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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Sir.«
    »Ich meine, die Phantasie versagt einem nicht.«
    »Nein, Sir.«
    Und das tat sie wirklich nicht. Ich sah alles genau vor mir. Man braucht einem Menschen von normaler Enthaltsamkeit nur eine reichlich bemessene Dosis verschiedener Alkoholika zu verabreichen, und schon wird er zum Macher. Er steht nicht mehr zappelig und fummelnd herum. Er handelt. Zweifellos hatte Gussie sich die Bassett geschnappt wie ein Rollkutscher, der einen Sack Kohle verlädt. Und man kann sich ja denken, wie so was bei einem romantisch veranlagten Mädchen wirkt.
    »Sieh mal einer an, Jeeves.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Das sind ja glänzende Neuigkeiten.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Da können Sie mal sehen, wie recht ich hatte.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Es war sicherlich lehrreich für Sie zu sehen, wie ich diesen Fall gelöst habe.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Die einfache, direkte Methode führt immer zum Erfolg.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Und nicht die komplizierte.«
    »Nein, Sir.«
    »Alsdann, Jeeves.«
    Wir hatten den Haupteingang der Höheren Schule von Market Snodsbury erreicht. Ich parkte das Auto und ging hinein, mit mir und der Welt zufrieden. Das Tuppy-Angela-Problem war zwar noch nicht gelöst, und Tante Dahlias fünfhundert Pfund lagen nach wie vor in unerreichbarer Ferne, aber es war zumindest schön zu wissen, daß Gussies Leiden ein Ende hatten.
    Soviel ich weiß, ist die Höhere Schule von Market Snodsbury so um das Jahr 1416 gebaut worden, und wie das oft bei solchen alten Gemäuern ist, schien über der Aula, wo die Festlichkeiten dieses Nachmittags stattfinden sollten, der Muff der Jahrhunderte zu lasten. Dies war der bisher heißeste Tag dieses Sommers, und obwohl man zaghaft ein oder zwei Fenster geöffnet hatte, behielt die Atmosphäre eine ganz eigene und unverkennbare Note.
    In dieser Aula hatten die höheren Schüler von Market Snodsbury seit Hunderten von Jahren täglich ihr Mittagessen eingenommen, und das Odeur davon hatte sich festgesetzt. Die Luft war gesättigt, wenn Sie wissen, was ich damit meine, vom Duft der Jugend Englands und gekochten Rindfleischs mit Karotten.
    Tante Dahlia saß mit einem Grüppchen der örtlichen Honoratioren in der zweiten Reihe, und als sie mich hereinkommen sah, winkte sie mir, ich solle mich zu ihr setzen, aber das ließ ich hübsch bleiben. Vielmehr zwängte ich mich auf einen der hinteren Stehplätze und lehnte mich gegen einen Mann, der seinem Aroma nach ein Kornhändler oder so was Ähnliches sein mußte. Bei solchen Gelegenheiten ist es nämlich von größter strategischer Wichtigkeit, sich so nahe wie möglich beim Ausgang zu postieren.
    Die Aula war mit bunten Fähnchen und Girlanden dekoriert, und außerdem wurde das Auge durch den Anblick einer gemischten Schar von Knaben, Eltern und so weiter erfreut, von denen erstere hauptsächlich aus messerscharfen Scheiteln und blütenweißen Kragen zu bestehen schienen, während letztere mehr zu schwarzem Satin tendierten, sofern sie weiblichen Geschlechts waren, beziehungsweise so aussahen, als ob ihre Anzüge zu eng wären, sofern es sich um Herren handelte. Kurz darauf wurde applaudiert – verhalten, wie Jeeves mich später aufklärte –, und ich sah, wie Gussie von einem bärtigen Menschen mit Talar zu einem Stuhl in der Mitte des Podiums bugsiert wurde.
    Bei seinem Anblick – ich gestehe es gern – ging es mir durch den Kopf, daß ich um ein Haar selber dort oben gesessen hätte, und mich durchlief ein Schauder. Das alles erinnerte mich nur allzu lebhaft an jenen Tag, als ich vor dieser Mädchenschule sprechen mußte.
    Natürlich könnte man, wenn man es objektiv betrachtet, einwenden, daß ein beinahe menschliches Publikum wie das hier anwesende hinsichtlich seiner Grausamkeit und Tücke gar nicht zu vergleichen ist mit einem Mob von kleinen Mädchen in Kniestrümpfen, und ich gebe zu, daß da etwas dran ist. Trotzdem war mir zumute, als ob ich einem zusähe, der sich in einem Faß die Niagarafälle hinunterspülen läßt, und bei dem bloßen Gedanken, was mir erspart geblieben war, wurde mir ganz blümerant und schwindlig.
    Als ich wieder klar sehen konnte, bemerkte ich, daß Gussie sich mittlerweile gesetzt hatte. Er hielt die Hände auf den Knien und hatte die Ellenbogen abgewinkelt wie ein Lastenträger in Ruhestellung, und an dem zähnebleckenden Grinsen, mit dem er vor sich hin starrte, war für jedermann klar zu erkennen, daß hier einer saß, der so voll des guten Trunkes war, daß es ihm fast zu den Ohren

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