Danielle Steel
überzeugt.
»Woher weißt du das? Früher waren es seine Flugzeuge. Jetzt ist es die Firma … und die Flugzeuge. Wann kommst endlich du an die Reihe?«
Zwischen den Reisen, dachte Kate für sich, wenn Joe zu m üde war, um si ch mit ihr zu unterhalten, oder vor Erschöpfung keinen Schlaf fand, bevor er dann um vier Uhr m orgens ins
36 6
Büro ging. Seit zwei Monaten hatten sie nicht mehr miteinander geschlafen. Joe kam in seinem Zustand gar nicht auf die Idee, wenn er endlich einmal für ein paar Tage zu Hause war. Dabei wünschte er sich nichts m ehr als sinnliche, leidenschaftliche Nächte mit Kate und ein gemeinsames Aufwachen am Morgen danach, aber er hatte einfach keine Zeit dafür. Er musste tausend verschiedenen Aufgaben gleichzeitig gerecht werden.
»Du solltest endlich den Tatsachen in s Auge blicken, Kate. Du hast dir einen Kerl geangelt, der niemals für dich da sein wird, was auch geschieht. Er ist einfach nicht dazu fähig. Was glaubst du eigentlich, was er auf seinen Reisen ta tsächlich treibt? Manchmal wird auch er nicht auf eine Frau verzichten können. Er ist schließlich ein Mann!«
Kate spürte einen Stich in ihrem Herzen, obwohl sie im Grunde sicher war, dass Joe sie nicht betrog. Das war einfach ausgeschlossen. Zu dieser Sorte Mann gehörte Joe nicht. Seine Leidenschaft für die Fliegerei be herrschte ihn, und er arbeitete wie ein Besessener. Er dachte immerzu an sein Imperium. Das war seine Droge. Kate war davon überzeugt, dass er ihr in den Jahren, die sie nun miteinander verheiratet waren, treu gewesen war, so wie sie ihm.
Und doch hatte ihre Mutter Recht: Er war nie da, aus welchen Gründen auch immer. Und wenn es ihn doch einm al nach Hause verschlug, gab es jede Menge Probleme und immer wieder Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften. Ständig telefonierte er mit Mitarbeitern in Kalifornien und Europa, mit Geschäftspartnern in Tokio, mit Leuten im Weißen Haus und häufig mit Charles Lindbergh. Immerzu stahl irgendwer Joes Zeit. Alles schien wichtiger zu sein als Kate. Sie kam m eist erst ganz zuletzt an die Reihe. So war ihr Leben. Immer noch wollte sie mit Joe zusammen sein, doch er konnte ihr nicht geben, was sie brauchte. Er erwartete von sein er Frau, dass sie Rücksicht nahm. Meistens konnte er sich darauf verlassen. Kate liebte ihn und bewunderte ihn. Sie freute sich über seine Erfolge. Es war
36 7
alles sehr aufregend, doch oft war sie verletzt. Sie fühlte sich so einsam, obwohl sie versuchte, vernünftig zu sein. Und dafür hatte Joe kein Verständnis.
Eines Nachmittags versuchte sie, mit Joe darüber zu sprechen. Thanksgiving war vorüber, und er war wieder einmal zu Hause. Im Fernsehen lief ein Football -Spiel. Joe war erst am fr ühen Morgen eingetroffen und hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Er starrte auf den Bildschirm, trank ein Bier und versuchte sich zu entspannen. Nur selten hatte er dazu Gelegenheit.
»Mein Güte, Kate, fang doch nicht schon wieder davon an! Ich bin doch gerade erst nach Hause gekommen. Ich weiß, dass ich drei Wochen lang unterwegs war, und dass ich Thanksgiving bei deinen Eltern geschwänzt habe, aber ich musste mit den Briten über eine meiner Routen neu verhandeln.« Joe war vollkommen erledigt. Er musste sich dringend von den Strapazen erholen. Kates Vorhaltungen kamen ihm nicht gerade gelegen.
»Kann denn nicht ein anderer wenigstens ab und zu diese Verhandlungen übernehmen?«
Joe bildete sich ein, dass er sich persönlich um al les kümmern musste. Es war seine Firm a, er hatte sie aufgebaut, und tatsächlich war er besser als jeder andere. Sobald er sich einmischte und die Führung an sich zog, nahmen die Verhandlungen eine positive Wendung. Daran gab es keinen Zweifel. Er würde auf keinen Fall riskieren, d ass ein anderer zerstörte, was er geschaffen hatte.
»Kate, so bin ich nun einmal, das weißt du doch. Wenn du jemanden willst, der dir die ganze Zeit zu Füßen liegt, m usst du dir einen anderen Mann suchen.« Mit diesen Worten warf er die Bierflasche auf den Tisch. Das Bier ergoss sich in einem Schwall auf den Fußboden.
Kate rührte sich nicht. Sie hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Wenn er sie doch nur verstehen würde! Doch er hörte nicht einmal zu.
36 8
»Joe, begreifst du denn nicht? Ich will mit dir zusammen sein. Ich liebe dich. Und ich verstehe dich sehr wohl. Ich weiß, was du tun musst. Aber es ist sehr schwer für m ich …« Viel schwerer, als er sich vorstellen konnte. Doch je mehr sie
Weitere Kostenlose Bücher