrückt, völlig bescheuert wie vor Jahren.
Er erhob sich, schluckte zwei Schlaftabletten und wenig später versank er in einen unruhigen Schlaf.
*
Am Samstagmorgen machte er sich sehr früh fertig, da er zum Geburtstag seiner Mutter fahren wollte, mit Sandra und den Kindern. Er musste sie ja irgendwann mit seinen Eltern bekannt machen, obwohl ihm davor graute. Den letzten Besuch vor einigen Wochen hatte er noch mit Jana gemacht und nun ...
Er hatte Sandra tagelang telefonisch beschwatzt, dass sie mitkam. Sie hatte sich geweigert, ihn in ihre Wohnung zu lassen, noch sich mit ihm zu treffen. Aber geldgierig, wie das Flittchen war, hatte sie schließlich eingewilligt.
Er atmete noch einmal tief durch, klingelte und sah erstaunt Sandra an, die ein dunkelblaues Kostüm gekleidet war. Sie trug dazu eine Bluse und Wildlederpumps. Sie wirkte wie eine seriöse Geschäftsfrau.
„Sind die Klamotten nicht ein wenig zu streng? Wo hast du denn so einen Plunder ausgebuddelt oder gabs das irgendwo bei der Altkleider- sammlung?“, blaffte er sie an, da er wütend war, dass sie
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