Danielle Steel
entsprach seine Arbeit genau seinen Bedürfnissen. Er liebte es, um di e Welt zu reisen, nach Tokio, Hongkong, Madrid, Paris, London, Rom, Mailand und Los Angeles. Selbst wenn Kate ihn begleitet hätte, wäre er nie länger als ein paar Tage an einem Ort geblieben. Sie war einige Male mit ihm ge reist, doch dann saß sie lediglich in irgendeinem Hotel und wartete darauf, dass er nach seinen Terminen wieder zu ihr stieß. Da war es doch sinnvoller, wenn sie zu Hause bei den Kindern blieb.
Wann immer Kate das Thema anschnitt, wurde Joe
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ungehalten. Sie liebte ihn mehr als jem als zuvor, doch die vergangenen beiden Jahre hatten von beiden ihren Tribut gefordert. Der Unfall hatte eine tief e Kluf t zwischen ihnen verursacht. Zwar hatten sie wieder zueinander gefunden, doch der alte Funke war erloschen. Kate war dreiunddreißig Jahre alt und teilte ihr Leben mit einem Mann, den sie so gut wie nie zu Gesicht bekam. Er war fünf undvierzig und auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Kate wusste, dass noch viele Jahre vor ihnen lagen, und dass es noch schlimmer werden konnte. Joe hatte der Luftfahrt neue Horizonte erschlossen, er erweiterte ständig das Routennetz, entwickelte immer großartigere Flugzeuge, und er schien immer weniger Zeit für Kate zu haben. Sie wollte sich eigentlich nicht mehr darüber beklagen, aber drei gemeinsame Wochen innerhalb eines halben J ahres waren doch entschieden zu wenig.
»Ich möchte mit dir zusammen sein, Joe«, sagte Kate traurig, als Joe im Juni für einige Tage zu Hause war. Diese Leier war ihm nur allzu vertraut. Kate hätte sich gern auf einen Kompromiss eingelassen, we nn sie doch nur mehr Zeit miteinander hätten verbringen können! Doch Joe war wie so oft mit anderen Dingen beschäftigt und lehnte jede Diskussion ab. Die Geschäfte forderten seine ganze Kraft, und er fühlte sich blendend angesichts neuer Herausforderungen. Am folgenden Tag würde er nach London fliegen. Er verschwieg Kate, dass er für den Rest des Jahres noch mehr unterwegs sein würde. Beide hatten keine Kraft mehr für Auseinandersetzungen.
Sie mussten jeder für sich die Situation akzeptieren. Während der sechzehn Jahre, die sie sich nun kannten, hatten sie kaum die Gelegenheit gehabt, etwas Gemeinsames aufzubauen. Joe hatte es aufgegeben, Kate an seinen Projekten teilhaben zu lassen. Die Kinder waren noch klein und brauchten ihre Mutter. Daher wollte Kate sie n icht allein lassen. Das würde sich in den nächsten fünfzehn Jahren wohl kaum ändern, das war Joe bewusst. Der Spagat zwischen Job u nd Familie würde ihm also
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weiterhin nicht erspart bleiben. Kate und Joe gingen getrennte Wege, und so sehr sich beide bemühten, die meiste Zeit über waren sie weit voneinander entfernt.
Im Juli flog Kate m it den Kindern nach Kalifornien, um dort einige Tage in Joes Nähe zu sein. Kate besuchte Disneyland mit ihnen, und Joe nahm sie in eine m fa ntastischen neuen Flugzeug mit, das soeben erst f ertig gestellt worden war. Doch kurz darauf wurde Joe in einer dringenden Angelegenheit nach Hongkong gerufen. Von dort aus würde er direkt nach London fliegen. Kate fuhr mit den Kindern zum Ca pe. Und Joe ließ sich dort den ganzen Sommer über nicht blicken. Er konnte Elizabeth nicht mehr ertragen und erklärte Kate unverblümt, dass er nicht daran dachte, jemals wieder nach Cape Cod zu fahren. Kate kehrte früher als gewöhnlich nach New York zurück, weil ihr Vater sehr krank geworden war.
Joe war ununterbrochen unterwegs, und erst Mitte September sahen er und Kate sich wieder. Joe wollte f ür drei Wochen in New York bleiben. Als Kate ihn sah, wusste sie sofort, dass irgendetwas passiert war. Zuerst dachte sie an eine andere Frau, doch nach einer Woche erkannte sie, dass es etwas viel Schlimmeres war. Joe konnte sich beruflich nicht so entwickeln, wie er es sich wünschte, und sich gleichzeitig um Kate kümmern. Er hatte sich endgültig entschlossen zu fliehen. Der Preis für seine Liebe zu ihr war einfach zu hoch.
Seine Karriere war sehr steil gewesen. Seine Flugzeuge wurden mittlerweile a uf der gan zen Welt eingesetzt. Die Fluggesellschaft, die er elf Jahre zuvor gegr ündet hatte, war die größte und erfolgreichste ihrer Art. Joe wurde von den wachsenden Aufgaben geradezu verschlungen. Er wusste, dass er nun zwischen der Welt, die er für sich selbst geschaffen hatte, und Kates Welt wählen musste. Als Kate das in seinen Augen las, spürte sie einen eisigen Hauch. Am bitterste n war, dass sie
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