Dann eben nicht, Jeeves
geschlagen, daß es mir so leicht keiner nachmacht.
Und während ich mir noch das Zifferblatt hielt und überlegte, was als nächstes zu tun sei, rumpelte es an der Tür, als hätte man draußen eine Tonne Kohlen abgeladen.
»Das könnte Mr. Fink-Nottle persönlich sein, Sir«, sagte Jeeves.
Sein Instinkt hatte ihn jedoch getrogen. Es war nicht Gussie, sondern Tuppy. Er kam herein und blieb asthmatisch schnaufend stehen. Man sah sofort, daß er sehr erregt war.
18
Ich sah ihn scharf an, und was ich da sah, gefiel mir gar nicht. Nicht, daß es mir je besonders gefallen hätte, denn dieser Kraft protz war von Mutter Natur mit weit mehr Kinn ausgestattet worden als unbedingt nötig, und sein Blick war so stechend und durchdringend, wie man das sonst nur bei Männern, die die Weltgeschicke lenken, und bei Verkehrspolizisten findet. Aber zu diesen Verstößen gegen mein ästhetisches Empfinden kam jetzt noch hinzu, daß dieser Glossop auf mich einen drohenden Eindruck machte, und ich verwünschte Jeeves’ übertriebenes Taktgefühl.
Ich meine, es ist ja schön und gut, daß er sich flugs zurückzieht wie ein Aal in den Schlamm, sobald sein Herr und Meister Besuch empfängt, aber es gibt Augenblicke – und der gegenwärtige schien mir einer von dieser Sorte zu sein, da wäre es taktvoller, in der Nähe zu bleiben und sich bereitzuhalten, falls es zu Handgreiflichkeiten kommt.
Jeeves war nämlich nicht mehr anwesend. Ich hatte ihn nicht gehen sehen, und ich hatte ihn nicht gehen hören, aber er war weg. So weit das Auge reichte, war niemand außer Tuppy zu entdecken. Und in Tuppys Verhalten lag, wie gesagt, etwas, das Anlaß zur Beunruhigung gab. Auf mich wirkte er wie jemand, der gekommen ist, um meine Massage von Angelas Fußgelenken erneut zur Diskussion zu stellen.
Seine einleitenden Worte machten mir jedoch schnell klar, daß ich mir unnötige Sorgen gemacht hatte. Sie waren ausgesprochen friedfertig, was mich sehr beruhigte.
»Bertie«, sagte er, »ich muß mich bei dir entschuldigen.«
Meine Erleichterung bei diesen Worten, die keinerlei Anspielung auf massierte Fußgelenke enthielten, war, wie gesagt, groß.
Ich glaube aber nicht, daß sie größer war als meine Überraschung. Monate waren schon vergangen seit jenem unerfreulichen Vorfall im Drohnen-Club, ohne daß er bisher Zeichen der Reue und Zerknirschung hätte erkennen lassen. Im Gegenteil: Aus zuverlässiger Quelle hatte ich erfahren, daß er die Geschichte oft und gerne bei Diners und anderen Anlässen erzählte und sich dabei jedesmal halb totlachte.
Ich wunderte mich daher, was ihn veranlaßt haben könnte, sich nach so langer Zeit so bußfertig zu zeigen. Offenbar hatte ihm sein Gewissen einen Schubs gegeben, aber warum?
Wie dem auch sei, jedenfalls war er hier.
»Mein lieber Junge«, sagte ich, ganz der Gentleman, »das ist doch nicht der Rede wert.«
»Wieso soll es nicht der Rede wert sein? Mir ist es die Rede wert.«
»Ich meine, wir sollten nicht mehr davon sprechen. Denken wir einfach nicht mehr daran. Wir alle vergessen uns manchmal und tun etwas, das uns hinterher leid tut. Du warst ja damals auch ein bißchen angesäuselt.«
»Wovon zum Kuckuck redest du eigentlich?«
Dieser Ton gefiel mir nicht. Etwas schroff für meinen Geschmack.
»Vielleicht irre ich mich«, sagte ich ein wenig kühl, »aber ich dachte, du wolltest dich für dein ruchloses Verhalten entschuldigen, als du vor einiger Zeit abends im Drohnen-Club die Ringe über dem Schwimmbecken losgemacht hast, so daß ich in voller Montur ins Wasser geklatscht bin.«
»Blödsinn! Dafür doch nicht.«
»Wofür denn sonst?«
»Für die Sache mit der Bassett.«
»Für welche Sache mit der Bassett?«
»Bertie«, sagte Tuppy, »als du mir gestern abend erzähltest, du wärst in Madeline Bassett verliebt, da habe ich so getan, als glaubte ich dir, aber das stimmte nicht. Mir schien das zu unglaubwürdig. Aber inzwischen habe ich Nachforschungen angestellt, und die Tatsachen stimmen mit dem überein, was du mir erzählt hast. Ich möchte mich jetzt dafür entschuldigen, daß ich dir mißtraut habe.«
»Nachforschungen?«
»Ich hab sie gefragt, ob du ihr einen Heiratsantrag gemacht hättest, und sie sagte ja.«
»Tuppy! Das hast du getan?«
»Ja.«
»Besitzt du denn gar keinen Anstand, kein Taktgefühl?«
»Nein.«
»So? Ja dann. Aber du solltest so was besitzen.«
»Zum Henker mit dem Taktgefühl. Ich wollte nur sichergehen, daß du es nicht warst, der mir Angela
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