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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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ab, damit sie sein Gesicht nicht sehen konnte.
    Der Schmerz und die Furcht in seinen Augen hatten jäh ihre Angriffslust und Kampfbereitschaft gedämpft. Sie war sich sicher, dass es nur diese Erklärung für sein überspanntes Verhalten geben konnte. So unwahrscheinlich es klingen mochte – immerhin hatte sie in der Vergangenheit alle Räder in Bewegung gesetzt, um den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern –, es ließ sich nicht leugnen, dass er sich um sie sorgte! Für einen kurzen Moment hatte er seine Tarnung abgelegt und seine wahren Empfindungen waren zum Vorschein gekommen. Und das hatte ihn mindestens ebenso in Angst und Schrecken versetzt wie ihre Abwesenheit während der vergangenen Stunden.
    „Matt’n, man muss schon hochgradig schwachsinnig sein, wenn man sich hier verlaufen will, meinst du nicht? Was soll mir passieren? Ausgerechnet hier?“
    „Es kann alles Mögliche passieren. Dinge, mit denen niemand rechnet. Die bis dahin noch nie passiert sind. Und ich … Zwar war ich damals noch ein Kind, doch ich habe mich hier verlaufen!“
    „Äh. Du … na ja. Mmmh. Was soll ich jetzt dazu sagen?“, erwiderte sie mit vollendet starrer Spielermiene.
    Mit einem Ruck klappte ihr Oberkörper nach vorn und ihre Finger machten sich eifrig daran, ihre Schuhe aufzubinden und von den Füßen zu streifen. Dann strich sie mit Akribie ihre Hosenbeine glatt und wischte ihre Handflächen an den Oberschenkeln ab. Sie wollte Zeit gewinnen, um das alberne Grinsen auf ihrem Gesicht zu bezähmen.
    Matthias hörte ganz deutlich, wie sie gegen den Lachanfall ankämpfte und letztlich doch verlor. Beide Hände auf den Mund gepresst, feixte sie kollernd und glucksend, bis sie den Kopf zurückwarf und vor Lachen röhrte.
    „H-habe ich also richtig vermutet. Oh, Matt’n, das ist … das ist … ho-hochgradig schwach-sin-nig. Dieser Beitrag war absolute Spitzenklasse! Du … oh-Mann-eh!“
    „Tut mir leid, dass ich deine Belustigung nicht teilen kann. Wenn dir etwas zustoßen würde, Suse, ich … ich könnte es nicht ertragen.“
    Sie zuckte zurück, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst, und blinzelte hektisch. Ihre Augen schwammen plötzlich in Tränen und erschreckt stellte sie fest, dass es keine Lachtränen waren. Sie mühte sich redlich , Matthias ihre gefühlvolle Reaktion auf seine noch viel gefühlvolleren Worte nicht sehen zu lassen. Da war etwas in seiner Stimme, das ihr Herz berührte. Es war die Art, wie sich seine Lippen schon einen Moment, bevor er zu sprechen begann, bewegten, gerade so als würde er verzweifelt nach den richtigen Worten suchen.
    Überraschung! Ausgerechnet ihm hatte es die Sprache verschlagen, dem großen Rhetoriker Matthias Emanuel Clausing! Das kam einem Ausnahmezustand gleich. Alarmstufe Rot!
    Aber dann flüsterte er mit brüchiger Stimme: „Ich will niemanden mehr verlieren, der mir nahesteht. Nicht noch jemanden, verstehst du? Nie wieder will ich das durchmachen müssen.“
    Da wusste sie, dass es ihm gar nicht um sie ging. Guten Morgen, dumme Trine! Wirst du denn nie schlau? Es ging dem feinen Herrn ganz allein um sich selbst und um seine Schuldgefühle, die ihn seit dem Tod seiner Mutter plagten und mit Adrians Tod noch erdrückender geworden waren. Dieser Egoist hatte Angst davor, einsam auf der Welt zurückzubleiben und dann niemanden mehr zum Kommandieren und Schikanieren zu haben. Als hätte sie nicht schon immer geahnt, dass ihm die Gefühle anderer vollkommen egal waren! Und sie hätte fast eine Träne für ihn vergossen!
    Er wollte noch etwas sagen. Tausend Worte schossen ihm durch den Kopf, aber er war unfähig , sie zu einem vernünftigen Satz zu ordnen. Ohne sich dessen richtig bewusst zu sein, kam er einen Schritt auf sie zu, dann noch einen, bis er dicht vor ihr stehen blieb und murmelte: „Jage mir nie wieder solche Angst ein. Nie wieder, hörst du?“
    Der stolze Kapitän schluckte schwer an dem Kloß in seiner Kehle, als er ihre kleine Hand auf seinem Arm spürte.
    „Ich weiß, Matt’n, es war nicht in Ordnung, mich einfach so davonzuschleichen, ohne dir zu sagen, wohin ich gehe. Um ehrlich zu sein, ich wusste es selbst nicht, als ich das Haus verließ. Und dann habe ich einfach alles um mich herum vergessen. Es ist so ruhig und idyllisch da draußen. Ich glaube fast, die Zeit hat mir einen Streich gespielt, dermaßen schnell ist sie vergangen.“
    Aus! Halt endlich die Klappe! Das reicht an Entschuldigungen!
    „Hast du mal rausgeguckt? Der Musik dieser Nacht

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