Danielle Steel
vernommen hatte, hatte sie nicht gerechnet.
»Was hast du gesagt?« Ihr schien, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. Die ganze Welt geriet aus den Fugen. Die Worte, die sie soeben gehört hatte, konnte er unmöglich gesagt haben. Und doch war es so.
»Ich habe gesagt, dass ich dich verlassen werde.« Joe wandte den Blick ab, doch Kate starrte ihn unverwandt an. »Ich kann nicht mehr.« Dann schaute er ihr gerade in die Augen, und ihr Gesichtsausdruck ließ ihn schaudern. Es war wie damals im Krankenhaus in Connecticut, als sie begriff, dass sie die Zwillinge verloren hatte. Wahrscheinlich hatte sie genauso ausgesehen, als sie vor langen Jahren erfuhr, dass ihr Vater sich umgebracht hatte. In ihrem Blick standen vollkommene Verzweiflung und tiefste Verlorenheit geschrieben.
Schuldgefühle drohten Joe zu überwältigen. Wie konnte er Kate nur so etwas antu n? Doch gleichzeitig zo g es ihn von ihr fort.
»Warum?« Nur dieses eine W ort brachte Kate über die Lippen. Es schien ihr, als habe sie soeben ein Schlag getrof fen. Joe hatte ihr das Herz aus der Brust gerissen und es achtlos auf den Boden geworfen. Kate bekam ka um noch Luft. »W arum tust du das? Hast du eine andere? « D och bevor Joe antwortete, wusste sie bereits, dass es vollkommen andere Ursachen hatte. Es ging um ein Leben, das er nun einmal nicht wollte und nie gewollt hatte. Er hatte beruflich mittlerweile alles erreicht, was er sich jemals erträumt hatte. Sie selbs t hatte e ine solche Befriedigung empfunden, als sie Joe geheiratet hatte. Und nur
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einer von beiden würde seinen Traum weiter leben können … »Es gibt keine andere Frau, Kate. Aber uns g ibt es auch nicht mehr. Du hast Recht gehabt. Ich bin dauernd unterwegs, und die Wahrheit ist, dass ich es hier bei dir nicht aushalte. Du kan nst meine Lebensweise nicht ertragen.« Joe wollte ab je tzt so leben, wie er es sich immer vorgestellt ha tte. Er wollte arb eiten und sich nicht um eine Fam ilie kümmern müssen. Und außerdem wollte und konnte er keine intensiven Gefühle zulassen. Das war einfach zu riskant für ihn.
»Geht es wirklich darum? W enn ich dich begleiten würde, würdest du dann weiter an unserer Ehe festhalten?« Kate dachte bereits an die Möglichkeit, das So rgerecht für die Kinder mit Andy zu teilen. Sie war bereit, alles zu geben. Sie wäre sogar bereit gewesen, von Zeit zu Zeit auf die Kinder zu verzichten, wenn sie nur Joe nicht verlor!
Doch Joe schüttelte langsam den Kopf. Er wollte ehrlich sein. Das immerhin war er Kate schuldig. »Darum geht es nicht, Kate. Es geht um m ich, darum, wie ich bin. Deine Mutter hatte Recht. Und ich habe es letztlich auch immer gewusst. Die Flugzeuge kommen bei mir an erster Stelle. Elizabe th hat mich immer gehasst oder mir zumindest misstraut. Wahrscheinlich weil sie genau wusste, wie ich in Wirklichkeit bin. Ich habe das alles verdrängt. Aber ich bin nicht der Mann, den du brauchst, Kate. Und du bist noch jung genug, um e inen anderen zu finden. Ich kann einfach nicht mehr.«
»Ist das dein Ernst? Einfach so? Ich soll ausgehen und einen anderen finden? Ich liebe dich, Joe. Seit ich siebzehn bin, liebe ich dich. Davor kannst du doch nicht einfach weglaufen.« Kate begann zu weinen.
Joe blieb reserviert. Eine tröstende Umarmung hätte alles nur noch schlimmer gemacht. »Manchmal geht man eben einfach davon, Kate. Manchmal muss man genau hinsehen und sich fragen, wer man eigentlich ist, was man will und was nicht. Ich
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kann dir nun einmal nicht das bieten, was du verlangst, und ich bin es leid, mich deswegen schuldig zu fühlen.« Joe war sicher, dass er nie wieder heiraten würde. Die Hochzeit war ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Kate war so voller Liebe und Großzügigkeit. Andererseits erwartete sie auch viel, zu viel, als dass er es hätte erfüllen können. Er wollte nichts weiter als Flugzeuge bauen und natürlich fliegen. Es klang kindisch und unglaublich egoistisch, wenn er es laut aussprach, doch es war die Wahrheit.
»Es stört mich nicht mehr, wenn du so viel unterwegs bist«, sagte Kate hastig. »Ich habe schließlich genug mit den Kindern zu tun. Joe, du kannst uns doch nicht einfach so wegwerfen. Ich liebe dich … die Kinder lieben dich … es ist mir egal, wie oft wir uns sehen. Ich will dich nur nicht verlieren.«
Doch Joe konnte von sich nicht dasselbe behaupten. Er wollte vor allem seine Freih eit. Die Freiheit, weiterhin an seinem Unternehmen zu arbeiten und
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