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Dann gute Nacht Marie

Titel: Dann gute Nacht Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Becker
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Bauersfrau, sondern vielmehr um Leben oder Tod. Und diese Dramatik musste bereits im Namen des Gifts deutlich werden.
    »Besonders giftig sind vor allem Stoffe, die in Körperflüssigkeiten gut löslich sind. Bei oraler Aufnahme ist hier vor allem die Einwirkung des Speichels wichtig. Da der menschliche Körper viele Gifte abbauen kann, ist auch von Bedeutung, ob das Toxin akut, subakut oder chronisch aufgenommen wurde, wie auch die Umgebungstemperatur,
die auf die Stoffwechselvorgänge wirkt.« Musste man nun mehrere Semester Medizin studiert haben, um sich oder andere erfolgreich vergiften zu können? WEITER.
    Das Botulinumtoxin, das als »tödlichstes bekanntes Gift« bezeichnet wurde, ließ Marie wieder hoffen. Dass es aber in verdorbenen Fleisch- oder Fischkonserven oder in Käse vorkam, machte es auch gleich wieder unbrauchbar. Wer kam schon auf die Idee, sich mit einer stinkenden Fischdose eindrucksvoll das Leben nehmen zu wollen? Ein solcher Tod war nicht nur für den Lebensmüden selbst äußerst unerfreulich, sondern auch für die »Vita« denkbar ungeeignet. Ein solcher Tod wurde nicht geplant, er passierte … aber nicht Marie. WEITER.
    »Giftmixturen, wie sie bisweilen von Mördern oder Lebensmüden gemischt werden, sind oft giftiger als die einzelnen Stoffe zusammengenommen.« Na bravo! War eine geeignete Substanz schon so schwer zu finden, wie würde es erst mit mehreren sein. Nein, als »Cocktail-Shaker« wollte sich Marie in keinem Fall betätigen. Sie suchte weiter nach dem einen perfekt für ihre Zwecke geeigneten Stoff.
    »Blausäure tötet erst in Verbindung mit der Magensäure, weil sie inneres Ersticken auslöst. Das muss nicht schnell gehen, sondern kann bis zu dreißig Minuten dauern. Eine Erhöhung der Menge bewirkt keinen schnelleren Tod, sondern eine Verätzung der Magenschleimhaut.« Das klang ja nun auch nicht gerade erstrebenswert, fand Marie.
    So schwer konnte es doch nicht sein, ein Gift zu finden, das selten und teuer war, möglichst schnell wirkte und kaum äußerliche Spuren hinterließ! Marie gab einen

    Begriff nach dem anderen in die verschiedensten Suchmaschinen ein und erhielt immer wieder unbrauchbare Antworten. Dass ein Pferd sterben konnte, wenn es einhundert Gramm Liguster fraß, war wirklich wenig hilfreich. WEITER. Ebenso wie die juristische Definition, dass ein Gift dann als beigebracht galt, wenn eine Körper-Stoff-Beziehung hergestellt worden war. Danke für die Information. WEITER. Und dass manche Giftstoffe in geringer Konzentration sogar heilsam wirkten … auch das noch. WEITER.
    Zwischendurch fand sich Marie bei ihrer Suche nach giftigen Kräutern und deren Wirkung immer wieder auf den Homepages verschiedener Fantasy-Rollenspiele wieder. Die schienen offensichtlich häufig derartige Stoffe einzubauen, sodass sie nach etwa zwei Stunden mühevoller Internet-Recherche entnervt aufgab. Ihre Nachlasszensur würde sowieso noch einige Tage in Anspruch nehmen. Warum also sollte die Planung des Lebensendes unbedingt noch in dieser Nacht abgeschlossen werden? Trotzdem spürte Marie weiterhin eine leichte Unruhe, als sie in ihrem Badezimmer auf und ab ging und sich gründlich die Zähne putzte. Dass nun auch noch auf diesem Gebiet unerwartete Schwierigkeiten auf sie zukamen, machte sie nervös. Andererseits war sie nicht bereit, ihre Ansprüche schon zum jetzigen Zeitpunkt herunterzuschrauben. War sie in vier Wochen nach wie vor zu keinem Ergebnis gekommen, so konnte sie sich immer noch einfallslos von einer Brücke stürzen oder vor einen Zug werfen.
    Kasimir ahnte nichts von diesen makabren Gedanken, als er sich auf dem Sessel zusammenrollte. Er vertraute offensichtlich darauf, von seinem Frauchen nicht im
Stich gelassen zu werden. Und das hatte Marie auch nicht vor. Sie ging auch heute wieder mit einem neu aufgestockten Zeit-Budget und einer weiteren beruhigenden Erkenntnis sehr spät, aber weitgehend zufrieden in ihr Bett. ZWISCHENABLAGE. SIE KÖNNEN DEN COMPUTER JETZT AUSSCHALTEN. ENTER.

5
    DOKUMENT5. Am nächsten Morgen erwachte Marie voller Tatendrang, noch bevor der Wecker geklingelt hatte. Trotzdem verspürte sie keinerlei Lust, das Bett schon zu verlassen und sich für die Arbeit fertig zu machen. VERSCHIEBEN. Diese morgendliche Befindlichkeit war bei Marie durchaus nichts Ungewöhnliches. Ihr fehlte beim Erwachen meistens der Antrieb, ins Büro zu gehen, um dort einen weiteren Tag unter diesem »Möchtegern-Big-Brother« zu verbringen. Doch sie hatte es bisher

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