... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
dich beruhigt, das kann nicht Máirtín sein, weil er gestern nach Hause gefahren ist. Er wohnt in Cavan. Ist ’ne ganze Ecke von hier entfernt, wenn ich nicht irre.“
„Was hattest du in Tralee zu suchen?“
„Du wirst es vermutlich kaum glauben, aber ausnahmsweise mal gar nichts. Wir waren gemeinsam im Theater. Sein Bruder tanzt dort. Er ist der absolute Liebling des Publikums, ein richtiger Star. Einfach Spitze.“
„Wieso interessierst du dich so für ihn?“
Tat sie das? Hatte sie nicht sogar mitunter den Eindruck gehabt, Máirtín würde sich für sie interessieren?
„Mein Interesse an ihm beschränkt sich … Ich interessiere mich nicht für ihn! Wir haben uns zufällig getroffen. Und warum hätte ich seine Einladung ablehnen sollen? Die beiden sind nett und …“
Und überha upt ging ihn das nichts an!
„Im Übrigen finde ich es nicht gerecht von dir, Ean mit diesen Drecksarbeiten einzudecken, sodass wir bisher noch nicht mal Gelegenheit zum Angeln hatten.“
„Habe ich dir nicht genug Beweise dafür geliefert, dass das Leben selten fair ist?“
„Besonders dann nicht, wenn man ein adliger Engländer ist!“
„Verdammt noch mal, jetzt fang nicht wieder mit diesem Blödsinn an! Ich bin kein …“ Natürlich war er von Adel und zumindest zur Hälfte ein verfluchter Sasanach ! „… kein anderer als der, den du damals in Rostock kennengelernt hast!“
„Und du denkst, der unterschied sich von dem, der du hier bist? Damals warst du Kapitän“, erinnerte sie ihn bissig, „und der führte sich auf wie ein Feldmarschall. Oder ein Sklavenhalter.“
Sie wandte sich von ihm ab, um nicht Zeuge seines inneren Kampfes werden zu müssen. Natürlich war ihr längst klar, dass er – egal, ob als Kapitän oder Landlord – zwar streng, dennoch stets gerecht und zum Wohl seiner Leute handelte. Aber es kostete sie immer wieder Überwindung, das zuzugeben.
Mit gerunzelter Stirn suchte sie den Horizont ab. Riesige Wolkenformationen türmten sich wie eine undurchdringliche Wand dort auf, wo sie eigentlich das Meer zu entdecken gehofft hatte. Nicht mehr lange und es würde zu regnen anfangen. Warum hatte sie ihn unbedingt zu diesem Ausflug drängen müssen? Ausgerechnet heute?
Sie rutschte unruhig in ihrem Sitz hin und her. „Warum hältst du eigentlich nicht mal zur Abwechslung an?“
„Wieso? Hier gibt es nichts Sehenswertes.“
Trotzdem hielt er Ausschau nach einer Parkbucht. Mit Erleichterung hatte er registriert, dass ihr Verfolger nicht mehr hinter ihnen war. Vermutlich hatte er sich alles bloß eingebildet. Zu viel Alkohol, zu wenig Schlaf, die ständige, an den Nerven zerrende Anspannung, sobald Suse in seiner Nähe auftauchte.
„ Im Reiseführer steht, man könnte von hier aus Skellig Michael mit diesen Mönchszellen, die die Form von Bienenkörben haben, erkennen.“ Sie reckte den Hals. „Irgendwo. Da drüben. Oder?“
Matthias brabbelte unwirsch vor sich hin.
„Vielleicht möchte ich ganz einfach diese Traumlandschaft bewundern. Wie heißt sie gleich noch mal?“
„Wir fahren auf dem Ring of Kerry rund um die Halbinsel Iveragh. Von den fünf Halbinseln, die wie lange Finger von Irlands Südwesten aus in den Atlantik reichen, ist sie die größte, höchste und am dichtesten mit Schafen besiedelte. Und ich habe dir bereits angeboten, in Portmagee ins Museum zu gehen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass du dich für Mönche interessierst. Von mir aus können wir auch auf die Insel übersetzen.“ Er grinste gehässig. „Heute würde es sich lohnen.“
„Willst wohl die Außenbordkameraden füttern? Oder vermisst du es, Schiffsplanken unter den Füßen zu spüren?“
Seine Zähne knirschten, bis sich Suse angewidert schüttelte. Mit einem strafenden Blick zur Seite rubbelte sie die Gänsehaut auf ihren Armen weg.
„Was ist los?“, knurrte er und starrte zurück. „Ist dir kalt?“
„Kalt? Wo denkst du hin? Bei diesem strahlenden Sonnen schein doch nicht“, stieß sie derart übertrieben ernsthaft hervor, dass es schon an eine Beleidigung grenzte.
„Willst du mir jetzt Vorwürfe wegen des schlechten Wetters machen? Heute Morgen sah es nach Sonne und Wärme aus.“
„Behaupte noch ein einziges Mal, du würdest dich mit irischem Wetter auskennen!“
„Nimm dir … Auf dem Rücksitz liegt meine Jacke.“
Ein Frösteln überlief in dieser Sekunde ebenfalls den Grafen. Seine Poren zogen sich zusammen, als würde sich sein Körper auf eine unmittelbare Gefahr
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