Danielle Steel
natürlich sein können, dass er gerade in dieser Zeit anrief. Ende September waren Kate und Joe bereits seit zwei Monaten wieder zusammen. Es war inzwischen selbstverständlich geworden … ganz so, als ob sie miteinander v erheiratet wären. Joe war bei ihr bereits heimisch geworden, sodass er beinahe ans Telefon gegangen wäre, als eines Abends Kates Mutter anrief. Kate konnte ihm den Hörer gerade noch aus der Hand reißen, bevor er etwas sagen konnte, und beide schauten sich entsetzt an, als ihnen klar wurde, dass um ein Haa r alles aufgeflog en wäre.
Jedes Wochenende machte Kate mit Joe einen Rundflug. Häufig ging sie auch mit ihm in die Fabrik. Er wollte ihre Meinung hören, und sie beriet ihn, so gut sie konnte. Die Angestellten kannten sie in zwischen ebenfalls gut. Erstaunlicherweise waren sie nie jemandem über den Weg gelaufen, wenn sie zum Essen ausgingen, eine Kinovorstellung besuchten o der einfach einen Spaziergang unternahmen. Das lag unter anderem daran, dass viele Leute den Sommer über die Stadt verlassen hatten. Doch auch nach dem Labor Day gab es keine zufälligen Begegnungen mit Bekannten, die vielleicht
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Verdacht hätten schöpfen können. Ihr Leben verlief angenehm ruhig.
Mitte Oktober rief Andy an und sprach voller Freude von seiner baldigen Rückkehr. Er war Kate sehr dankbar, dass sie sich niemals über ihre Situation beklagt hatte. Ihre Briefe waren wundervoll gewesen, und er verzehrte sich danach, sie und Reed endlich wieder zu sehen. Die Fo tos, die sie ihm geschickt hatte, hatten ihm viel Freude bereitet . Reed sah Kate noch ähnlicher als zuvor. Nur seine Haarfarbe war die seines Vaters. Die Prozesse, an denen Andy in Deutschland teilgenommen hatte, waren fast alle beendet. Doch nun konnte er es kaum erwarten, seine Arbeit abzuschließen und endlich nach Hause zurückzukehren.
Kate war am Boden zerstört. Abends saß sie stundenlang mit Joe in der Küche.
»Was sollen wir jetz t tun?«, fragte sie ratlos. Nun musste sie der Realität ins Auge blicken. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie solche Qualen gelitten. Einer von ihnen würde verletzt werden, aber wahrscheinlich würden alle ihren Teil abbekommen. Kate konnte die Entscheidung nicht länger hinauszögern. In wenigen Tagen mussten Joe und sie wissen, was sie wollten.
»Ich will dich heiraten, Kate«, sagte Joe ruhig. »Ich m öchte, dass du dich scheiden lässt. Du kannst nach R eno fahren und sechs Wochen lang dort bleiben. Ende des Jahres könnten wir schon Mann und Frau sein.«
Nie hatte Kate sich etwas anderes gewünscht. Doch nun musste sie Andys Leben zerstören, um ans Zi el zu gelangen. Das war hart und außerdem unfair. Andy hatte es nicht verdient. Was konnte er dafür, dass seine Frau erneut dem Char me von Joe Allbright erlegen war?
»Ich weiß nicht einmal, was ich ihm sagen soll.«
Kate fühlte sich elend, we nn sie nur daran dachte. Andys
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Eltern wäre n entsetzt, v on ihren eigenen ganz zu schweigen. Am schlimmsten wäre es natürlich für Andy selbst. Er ahnte nicht im entferntesten, was auf ihn zukam.
»Sag ihm die W ahrheit!«, riet Joe unverblümt. Für ihn war die Sache klar. Er hatte schließlich auch nicht eine solch schwierige Aufgabe zu erledigen wie Kate. »Wir haben doch keine andere Wahl, Kate. Sollen wir uns etwa wieder trennen? Ist es das, was du willst?«
Dies war tatsächlich die einzige Alternative, wenn sie nicht eine heimliche Affäre führen wollten. Kate wusste, dass der Druck und die Heuchelei sie auf Dauer krank machen würden. Joe stimmte ihr darin zu. Er wollte m it ihr leben, sie heiraten. Und er wollte mit Reed zusammen sein, und das konnte er nur, wenn Kate seine Frau war.
»Für Andy tut mir das alles sehr Leid«, gestand Joe, »doch er hat ein Recht auf die Wahrheit.«
»Ist es dir wirklich e rnst mit der Heira t, Joe?« Kate erinnerte sich an die Worte ihrer Mutter, und sie kannte ihn schließlich sehr gut. Joe lieb te seine Freiheit. Doch er liebte auch Kate. Jetzt war er beinahe vierzig J ahre alt. Kate gl aubte, da ss er nun doc h noch sesshaft werden und diesmal ihr gegenüber Verantwortung übernehmen wollte. Sie brauchte allerdings die Garantie, ehe sie Andy um die Scheidung bat. Abgesehen davon, dass er a m Boden zerstört wäre, sie zu verlieren, würde es ihm das Herz brechen, wenn er nicht mehr mit seinem Sohn zusamm enleben könnte.
»Es ist mein voller Ernst!«, antwortete Joe leidenschaftlich. »Die Zeit ist gekommen, Kate.«
Für sie war es
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