Danielle Steel
entgegnete Joe mit ruhiger Stimme.
»Ich brauche dich aber hier, Joe! Es ist ohnehin schon alles so schwer für mich.« Die zurückliegenden Ereignisse ließen Kate noch immer keine Ruhe finden, obw ohl es ihr so gut ging wie seit Monaten nicht mehr. »Bitte lass mich nicht allein!« Sie flehte ihn an. All ihre Ängste aus ihrer Kindheit waren plötzlich wieder präsent. Der Selbstmord ihres Vaters ha tte ihr gesamtes Leben geprägt. Doch Joe konnte es nicht ändern: Er m usste nach Japan. Und er erwartete, dass Kate V erständnis dafür aufbrachte. »Was hältst du davon, wenn du einfach mitkommst?« Eine andere Möglichkeit sah er in diesem Augenblick nicht. Doch Kate schüttelte den Kopf. »Ich kann doch die Kinder nicht an Thanksgiving allein lassen. W as sollen sie denn denken?«
»Sie werden verstehen, dass wir beide auch mal allein etwas unternehmen wollen. Schick sie doch zu den Scotts!«
Aber Kate war nicht damit einverstanden. Sie wollte Thanksgiving zu Hause mit ihren Kindern und ihrem M ann verbringen. Verzweifelt versuchte sie, ihn von der Reise abzubringen. Aber Joe musste fort, und zudem fand er seinen Vorschlag hervorragend.
»In einer Woche bin ic h ja wieder da, gleichg ültig was d ort vor sich geht.«
Kate ließ sich nicht besänftigen. Wieder stand die Firma an erster Stelle, und sie selbst musste zurückstecken. Am Morgen seiner Abreise warf sie sich schluchzend aufs Bett.
»Kate, mach es mir doch nicht so schwer! Ic h will ja auch nicht weg. Aber ich habe keine andere Wahl. Ich hab’s dir doch oft genug erklärt. Es ist nicht fair, dass du mir deswegen Schuldgefühle einredest. Lass uns stattdessen gem einsam da für
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sorgen, dass sich doch noch alles zum Guten wendet.« Kate nickte und schniefte. Zum Abschied küsste sie Joe. Sie hätte gern Verständnis aufgebracht, doch sie konnte nicht. Ihre Verzweiflung war übermächtig. Er hatte sie immerhin gebeten, ihn zu begleiten, doch das war unmöglich. Stattdessen fuhr sie mit den Kindern doch noch nach Boston.
Es stellte sich heraus, d ass Joe zwei Wochen in Japan bleiben musste. Auf dem Hei mweg verzichtete er zwar auf den üblichen Zwischenstopp in Kalifornien, doch als er nach Hause kam , war Kate äußerst reserviert.
Während der zwei Wochen, in denen er fort war, hatte Elizabeth ihre Tochter ins Gebet genommen. Sie wurde nicht müde, Kate Joes schlechten Charakter vorzuhalten. Immer wieder sagte sie, dass er nicht g ut für sie sei, da er sich überhaupt nicht um sie kümm ere. Elizabeth konnte Joe nicht verzeihen, dass er erst fünf Tage nach dem Unfall an Kates Krankenbett erschienen war. Schon früher hatte sie ihn verabscheut, weil e r s ich geweiger t hatte, Kate z u heir aten. Und als er schließlich dazu bereit gewesen war, war Andy Scott der Leidtragende gewesen. Elizabeth hatte Andy sehr gern gehabt, und sie verstand es, Kate zu beeinflussen. Innerhalb von zwei Wochen war Kate wie verwandelt. Und nun, als Joe wieder da war, wechselte sie kaum ein W ort mit ihm.
Er passte sich an und machte keinen Versuch, mit Kate über ihre Probleme zu reden. Er war es leid, m it ihr zu diskutieren. Am Abend seiner Rückkehr spielte er m it den Kindern und nahm sich, als sie schließlich im Bett waren, ein Buch. Kate sollte sich erst einmal wieder beruhigen. Joe wusste, dass sie manchmal Zeit brauchte, um sich wieder an ihn zu gewöhnen. Joe begann, Kate von Japan zu erzählen. Manchmal ignorierte er ihre schlechte Stimmung und erzählte einfach drauflos. Das fiel ihm am diesem Abend nicht leicht, denn er war müde nach dem langen Flug. Doch er versuchte, so geduldig wie nur
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möglich zu sein. Es s ollte nicht wieder alles so werden wie während der Monate vor seiner Japanreise. Kate hatte sich bereits auf dem Weg der Besserung befunden, und das wollte er nicht aufs Spiel setz en. Doch durch seine Abwesenheit an den Feiertagen hatte er sich einiges verscherzt. Die Feiertage bedeuteten Kate und ihrer Familie sehr viel. Er selbst hatte das wie immer nicht so wichtig genommen. Die Geschäftsreise hatte sich eben nicht verschieben lassen. Für Kate war es ein Schlag ins Gesicht gewesen und, was noch schlimmer war, ein Zeichen seiner mangelnden Liebe zu ihr. Elizabeth hatte nichts unversucht gelassen, ihre Tochter zu genau dieser Überzeugung zu bringen.
In den folgenden Tagen beruhigten sich die Dinge ein wenig, denn Joe blieb für zwei Wochen zu Hause. Gemeinsam m it Stevie und Reed kauften Kate und Joe einen Weihnachtsbaum und
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