... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Wort. „Was wollt ihr trinken? Du?“
Damit meinte er wohl Suse, wie diese aufgrund seines auf sie gerichteten Kinns vermutete. Er hatte sich nicht einmal ihren Namen gemerkt, obwohl Máirtín ihn ganz sicher erwähnt hatte. Sie seufzte innerlich. Wozu sollte er auch?
„Danke. Ich bin nicht durstig.“
„Man muss keinen Durst haben, wenn man in einen Pub geht. Also, was?“
„Lass sie, Gearóid. Du hast es gehört, sie will nichts.“
„ Shut up , Liam!“, belferte er, den Blick nach wie vor fest auf Suse gerichtet. „Und du willst ganz bestimmt nichts trinken?“
„Nein, wirklich. Danke.“
„Warum? Willst du nicht mit uns trinken oder trinkst du prinzipiell nicht?“
Obwohl er wieder ganz ruhig sprach, spürte Suse seine unterschwellige Wut. Schnippisch hob sie die Nase und zwang ein – wie sie hoffte – reizendes Lächeln auf ihre Lippen.
„Ich bin es nicht gewohnt , um Entschuldigung bitten oder Erklärungen abgeben zu müssen, wenn ich etwas nicht möchte“, konterte sie. „Ich treffe meine Entscheidungen schon eine ganze Weile allein.“
Gearóid riss die Hände in die Höhe und entfernte sich mit übertriebener Vorsicht rückwärts in Richtung Tresen. „Schon gut, schon gut. Eine kleine Emanze, was? Ich wollte dir um Gottes Willen nicht zu nahe treten. Kein Problem. Alles klar.“
„Manchmal führt er sich auf wie ein Idiot“, seufzte Máirtín. „Aber was soll ich machen? Er ist nun mal mein großer Bruder.“
„Nicht so schlimm.“ Sie warf einen flüchtigen Blick zu Gearóid, der sich am Tresen in eine lautstarke Unterhaltung mit einem Gast verstrickt hatte.
„W arum erzählt ihr mir nicht noch etwas von der gälischen Sprache, bis ihr euer Bier bekommt? Ich frage mich beispielsweise schon die ganze Zeit, weshalb außerhalb der Gaeltacht kaum noch jemand Irisch spricht.“
„ Bereits im fünfzehnten Jahrhundert hatte unter dem Königshaus der Tudors eine rigorose Unterdrückung der gälischen Kultur begonnen. Bis dahin hatten die gebildeten Schichten der Iren eine einheitliche, gälische Schriftsprache kultiviert, über deren strenge Regeln sogar ein besonderer Berufsstand wachte. Doch der irische Adel wurde vertrieben und damit verkam das Gälische zu einer reinen Volkssprache. Als die Schulpflicht 1831 eingeführt wurde, erfolgte der Unterricht ausschließlich auf Englisch.“
„Und mit der Auswanderungswelle Mitte des neunzehnten Jahrhunderts verringerte sich die Zahl der Irischsprachigen weiter. Außerdem war Englisch die Sprache der Verwaltung, der Politik und vor allem der potentiellen Ziele der Auswanderer, nämlich Großbritannien, Nordamerika und Australien. Somit verlor das Gälische seine Bedeutung als Mehrheitssprache.“
„ Und wurde stattdessen zum Symbol der unwissenden Landbevölkerung“, mischte sich Gearóid in das Gespräch und knallte die Gläser auf den Tisch. „Also begannen die Menschen, ihre gälischen Wurzeln, ihre Sprache und Kultur zu verleugnen, womit diese unwiederbringlich dem Untergang geweiht war. Kein Wunder, dass zwangsläufig die Sprache auf Schafe kommt, wenn es um uns Iren geht.“
„ Im Theater hörte sich das alles sehr lebendig …“
„Theater!“ Mit einer unwirschen Handbewegung schnitt ihr Gearóid das Wort ab. „Du sagst es! Was wir da auf der Bühne zeigen, ist nicht mehr als bloße Makulatur. Viele der Sänger verstehen nicht mal ansatzweise, was sie da vortragen. Verdammtes Theater! Und alles nur wegen einer Frau! Achthundert Jahre Unterdrückung und Ausbeutung eines Weibes wegen. Kennst du dich mit der Geschichte Irlands aus?“
Suse zuckte als Entschuldigung mit der Schulter.
„Dachte ich mir. Im Jahr 1152 war Tiernan O’Rourke König von Brefni und Diarmuid MacMurrough König von Leinster. Diarmuid brannte mit Tiernans Frau durch, die schon vor ihrer Eheschließung Diarmuids Geliebte gewesen sein soll. O’Rourke konnte das natürlich nicht hinnehmen und obwohl er seine Frau bereits ein Jahr später wieder zurück erhielt, hatte sein Ansehen doch erheblichen Schaden gelitten. Also zog er mit seinen Männern in die Schlacht gegen Diarmuid, der als König abgesetzt wurde und 1166 einen kleinen Abstecher nach England machte, um Heinrich II. zu bitten, ihm mit seiner Reiterei auszuhelfen. Heinrich wollte nicht so recht, bis Diarmuid ihn davon überzeugen konnte, dass die Franzosen oder Spanier in Irland landen würden, um durch diese Hintertür in England einzufallen. Daraufhin schickte Heinrich den Earl of
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