Dann muss es Liebe sein
sie hinzu, und ich zucke innerlich zusammen bei dem Gedanken daran, was sie sagen wird, wenn sie herausfindet, dass ich gar nicht da war.
Im Personalraum setze ich mich mit Ginge aufs Sofa und prüfe meine Nachrichten. Alex hat mir eine SMS geschickt.
Hoffe, es war okay. Sehen uns später. Kuss, Alex
Ich schreibe zurück.
Fühle mich schrecklich – habe es verpasst. Kuss, Maz
Kurz darauf kommt Alex’ Antwort.
Bin sicher, du hattest einen guten Grund. Em wird es verstehen. Kuss, Alex
Ginge drückt durch das Kleid hindurch die Krallen in meine Beine, und ich setze ihn auf den Boden. Er meint es nicht böse – er schnurrt dabei zufrieden vor sich hin. Ich gehe nach oben, um mich umzuziehen, ehe ich mich wieder an die Arbeit mache, bis Alex um halb acht vorbeikommt.
»Ich habe dir Marmite-Nachschub besorgt«, sagt er lächelnd und küsst mich. »Mir sind neulich die Gläser auf dem Fensterbrett aufgefallen. Soll ich dir einen Toast machen, oder darf ich dich zum Essen einladen? Wir könnten den neuen Inder ausprobieren.«
»Den kurz vor Talysands?«
»Er soll sehr gut sein, habe ich gehört.«
»Ich weiß nicht«, antworte ich zögernd. »Ich bin ziemlich müde …«
»Wir könnten um zehn wieder zurück sein.« Alex legt die Hände auf meine Schultern. »Du siehst ja völlig erledigt aus. Lass dir ein Bad ein und entspann dich in der Wanne, und ich hole uns in der Zwischenzeit etwas vom Inder. Was hältst du davon?«
»Aus Talysands? Das ist doch kalt, bis du wieder hier bist.«
»Ich schiebe es kurz in den Ofen, wenn ich zurückkomme.«
»Danke, Schatz«, sage ich, strecke mich und küsse ihn zärtlich auf die Wange.
Ich bin ihm dankbar für das Angebot. Ich würde es nicht verkraften, heute noch einmal die Wohnung zu verlassen.
Ich liege immer noch in der Wanne, als Alex zurückkommt. Die Teelichter, die ich angezündet habe, sind ausgegangen, und der Schaum ist weg, aber ich komme erst aus dem Wasser, als Alex sich auf den Wannenrand setzt, lachend meinen Protest ignoriert und den Stöpsel herauszieht.
»Es ist eiskalt«, jammere ich, doch statt einer Antwort wirft er mir lediglich ein Handtuch zu.
»Also, wie war dein Tag?«, fragt er, als wir endlich auf dem Sofa sitzen und Korma und Reis direkt aus der Schale essen. »Warum konntest du nicht zur Beerdigung?«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich weiß auch nicht, was über mich gekommen ist. Ich war schon vor der Kirche, aber ich konnte …« Ich stocke und schlucke. »Ich konnte es einfach nicht, Alex. Ich bin wieder weggefahren.« Ich stelle mein Essen auf die Armlehne des Sofas, ich bekomme keinen Bissen mehr herunter.
»Warum denn?« Alex runzelt die Stirn. »Was ist bloß in dich gefahren? Emma ist deine beste Freundin. Seit Jahren schon.«
»Ich weiß es nicht.« Ich spüre Alex’ Missbilligung, vergrabe mein Gesicht in den Händen und fange an zu weinen. »Ich habe es einfach nicht über mich gebracht.«
»Ich fasse es nicht, dass du so egoistisch bist. Dass dir deine eigenen Gefühle wichtiger sind als die von Emma.«
»Wie kannst du es wagen, mich egoistisch zu nennen?«, fahre ich ihn an, doch er beachtet mich gar nicht.
»Du hast mir selbst erzählt, dass Emma dich immer unterstützt hat, egal, was passiert ist. Manchmal verstehe ich dich einfach nicht, Maz.« Alex’ Tonfall wird ein bisschen sanfter. »Um ehrlich zu sein, ich verstehe dich ziemlich oft nicht …«
Ich spüre, wie ich zusammenschrumpfe, wie ich in seinem Ansehen weiter sinke. Ich habe immer geglaubt, auf einer Skala von eins bis zehn sei ich mindestens eine Neuneinhalb, aber mittlerweile bin ich allerhöchstens noch eine Zwei.
»Wahrscheinlich stehst du im Moment ziemlich unter Druck«, vermutet er.
»Nichts, womit ich nicht klarkäme«, erwidere ich hastig, denn schon die Andeutung, ich könnte überfordert sein, kränkt meinen Stolz.
»Du übernimmst dich – die Verantwortung für die Praxis, die Schwangerschaft. Das ist zu viel für dich.«
»Erzähl mir nicht, was zu viel für mich ist und was nicht, Alex.« Wütend stehe ich auf. Wie kommt er dazu anzunehmen, er wüsste, was ich denke und wie ich mich fühle. Ich starre ihn an, und er schaut zurück. Sein Blick ist voller Mitgefühl, was mich nur noch wütender macht.
»Du erkennst es vielleicht nicht, aber ich sehe es«, sagt er langsam. Er steht ebenfalls auf, kommt auf mich zu, nimmt mich zärtlich in die Arme und versucht, mich an sich zu ziehen. Doch ich halte ihn auf Abstand. Mein Körper
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